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Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Titel: Pixity - Stadt der Unsichtbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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nach, bevor es endgültig verschwand. Sie hörte ihm zu, er hörte sich nicht zu.
    »Aber das ist am Ende alles, was bleibt, Alina. Du liegst da und wartest. Du wirst geschändet oder befreit und vielleicht ist eins wie das andere. Hast ja immer viel nachgedacht. Immer so ehrgeizig. Jetzt kann ich dir das ja sagen: Wir haben es nie verstanden. War auch egal. Würde schon stimmen. Und ohne dein Gelaber hätten wir nie die Fördergelder bekommen. Musste doch alles wissenschaftlich fundiert sein. Mensch, was hast du alles geredet und geschrieben, du hast ja ständig am Rechner gehockt und geschrieben und jetzt zurrt das alles auf zwei Dinge zusammen, weißt doch. Wie halte ich meine Nasenlöcher offen und wie kann ich verhindern, dass ich nicht zu pissen anfange. Und alle sehen dir dabei zu und wissen nicht, was du gerade denkst. Nur wir beide wissen das.«
    Alina bemerkte es zuerst. Sie hob den Kopf und sah an Bentner vorbei, sie brüllte wieder etwas gegen das Klebeband, warf den Kopf dann zurück ins Kissen, heulte, achtete nicht mehr auf den Rotz, der in zwei Fontänen herausschoss. Dann hörte es auch Bentner. Ein Geräusch, etwas knarrte, also lagen unter dem Teppichboden Dielen. Ich brauche mich jetzt nicht umzudrehen, dachte Bentner. Wozu. Er redete einfach weiter.
    »Komisch, das hätte man doch lesen müssen, oder? Dass der Anblick masturbierender Frauen bei Kindern einen positiven Lerneffekt auslöst, gewissermaßen. Ach so, verstehe – das hast du selbst herausgefunden. Weiß noch keiner. Wirst du schöne Aufsätze in Fachzeitschriften veröffentlichen und drüber promovieren. Der Anblick masturbierender Frauen als Mittel gegen pubertäre Blockaden. Trifft übrigens auch auf kleine Jungs zu, kann ich dir nur aus Erfahrung sagen. Vielleicht machst du eine kleine Fußnote draus. Ist ja auch logisch. Da entdeckt man seinen Körper und denkt an nichts anderes mehr. Man hat Angst und sehnt sich gleichzeitig danach, das muss doch schlecht für die Durchblutung im Gehirn sein. Hat keinen Bock mehr auf Mathe und Vokabeln, einfach keine Durchblutung im Lernzentrum oder wie das heißt, alles staut sich anderswo. Und dann kommt Tante Alina und stößt sich im Selbstversuch ganz uneigennützig, nur für die Wissenschaft die Fingerchen in die Möse. Bist du etwa dabei gekommen? Nö, oder? War ja quasi Job, gell? Hast du den Mädels Fragebögen geschickt? Bestimmt. Sie haben dir doch ihre E-Mail-Addys gegeben, warum auch nicht. Hast ihnen erklärt, das sei alles ganz normal, darüber müssten sie sich keinen Kopp machen. Aber beim Nachspielen aufs Jungfernhäutchen aufpassen! Hast du ihnen noch Bilder geschickt? Layla-Anne etwa? Und die hat’s irgendwie falsch verstanden mit der Durchblutung und sich ausgeblutet auf diesem scheiß Hotelparkplatz? Was guckst du so blöd? Erinnerst du dich nicht mehr?«
    Aufhören. Halt endlich die Schnauze, Bentner.
    Wieder ächzte das Holz, diesmal ohne Rücksicht darauf, ob man es hören sollte oder nicht. Die Person ging in den Flur, weiter. Eine Schublade wurde aufgezogen, Besteck stieß gegeneinander. Eine Sekunde Stille, dann kamen die Schritte zurück. Japanische Messer, dachte Bentner, natürlich hat Alina japanische Messer. Er drehte sich immer noch nicht um. Wenn es zu spät war, war es zu spät, und es war längst zu spät.
    Lisa ging an ihm vorbei, klappte den Laptop zu. Sie trat an Alinas Bett. Erst jetzt bemerkte Bentner, dass Alina nicht mit Handtüchern an die Pfosten gefesselt war, sondern mit dünnen gelben Plastikstreifen. Lisa schob die Klinge des Messers zwischen Alinas rechtes Handgelenk und den Streifen, der sie fesselte. Eine einzige, nicht einmal heftige Bewegung nach oben, exzellent geschärfter Stahl. Lisa legte das Messer auf das Bett, nahe bei Alinas Bauch. Alina rührte sich nicht. Lisa schaute zu Bentner und sagte: »Komm.«
    »Hat dir das jetzt was gebracht? Orgasmusersatz?«
    Sie hatten das Auto längst zugequalmt. Zwanzig Minuten ohne zu reden nebeneinander gesessen, den Rauch gegen die Windschutzscheibe geblasen, was gut war, denn sie war nun beschlagen genug, um die Welt draußen zu lassen.
    »Es musste einfach sein. Keine Ahnung warum.«
    »Geht es eigentlich noch blöder? Du weißt noch nicht mal, warum du sie mit deinem Quatsch gequält hast? Keinen Plan gehabt, nix Objektorientiertes vorbereitet, keine Eigenschaften und Methoden oder wie das heißt? Du bist genauso idiotisch wie Weidenfeld mit seinen Zettelchen. Wo lebt ihr eigentlich? Alina ist

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