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Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Titel: Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Wooding
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stumpfer Nase und rundem Bauch, und sie besaß Stummelflügel und ein Leitwerk, das einer riesigen Finne glich. Düsentriebwerke schoben sie durch die Luft; riesige Tanks mit Aerium-Gas gaben ihr den erforderlichen Auftrieb. Aufkleber an ihren Flanken zeigten ihren Namen über einem Spielkartenfächer. Sie war ein schweres, nüchternes Schiff, massiv und ohne besondere Ausstattung. Nichts an ihr verriet den Wert der Fracht in ihrem Innern.
    Neben ihr brummten vier Swordwings dahin, die im Vergleich zu ihr zwergenhaft wirkten. Frey erkannte sie an den charakteristischen kegelförmigen, nach unten gebogenen Nasen und der aerodynamischen Form. Sie waren schnelle Jäger. Von der Bauart her nichts Außergewöhnliches, aber in den Händen eines guten Piloten konnten sie tödlich sein.
    »Das ist nicht gerade eine minimale Eskorte«, murmelte Crake.
    Frey gab einen geistesabwesenden, zustimmenden Laut von sich. Das Aussehen dieser Swordwings gefiel ihm nicht. Er hatte mit zweien gerechnet, nicht mit vieren.
    »Ich warte nur auf Ihren Befehl«, sagte Jez. Ihre Fingerspitze schwebte über der Druckfläche des Elektroheliografen-Schalters.
    Frey starrte zu dem Frachter hinauf. Es war noch nicht zu spät, auf die Stimme zu hören, die ihm riet, die Finger von der Sache zu lassen. Die Stimme, die ihm geraten hatte, die Karten niederzulegen, wenn er wusste, dass er mit seinem Blatt nicht gewinnen konnte. Die Stimme der Vorsicht.
    Du könntest einfach so weitermachen wie bisher, dachte er. Ist doch kein schlechtes Leben, oder? Du hast dein eigenes Schiff.
Du musst niemandem Rede und Antwort stehen. Die ganze Welt steht dir offen. Was ist daran so schlecht?
    Schlecht daran war, dass er keine fünfzigtausend Dukaten besaß. Vorher war ihm das eigentlich egal gewesen, aber nun war es auf einmal ein unerträglicher Mangel geworden.
    »Käpt’n?«, hakte Jez nach. »Die Zeit drängt.«
    Frey hatte eine Stelle knapp unterhalb der Nebelschicht und im Schatten eines Gipfels ausgesucht, von der aus sie einen guten Blick auf den Pass über ihnen hatten. Doch wenn er die Ace of Skulls sehen konnte, sah sie ihn vielleicht auch, und ohne das Überraschungselement hätten sie keine Chance.
    Du weißt, das ist zu schön, um wahr zu sein, Frey. Solche Sachen passieren Leuten wie dir einfach nicht. Ehrgeiz kann tödlich sein.
    »Käpt’n?«
    »Jetzt«, sagte Frey.
     
    Pinn wischte sich die laufende Nase mit dem Handrücken ab und starrte auf den grauen, massigen Rumpf der Ketty Jay.
    »Nun macht schon! Warum dauert das denn so lange?«, rief er. Das Bedürfnis, dort hinaufzujagen und auf etwas zu schießen, war wie ein körperlicher Sog. Seine Stiefel tippten gegen das komplizierte Sortiment von Pedalen; seine behandschuhten Finger beugten und streckten sich am Steuerknüppel. Dies waren die Momente, für die er lebte. Hier war die Action. Und wie Pinn unermüdlich jedermann erzählte, ging es für ihn ausschließlich um die Action.
    Der Zweite Aerium-Krieg war nur Tage, bevor er die Chance gehabt hatte, sich zu verpflichten, im Sande verlaufen. Diese elenden Sammies hatten ihn abgeblasen, als er gerade einsteigen und seine Geschütze mit Blut ölen wollte. Es
war, als hätten sie ihn persönlich ärgern wollen. Als hätten sie Angst davor gehabt, was passieren würde, wenn Pinn sich ins Getümmel stürzte.
    Nun, wenn die Sammies zu viel Schiss hatten, sich ihm in der Luft zu stellen, dann würde er eben jede Chance nutzen, es am Rest der Welt auszulassen. Das war nur sein gutes Recht, fand er, nachdem er einmal betrogen worden war. Ein Mann verdiente die Gelegenheit, sich zu beweisen.
    Er nahm die kleine, gerahmte Ferrotypie von Lisinda, seiner Liebsten, in die Hand, die an einer Kette von seiner Instrumententafel hing. Das Schwarz-weiß-Porträt wurde ihr nicht gerecht. In seiner Erinnerung waren ihre langen Haare blonder, ihre unschuldigen, sanftmütigen Augen schöner.
    Es war kurz vor seiner Abreise aufgenommen worden. Er fragte sich, was sie jetzt gerade machte. Vielleicht saß sie lesend an einem Fenster und wartete geduldig auf seine Rückkehr. Ob sie wohl spürte, dass er an sie dachte? Drehte sie ihr hübsches Gesicht zum Himmel, in der Hoffnung, die Wolken aufbrechen, die Sonne hindurchscheinen und seine Flügel aufschimmern zu sehen, wenn er triumphierend herabstieß und zur Landung ansetzte? Er sah sich aus der Skylance steigen, während Lisinda glückstrahlend auf ihn zulief. Er würde sie in die Arme schließen und

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