Pitch Black
aufhören.
Madison traf Shelly Mitthoeffer auf dem Bürgersteig vor der Videothek bei einer Zigarettenpause.
»Shelly?«, fragte sie, als sie sich ihr näherte.
»Ja?« Shellys Stimme war rau und krächzend. Sie konnte nicht viel älter als neunzehn sein, doch offensichtlich war der Zigarettenrauch schon lange ihr ständiger Begleiter.
»Ich bin Madison Wade. Ich arbeite an einem Artikel über Ana…«
»Ich habe die Zeitung gelesen.« Sie verlagerte das Gewicht von einem bleistiftdünnen Bein auf das andere.
»Ich habe mich gefragt, ob es da was gibt, was Sie mir mitteilen möchten.«
Shelly lachte, aber es klang mehr wie ein heiseres Bellen. »Ist das Ihr Ernst?« Sie spannte ihren dünnen Arm an. »Ich sehe ja auch wirklich aus, als würde ich dopen.«
Madison spielte mit und kicherte ein wenig. »Ich habe da eher an Ihren ehemaligen Freund gedacht, den, der jetzt im Knast sitzt.«
Shelly legte den einen Arm vor den Bauch, stützte sich mit dem Ellbogen des anderen darauf ab, hielt die Zigarette zur Seite und schnippte die Asche weg. »Was ist mit Jeffery?«
»Er ist im Knast, weil er Sie angegriffen hat.«
Sie drehte den Kopf, sodass Madison ihr zartes Profil sehen konnte. »Ja und? Das ist schon lange her.«
»Hat er Anabolika genommen?«
Shelly blickte durch das Schaufenster der Videothek. »Hören Sie, ich muss wieder an die Arbeit.« Sie drückte ihre Zigarette auf dem Fenstersims aus Ziegelstein aus.
»Ich will doch nur herausfinden, wer diesen Mist verkauft, damit nicht noch mehr Jugendliche in dieser Stadt sterben…und nicht noch mehr Mädchen verprügelt werden.«
»Na, dann viel Glück!« Die junge Frau hastete in das Gebäude zurück, aber nicht schnell genug, dass Madison ihrem Gesichtsausdruck nicht hätte entnehmen können, auf was sie gehofft hatte.
Shelly wusste Bescheid. Sie wusste, von wem die Anabolika kamen. Es stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben.
Jetzt musste Madison nur noch einen Weg finden, es aus ihr herauszulocken.
Als Gabe ins Büro zurückkam, war auf seinem Anrufbeantworter eine Nachricht von der Schulpsychologin mit der Bitte, sie so bald wie möglich zurückzurufen.
Beinahe wünschte er sich, er wäre nicht ins Büro zurückgekehrt. Gab es ein neues Problem? Oder ein zusätzliches zu dem Stapel an alten, die er bereits hatte?
Er wählte die Durchwahl der Betreuerin.
»Hier spricht Mrs Whitfield.«
»Sheriff Wyatt, Sie hatten um Rückruf gebeten.«
»Oh, Sheriff, da bin ich aber froh, dass Sie sich so schnell gerührt haben. Bei mir waren heute mehrere Schüler–Sie verstehen schon…wenn zwei Schüler sterben, wie das in letzter Zeit passiert ist, dann nimmt das unsere Kinder ziemlich mit.«
»In einer Stadt wie unserer nimmt das alle mit. Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie alle Hände voll zu tun haben.«
»Ja, das haben wir auch. Und ich weiß zwar nicht, ob da wirklich was dran ist, aber zwei meiner Schüler haben mir etwas erzählt, von dem ich mir dachte, Sie sollten es wissen. Es geht um Colin Arbuckle und Ethan Wade.«
17
Um fünfzehn Uhr dreißig flog die Tür zu Gabes Büro so heftig auf, dass sie gegen den Aktenschrank schlug, der seitlich davon stand.
Überrascht sah Gabe hoch. Im Türrahmen stand Kate McPherson und zitterte vor Wut. »Ich will, dass Sie diesen Jungen verhaften!«
»Kate?« Jetzt sah Gabe, dass Bobby einen Schritt hinter ihr stand.
»Ethan Wade hat versucht, meinen Sohn umzubringen!«, schrie sie. »Ich will, dass er verhaftet wird!«
Gabe stand auf und ging zur Tür, um sie hinter den beiden zu schließen. Er sah Bobby an, in der Hoffnung, eine vernünftige Erklärung zu bekommen.
Bobbys Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Verwirrtheit und Schmerz. »Jordan hat gestern Nachmittag eine Überdosis Beruhigungsmittel genommen.«
»Das hat er nicht!«, schrie sie. »Jemand hat sie ihm verabreicht! Er hätte sich diese Tabletten nicht selbst besorgen können. Die Medikamente werden in einem verschlossenen Schrank aufbewahrt.«
»Wie geht es ihm?«, fragte Gabe.
Bobby sah ihn ernst an. »Sie haben ihn gerade noch rechtzeitig gefunden. Es dürfte alles in Ordnung sein…zumindest so weit, wie es das vorher war.«
»Es ging ihm besser!«, fuhr Kate ihn an. »Er hat gestern zum ersten Mal ein paar Worte gesagt. Er war auf dem Weg der Besserung. Und jetzt das…«
Diese beiden Menschen litten, wie Gabe sich das kaum vorstellen konnte. Zum zweiten Mal an einem Tag wurde ihm bewusst, wie schwierig es war, Vater
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