Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls
auf.
Der Käpt’n hatte Kedmund Drave überredet, die Begleitjäger der Ketty Jay mitzunehmen. Sie seien unschätzbar wertvolle Piloten, hatte er erklärt, und sie würden im Kampf jede Maschine brauchen. Harkins und Pinn seien nutzlos, wenn sie an Bord der Ketty Jay hockten. Da ihre Jäger keine Marine-Kennzeichen besäßen, könnten sie Chaos unter den Piraten stiften, die sie nicht von ihren Verbündeten unterscheiden könnten.
Harkins hatte darauf hingewiesen, dass das auch umgekehrt galt, aber Frey hatte ihm versichert, die Marine wisse schon, wer sie seien und wie sie aussähen. Harkins war sich da nicht so sicher. Er sah es direkt vor sich, wie ihm eine Marine-Fregatte in der Hitze des Gefechts eine Granate ins Abgasrohr jagte.
Die Flottille war dicht gedrängt, eine sich vorsichtig vorantastende Kolonne hinter der Ketty Jay. Harkins steckte mittendrin, Pinn war irgendwo in der Nähe. Der Nebel begann merklich dünner zu werden. Er konnte die Einzelheiten der nächsten Fregatten erkennen, ihre Geschütztürme und gepanzerten Kiele.
Er betastete seinen silbernen Ohrclip. Einen Dämon am
Ohr zu tragen, verstärkte seine Nervosität nur noch, aber Crake hatte die Clips angeboten, und Frey hatte darauf bestanden.
»Jemand da draußen?«, fragte er. »Hier ist … äh … hier ist Harkins. Möchte nur wissen, ob jemand da draußen ist. Sagt was, wenn ihr mich hört.«
»Schnauze, Harkins«, ertönte Pinns Stimme in seinem Ohr, und er fuhr zusammen. »Crake hat gesagt, wir sollten die Dinger nur im Notfall benutzen. Die lutschen dich aus, wenn du anfängst zu quasseln.«
»Oh. Ich wollte sie nur mal testen, das ist alles. Glaubst du, der Käpt’n kann uns hören?«
»Er ist zu weit vorn. Die haben nur eine geringe Reichweite. Und jetzt halt die Klappe.«
Harkins schloss den Mund. Sein Ohr kribbelte, wo der Clip die Haut berührte. Er verstand eigentlich nichts von dieser ganzen Dämonismus-Geschichte, aber es beruhigte ihn ein wenig, eine vertraute Stimme zu hören.
Während die Sicht besser wurde und sie unter den Nebel in klare Luft tauchten, begann sich die Flotte vor ihm aufzulösen und auszubreiten. Harkins’ Herz schlug heftig gegen die dünnen Rippen, als die Schiffe um ihn herum beschleunigten. Unter ihnen, am Boden der Schlucht, verlief ein Fluss. Die letzte Phase der Reise. Bald war es so weit. Er hätte sich am liebsten zusammengerollt und versteckt.
Dann war die Schlucht schließlich zu Ende, und der Fluß stürzte an der senkrechten Wand der Doline hinab. Sie hatten Retribution Falls erreicht.
Es lag da, wie die Ketty Jay es verlassen hatte, eine schäbige Ansammlung durch Gerüste abgestützter Plattformen und baufälliger Gebäude, erfüllt von der stinkenden Sumpfluft. Die riesige, viele Kloms durchmessende Doline war von
metallisch glänzenden Schlickschlieren durchzogen. Wo die Erde das Wasser durchbrach, wuchsen verrottende Behausungen wie Schorf.
Aber Harkins’ Blick galt nicht der Stadt. Er schaute auf die Schiffe und Flugzeuge. Hunderte von Schiffen und Flugzeugen.
Die Flotte war während ihrer Abwesenheit noch gewachsen. Die Landeplätze waren bis zum Bersten mit Jägern und schweren Kampfschiffen gefüllt. Ramponierte Fregatten schwebten vor Anker; Trauben von Karavellen und Korvetten hingen gedankenverloren über der Stadt; Fähren und kleine Privatmaschinen brummten durch die Luft.
Es mussten mindestens dreihundert sein. Harkins spürte, wie sich sein Magen zusammenkrampfte; ihm wurde übel. Auf einmal war er froh, dass er an diesem Morgen nichts gegessen hatte.
Als er aus der Schlucht hervorkam, stieg bereits ein Schwarm von Jägern empor, um sich ihnen eilends entgegenzustellen. Sie waren vom Anblick des ersten Marineschiffes an der Spitze des Konvois alarmiert worden. Wie es schien, hatte Retribution Falls eine stehende Verteidigungsstreitmacht, die kurzfristig einsatzbereit war. Doch abgesehen von diesen wenigen Jägern war die Piratenarmee vollständig überrascht worden.
Die Geschütze der Marine-Fregatten krachten in einer ohrenbetäubenden Abfolge von Schüssen, und Harkins schrie in seinem Cockpit auf. Ihre Eröffnungssalve riss eine flammende Narbe in die weitläufige Stadt.
Ihr primäres Ziel war jener Landeplatz, auf dem sich die größte Zahl kleinerer Luftfahrzeuge zusammendrängte. Er wurde in einem feurigen Inferno ausgelöscht. Die anderen provisorischeren Landeplätze, die auf dem Sumpf schwammen,
wurden ebenfalls getroffen. Sofern sie der
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