Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Titel: Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Wooding
Vom Netzwerk:
abgeschrieben und sich einen anderen geangelt.
    In Crakes Augen besaß Pinn keine Ehre. Er legte sich zu
den Huren, beklagte dann am Morgen danach seine männliche Schwäche und schwor Lisinda Treue. In der folgenden Nacht betrank er sich und tat es erneut. Wie er einerseits glauben konnte, sie zu lieben, während er sie andererseits fortwährend betrog, war verblüffend. Crake betrachtete ihn als eine Lebensform, die irgendwo unter einem Gartenmaulwurf und knapp über einem Schalentier rangierte.
    Die anderen konnte er nicht so leicht abtun. Harkins war ein einfacher Mann, aber er wusste es wenigstens. Er litt nicht unter demselben erschütternden Mangel an Selbsterkenntnis wie Pinn. Malvery besaß einen scharfen Verstand, wenn er sich entschied, ihn zu benutzen, und war obendrein ein gutherziger Kerl. Jez war zwar kein Ausbund an Kultiviertheit, besaß aber eine schnelle Auffassungsgabe und kannte sich auf ihrem Gebiet besser aus als jeder andere an Bord, möglicherweise mit Ausnahme ihres mysteriösen murthianischen Ingenieurs. Selbst Frey war intelligent, obwohl es ihm eindeutig an Bildung fehlte.
    Wie konnten diese Leute dann so in den Tag hineinleben? Wie konnten sie mit solch beneidenswerter Leichtigkeit die Vergangenheit ad acta legen und die Zukunft ignorieren?
    Oder lag es nur daran, dass die Vergangenheit zu schmerzhaft und die Zukunft zu trostlos war, um darüber nachzudenken?
    Er leerte seinen Krug und stand auf. Mit dieser Frage würde er sich ein andermal beschäftigen.
    »Entschuldigt mich, Gentlemen«, sagte er. »Ich muss jemandem einen Besuch abstatten.«
    Seine Ankündigung wurde mit einem stürmischen Ho-ho begrüßt.
    »Eine Freundin, hm?«, erkundigte sich Malvery und stieß ihn anzüglich an, so dass er beinahe das Gleichgewicht verloren
hätte. »Wusste ich’s doch, dass Sie das nicht lange durchhalten würden! Jetzt kenne ich ihn schon drei Monate, und er hat noch nicht mal eine Frau angeschaut!«
    Es gelang Crake, ein starres Lächeln beizubehalten. »Ihr müsst zugeben, die Qualität der Damen, mit denen ich es bisher zu tun hatte, reißt einen nicht gerade vom Hocker.«
    »Habt ihr das gehört?«, johlte Pinn. »Er hält sich für zu gut für unsereins! Oder vielleicht sind Frauen auch einfach nicht nach seinem Geschmack«, schloss er mit süffisantem Grinsen.
    Crake ließ sich nicht auf diese Ebene herab. »Ich komme später zurück«, sagte er steif und ging.
    »Wir werden hier sein!«, rief Frey ihm nach.
    »Du Oberschwuchtel!«, setzte Pinn hinzu, begleitet vom rauen, brüllenden Gelächter seiner Kameraden.
    Crake bahnte sich mit brennenden Wangen seinen Weg aus der Schenke. Die kalte, klare Meeresluft beruhigte ihn. Er blieb vor dem Alten Einauge stehen und sammelte sich. Selbst nach mehreren Monaten an Bord der Ketty Jay war er es nicht gewohnt, dass man sich so primitiv über ihn lustig machte. Er brauchte eine Weile, bis er ruhig genug war, um der Crew zu vergeben. Aber nicht Pinn. Das war ein weiterer Minuspunkt für ihn. Schwuchtel, in der Tat. Dieser Schwachkopf wusste nicht, wie man eine Frau liebte.
    Er knöpfte seinen Mantel zu, zog Handschuhe an und machte sich auf den Weg.
    Bei Einbruch der Dunkelheit war Tarlock Grove ziemlich pittoresk, fand er. Jedenfalls ein bisschen zivilisierter als die heruntergekommenen Nester, an die er sich inzwischen gewöhnt hatte. Hinter der Stadt erhoben sich steil die Hookhollows, vor ihr lag das wilde Polarmeer, da gab es an jeder Ecke einen spektakulären Ausblick. Tarlock Grove war in
den Hang hineingebaut und breitete sich, verbunden von steilen Treppen und gewundenen Kieswegen, über die Arme aus, die die Bucht umschlossen. Abseits der beiden Hafenanlagen waren die schmalen Holzhäuser im Allgemeinen gut erhalten. Da Tarlock Cove auf dem Fischfang gründete, kamen sowohl Luft- als auch Meeresfahrzeuge hierher. Die Schiffe fischten mit Schleppnetzen in den flachen Gewässern und verkauften ihren Fang an die Crews der Luftschiffe, die den weiteren Vertrieb übernahmen.
    Tatsächlich waren sie deshalb hierhergekommen. Nachdem sie sich bei ihrer letzten Unternehmung die Finger verbrannt hatten, hatte Frey beschlossen, auf Nummer sicher zu gehen und etwas Sauberes und Legales zu tun, bei dem die Wahrscheinlichkeit, dass sie alle ums Leben kommen würden, gering war. Er hatte die Schatullen der Ketty Jay fast gänzlich geleert, um eine Ladung geräucherten Blutfisch zu erstehen, die er im Landesinneren mit Gewinn losschlagen wollte.

Weitere Kostenlose Bücher