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Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Titel: Pixity - Stadt der Unsichtbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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benachbarten Datenträger, sank auf die Knie, begann links, zog eine CD nach der anderen aus dem Regal, segnete sie mit einem kurzen Blick und verfluchte sie mit einem noch kürzeren. Sie endete rechts. Sie überlegte, noch einmal von links zu beginnen oder eben rechts, wo sie gerade war, sich nach links durcharbeitend. Sie ließ es. Sie hatte verloren und wusste es.
    »Ist nicht da. Versteh ich nicht. Darf nicht vorkommen.«
    Sie ging zu ihrem Drehstuhl zurück, setzte sich wie eine alte Frau, schaute zu Bentner hoch, der nichts sagte, was genug sagte. Almuths Nacken war nass, die Haare klebten fest.
    Dann streckte Alina den Kopf zwischen Tür und Rahmen, ein »Hallo«, ein »Guten Morgen ihr«, ein Lächeln für alle. »Sucht ihr was? Kommt aber gleich rüber zum Weihnachtsfrühstück.«
    »Die Liste«, jammerte Almuth, »ich verstehe das nicht.«
    Liste? Alina schlüpfte ins Büro, eine dezent gekleidete Frau, schwarzer Hosenanzug, die Haare glatt und streng nach hinten, zivilisierte Pumps.
    »Welche Liste?«
    Sie war neben Bentner getreten, hatte ihn am rechten Arm berührt, leicht auf die Muskeln gedrückt.
    Almuth sagte es ihr, Alina lachte.
    »Wozu brauchst du das denn?«
    »Nur etwas checken. Ist aber nicht so wichtig.«
    »Nicht so wichtig was?«
    Jetzt schwebte Michaels Kopf zwischen Tür und Rahmen, ein Smiley, der sich durch das Eintippen von »:«, »=« und »)« immer wieder selbst bastelte, das Honigkuchengesicht.
    »Die Liste!«
    Almuth schrie es beinahe, ein Smiley mit »o« und »(«.
    »Die Liste«, wiederholte Alina. »Du weißt schon. Die ausgemusterten Rechner damals. Als Claus …«
    Michael nickte.
    »Wichtig?«
    »Nein«, sagte Bentner, »nur Routine. Vergessen wir das.«
    »Okay«, sagte Sarkovy, »Frühstück in einer halben Stunde?«
    Alina sagte: »Ja, klar«, ergriff Bentners Arm, drückte ihn nun länger und fester. Kein Parfüm, aber eine betörende Bodylotion, ein ausgewogen komponiertes Haarspray.
    »Ja, kommt alle«, sagte sie, »in einer halben Stunde.«
    Und zwinkerte Bentner zu, drückte noch einmal, kniff ihn fast.
    Er spürte diesen Druck noch, als er in seinem Büro saß, vor dem schwarzen Monitor, auf dem plötzlich das bekannte Logo erschien. Also doch den Rechner eingeschaltet. So wie früher, automatisch, wie ein Dürstender nach der Wasserflasche greift.
    So wie früher. Es hatte eine Zeit gegeben, da spielten sie miteinander. Umkreisten sich, kamen sich näher, schickten Signale. Alina legte die Hand auf sein Knie, nur ganz kurz und beiläufig, eine Geste als Ergänzung eines Lachens, einer harmlosen Anzüglichkeit. Sie gaben sich Mühe, dass niemand es bemerkte, Weidenfeld schon gar nicht.
    Bentner machte sich einen Spaß daraus, Alinas Brüste zu inspizieren, sie streckte sie ihm durch den Stoff hin, nimm sie dir doch, aber der Clou war, dass er sie niemals nehmen würde und beide das wussten. Einer dieser Abende in Sarkovys Wohnung, Alina und er hatten sich angeboten, neuen Sekt aus dem Kühlschrank zu holen, ein paar Brote zu schmieren, und in der Küche hatte sie ihm von hinten eine Hand zwischen die Beine gelegt und »komm, lass ihn groß werden« gesagt, ihre Brüste gegen seinen Rücken gedrückt. Nach einer halben Minute: »Und jetzt sieh zu, dass er wieder klein wird, bevor du ins Wohnzimmer zurückkommst«, gelacht, das Tablett mit den Broten genommen, weggegangen. Das war ihr Spiel. Es durfte nichts geschehen, es musste im Kopf eskalieren, nicht im Bett zusammenstürzen. Und dann hatten sie irgendwann damit aufgehört.
    Vierundzwanzig Hände im kalten Büffet, dessen Duftmarken Bentner sogleich empfingen, als er das Konferenzzimmer betrat. Er zählte die Köpfe, mit seinem waren es dreizehn, alle setzten sich endlich um den Tisch, der mit Tannenzweigen, Adventskränzen, Kerzen und einem Bukett weißer Rosen geschmückt war. Dazwischen standen Kaffeekannen, Teekannen.
    »Darf ich.«
    Sie fragte rhetorisch ohne Satzzeichen, Alina neben ihm, schon die Kanne und Bentners Tasse in den Händen.
    »Du trinkst ja immer ohne Milch und Zucker.«
    Stellte ihm das Getränk hin, schnaufte wie nach Schwerarbeit.
    Die Belegschaft mümmelte. Sprach mit vollen Mündern, aber gedämpft, kein Lachen bitte, Bentner dämmerte, für wen das Bukett gedacht war. Alinas Lippen waren plötzlich an Bentners Ohr, der hatte einen Teller mit zwei Käsebrötchen vor sich stehen, die lachten ihn an wie eine zahnlose Frau mit Achselschweiß, von wegen frisch.
    »Ich hab mir gedacht, wir

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