Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter
geschmeidig wie ein durchtrainierter Tänzer und war nicht bekannt dafür, zimperlich zu sein.
»Wozu denn?«, entgegnete Iwan spöttisch. »Wenn du mich erschießen willst, schieß doch, aber mach mir hier gefälligst keine Vorschriften.«
»Erkläre es ihm, Achmet«, bat plötzlich die namenlose junge Frau. »Bitte.«
»Was denn erklären?« Iwan wurde hellhörig. Ein eisiger Schauer lief über seinen Rücken – die verdammte Intuition. Ich würde es lieber nicht hören, dachte er und fragte dennoch noch einmal mit Nachdruck: »Was erklären?«
Seine Majestät Achmet der Zweite lächelte. Dabei entblößte er schneeweiße, gerade Zähne – ein seltener Anblick in der Metro.
»Wir haben euren Dieselgenerator nicht.«
»Das kannst du deiner Großmutter erzählen«, ätzte Iwan.
»Ich sage die Wahrheit. Ich weiß nichts von einem Generator. Was sollten wir auch damit? Dir ist wahrscheinlich aufgefallen, dass wir Zentralbeleuchtung haben.«
Zentralbeleuchtung gab es in der Metro nur noch an der Station Ploschtschad Lenina , am Knoten Sadowaja – Sennaja – Spasskaja und eben am Knoten Majakowskaja – Ploschtschad Wosstanija .
»Ich habe gehört, dass ihr Probleme damit habt.«
»Probleme?« Achmets schmale, ebenmäßige Augenbrauen wanderten in seine Stirn. »Was für Probleme denn? Unser einziges Problem seid ihr.«
Iwans Wangen pulsierten.
Du lügst doch hoffentlich, Achmet, dachte er aufgewühlt. Es kann nicht wahr sein, was nicht wahr sein darf!
»Dafür hatte ich vor Kurzem eine Delegation zu Gast«, sagte Achmet. »Man hat uns ein Bündnis angeboten. Friede, Freundschaft, Kooperation. Klingt gut, nicht? Dreimal darfst du raten, wer es war, oder besser gesagt, wer die Delegation geschickt hat.«
Iwan hob die Schultern und versuchte krampfhaft, nicht nachzudenken.
»Sagt dir der Name Orlow etwas?«
Iwan spürte, dass er langsam den Boden unter den Füßen verlor.
»Ich habe abgelehnt«, berichtete Achmet weiter. »In schöne Worte gehüllte Dinge sehen in der Realität oft hässlich aus. Die Allianz will sich erweitern? Bitte sehr. Aber nicht auf meine Kosten. Nicht auf Kosten meiner Station. Warum sagst du nichts, Digger?«
»Ich denke nach«, presste Iwan zwischen den Zähnen hervor.
»Da tust du gut daran«, lobte Achmet und verzog den Mund zu einem ironischen Grinsen. »Nachdenken ist gesund, da strömt das Blut ins Gehirn. Den Veganern habe ich übrigens dasselbe geantwortet: Vielen Dank für das Angebot – und jetzt verpisst euch.«
»Wollten die auch Frieden, Freundschaft und Kooperation?«, fragte Iwan.
»Genau«, erwiderte Achmet. »Wie bist du da nur draufgekommen? Ich hätte ihr Angebot annehmen sollen. Aber jetzt …« Er besann sich und richtete seine schmalen Augen auf Iwan. »Jetzt, wo wir das alles geklärt haben, wirst du sterben.«
»Aber …!«, protestierte Boris in seiner Ecke.
Achmet bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. Der Zivilist verstummte augenblicklich.
Tolle Freunde habe ich, dachte Iwan bitter. So mutig.
»Ramil.« Achmet gab seinem Leibwächter einen Wink.
Tja, das war’s, Digger. Diesmal erwischt es dich.
Die junge Frau beugte sich zu Achmet, als wollte sie ihm etwas ins Ohr flüstern. Ihr langes, schwarzes Haar fiel dem Zaren auf die Schulter. Wie ein Wasserfall. Prachtvolles Haar.
Wenigstens ein schöner Anblick zum Abschied, dachte Iwan.
Im nächsten Moment hatte die junge Frau die Pistole in der Hand und zielte auf Achmets Schläfe. Der Hahn klackte.
»Lass ihn gehen.«
»Geht’s dir noch gut?!« Achmet wollte schon aufspringen, doch er überlegte es sich anders. Die junge Frau zielte mit absolut ruhiger Hand und ließ keinen Zweifel daran, dass sie es ernst meinte.
Iwan sah sie ungläubig an. Es war noch gar nicht lange her, da hatte er sie für gehemmt gehalten.
»Du undankbares Biest!«, fauchte Achmet.
Die junge Frau schüttelte den Kopf. »Ganz im Gegenteil, ich bin zutiefst dankbar«, sagte sie und richtete ihre schönen Augen auf Iwan. »Achmet hat nicht gelogen. Sie haben euren Generator nicht angerührt. Er ist ein feiger, niederträchtiger Mensch, aber in diesem Fall hat er die Wahrheit gesagt. Geh jetzt.«
Iwan erhob sich. Ramil schaute ihn mit leeren Augen an.
»Er geht! Aber er muss doch bezahlen!«, stammelte Achmet mit zitternden Lippen.
»Schau doch mal in sein Gesicht«, empfahl die junge Frau. »Reicht dir das nicht?«
»Wie heißt du?«, fragte Iwan.
Die junge Frau zögerte kurz, bevor sie
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