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Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Titel: Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Wooding
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gut aussah. Sein Gesicht besaß jenes gewisse Etwas, das auf Frauen anziehend wirkte: eine Spur Gerissenheit, das Versprechen von Gefahr, eine Dunkelheit in seinem Grinsen – irgendetwas jedenfalls. Was genau, wusste er nicht, aber es hatte ihm ein lässiges Vertrauen in seine Jugend geschenkt, eine Aura der Selbstsicherheit, die Frauen nur noch stärker anzog.
    So ziemlich das einzige Glück, das ich je hatte, dachte er, weil ihm gerade danach war, verbittert zu sein.
    Selbst Männer konnten in seine Einflusssphäre geraten, angezogen von einem vagen Neid auf seinen Erfolg beim anderen Geschlecht. Es war Frey nie schwergefallen, neue Freunde zu finden. Charme, hatte er entdeckt, war die Kunst, so zu tun, als meinte man seine Worte ernst. Ob er einem Mann Komplimente machte oder eine Frau vollsülzte, Frey schien immer völlig aufrichtig zu sein. Aber er vergaß sie meist noch im selben Moment, in dem sie aus seinem Blickfeld verschwanden.
    Jetzt war er dreißig und hatte Falten um die Augen, wenn er lächelte. Er konnte nicht ewig Kapital aus seinem Aussehen schlagen, und was blieb noch übrig, wenn das nicht mehr ging? Was würde er tun, wenn sein Körper den Rum nicht mehr vertrug und die Frauen ihn nicht mehr wollten?
    Er stieß sich mit einem angewiderten Schnauben vom Waschbecken ab.
    Selbstmitleid steht dir nicht, Frey. Niemand mag Jammerlappen.

    Trotzdem, er musste zugeben, es war eine ziemlich schlechte Dekade gewesen, und auch sein drittes Lebensjahrzehnt hatte einen nicht sehr vielversprechenden Anfang genommen. Das Warten auf eine Glückssträhne hatte seine Geduld erschöpft, und der Versuch, sein Glück zu erzwingen, endete immer wieder in einer Katastrophe.
    Sieh’s mal von der positiven Seite, dachte er. Zumindest bist du frei.
    Ja, das stimmte. Kein Boss, für den er arbeiten musste, keine Koalitions-Marine, die ihm im Nacken saß. Keine Frau, die ihm Fesseln anlegte. Jedenfalls nicht im metaphorischen Sinn. Einige seiner Eroberungen waren in sexueller Hinsicht abenteuerlustiger gewesen als andere.
    Aber verdammt, diesmal . . . diesmal hatte er wirklich geglaubt, eine Chance zu haben. Die schiere Enttäuschung hatte ihn schwer erschüttert.
    Es hätte ja auch anders laufen können. Vielleicht, wenn du vor zehn Jahren einen anderen Weg eingeschlagen hättest. Vielleicht wärst du dann glücklich gewesen. Ganz sicher wärst du reich gewesen.
    Nein. Keine Reue. Er würde sein Leben nicht an Reue vergeuden.
    Die Kabine des Kapitäns war klein und eng, obwohl sie die größte auf dem Schiff war. Er hielt sie nicht besonders sauber. Die Metallwände waren von einer leichten Patina aus Schmutz überzogen, und der Fußboden war von Stiefelabdrücken verdreckt. Seine Koje nahm den größten Teil des verfügbaren Raumes ein; darüber hing ein Gepäcknetz, das zu reißen und ihn nachts zu begraben drohte. An der gegenüberliegenden Wand waren ein Schreibtisch, eine Kommode und Schränke angebracht; Haken an Schubladen und Türen verhinderten, dass sie sich während des Fluges öffneten.
In der Ecke waren sein Spiegel und das Waschbecken. Manchmal benutzte er das Waschbecken nachts als Klo, statt zwei Ebenen nach unten zu steigen und auf die Toilette im Bug zu gehen. Es hatte auch seine Vorteile, ein Mann zu sein.
    Er stand auf und öffnete eine Schublade. Darin lag ein Fläschchen mit einer klaren Flüssigkeit auf einem Durcheinander von Papieren und Notizbüchern. Er nahm sie und kehrte zur Koje zurück.
    Ach, was soll’s, dachte er traurig.
    Er schraubte den Verschluss ab, der auch als Pipette diente. Mit einem Druck auf den Gummiballon sog er ein wenig Flüssigkeit an, legte den Kopf in den Nacken und träufelte sich einen Tropfen in jedes Auge. Zwinkernd legte er sich auf den Rücken.
    Schläfrige Erleichterung hüllte seine Sinne ein. Die Schmerzen in seinen Gelenken verebbten und wichen einem warmen, wolkigen Gefühl, das seine Sorgen auslöschte und ihm die Stirn glättete. Seine Augen schlossen sich flatternd, und er driftete lange Zeit auf der Schwelle des Schlafes, ehe er sich ergab.
    In dieser Nacht träumte er von einer jungen Frau mit langem blondem Haar und einem so wunderschönen Lächeln, dass es sein Herz wie brennende Asche erglühen ließ. Doch als er am nächsten Morgen aufwachte, wusste er nichts mehr davon.

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