Pitch Black
Hagelkörner auf die Motorhaube.
Sobald er sie durch die nicht mehr vorhandene Windschutzscheibe gezogen hatte, stieg er als Erster von der Motorhaube und half ihr dann hinunter.
Kaum waren ihre Füße auf dem abschüssigen Boden gelandet, gaben ihre Knie nach. Sie sackte zusammen und zog ihn mit nach unten.
»Verdammter Mist!« Sie schnappte nach Luft. »Meine Beine sind taub. Wie können sie dermaßen wehtun, wenn sie taub sind?«
»Leg dich hin.«
»Das hat die Schwerkraft schon erledigt.«
»Ich meine richtig. Kopf nach hinten.« Er griff nach der Taschenlampe und legte sie neben Maddie auf den Boden. »Wir warten einfach, bis dein Blut wieder weiß, wie es fließen muss.«
Der Rock des Kostüms, das sie trug, war kurz und aus dünnem Stoff. Seine Mutter hätte ihm das Fell über die Ohren gezogen, aber ihm gefiel durchaus, dass ihr der Rock nach oben gerutscht war, und zwar weiter, als es schicklich war.
Er kniete sich vor ihr hin und massierte ihr die Waden.
»Aua! Eigentlich solltest du mir helfen.«
»Tue ich doch. Ich sorge dafür, dass die Schmerzen schneller aufhören.«
»Ein richtiger Held würde dafür sorgen, dass sie sofort aufhören.«
Ein richtiger Held würde es in dieser Situation auch nicht genießen, ihre Beine in seinen Händen zu spüren. Aber verdammt, er war so froh, dass sie im Großen und Ganzen unverletzt geblieben war, dass er sich so leicht fühlte, als könne er schweben. »Du verwechselst mich schon wieder mit einem Feuerwehrmann.«
Sie stöhnte. »Hör auf damit! Mir ist es lieber, die Schmerzen hören langsam auf.«
»Na schön.« Ein letztes Mal fuhr er ihre Beine hinauf und hinunter. »Ich hole deine Schuhe aus dem Auto.«
»Meine Schuhe? Ich habe keine Schuhe an?«
»Das hier dauert vielleicht länger, als ich gedacht hatte. Versuch weiter, deine Füße zu bewegen.« Er nahm die Taschenlampe und kletterte wieder über das Armaturenbrett nach innen.
Ihre Schuhe lagen unter dem Bremspedal. Als er sie herausgezogen hatte, schüttelte er den Kopf. Mit den roten Zehn-Zentimeter-Absätzen sah Maddie sicherlich absolut scharf aus, aberden Abhang konnte sie leichter barfuß hochklettern als in diesen Dingern. »Hast du hier drin noch irgendwo andere Schuhe?«
»Ja klar, meine gesamte Garderobe ist im Kofferraum.« Sie schwieg einen Moment. »Bring meine Tasche mit.«
Er ließ den Strahl der Taschenlampe durch das Wageninnere gleiten. Die rechte Seite der ledernen Kopfstütze des Fahrersitzes hatte einen fünf Zentimeter langen Riss. Er suchte nach dem Stein, der durch die Windschutzscheibe geflogen war, und fand ihn in der Mitte der Rückbank. Er wog vermutlich knapp drei Pfund, war seltsam gezackt…und stammte nicht aus dem Schotterbett der Bahnlinie.
Dieser Stein war mit Sicherheit nicht von allein von der Überführung geflogen. Gabes Herz schlug auf einmal doppelt so schnell. Er wollte denjenigen in die Finger kriegen, der das getan hatte. Eine quälende Frage schoss ihm durch den Kopf: War dies eine zufällige, von unterbelichteten Teenagern ausgeführte Tat, oder war Maddie das Ziel gewesen?
Auf die Suche nach der Antwort konnte er sich erst machen, wenn er Maddie im Krankenhaus hatte untersuchen lassen.
Er ließ den Stein dort liegen, wo er ihn entdeckt hatte, und griff nach dem Riemen der Tasche, die unter dem Armaturenbrett auf der Beifahrerseite eingeklemmt war. »Dieses Ding wiegt ja eine Tonne. Soll es doch der Abschleppwagen zusammen mit deinem Auto hochziehen.«
»Nein!« In ihrer Stimme lag eine Spur von Panik–zum ersten Mal an diesem Abend. »Lass sie nicht im Wagen. Da ist mein Laptop drin.«
»Ein Grund mehr, das dem Abschleppwagen zu überlassen. Es wird nicht leicht, da raufzuklettern. Nachher geht er dabei kaputt.«
»Das Risiko gehe ich ein. Ich kann ihn nicht hier zurücklassen.« Sie sagte das so entschieden, dass ihm klar war, jeglicher Widerspruch wäre sinnlos.
Sobald er wieder bei ihr war, fragte er: »Kommt das Gefühl schon ein bisschen zurück?«
»Es fühlt sich an, als würden meine Beine von Piranhas gefressen.«
»Du machst Fortschritte.«
»Du hast gut reden. Hol mein Handy aus der Tasche. Ich will Ethan anrufen.«
Erst in dem Moment wurde Gabe klar, dass er, weil er so wahnsinnig schnell zu ihr hatte kommen wollen, sein Handy im Jeep gelassen hatte.
»Es ist in der Außentasche«, sagte sie.
Er legte Taschenlampe und Tasche auf den Boden und zog dann eins dieser modernen Geräte heraus, die eher wie ein
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