Pizza House Crash
gleichzeitig mit der anderen mein Haar zurück, um die Stirn zu straffen. Resigniert ließ ich wieder los, und mein feuchtes Haar fiel mir wie Spaghettistränge ums Gesicht. In einem Augenblick des Schwindels löste sich das Spiegelbild auf. Der Raum schien zu kippen, und mein Magen krampfte sich flau zusammen. Ich blickte nach unten und versuchte mich am Waschbecken festzuhalten, aber ich konnte nicht mehr verhindern, daß ich fiel. Ich fiel ins Leere, und als ich die Augen aufschlug, hob Warren mich vom Boden auf.
»Ein schwacher Kreislauf und ein leerer Magen«, meinte er beruhigend und bedeckte meine würdelose Nacktheit, so gut er konnte, während ich sitzenblieb, wo er mich hingesetzt hatte: auf dem Klodeckel, den Kopf zwischen die Knie geklemmt. Nach einigen Augenblicken schaute ich auf und versuchte verlegen, mich zu entschuldigen; er hielt derweilen einen Waschlappen unter den Kaltwasserhahn und hockte sich dann vor mich, um mir die blau angelaufene Schläfe damit zu betupfen. Warren hatte mit meiner bewußtlosen nackten Gestalt öfter hantiert als irgendein anderer Mann auf Erden. Wenn er einen Hang zur Nekrophilie gehabt hätte, wäre ich inzwischen sicher in argen Schwierigkeiten gewesen.
Ich brabbelte etwas vom Zuhausebleiben, aber Warren wollte nichts davon hören. Er schaltete den Heizlüfter im Schlafzimmer ein, zerrte eine weite, cremefarbene Seidenbluse und einen kurzen schwarzen Rock aus dem Kleiderschrank und zwang mich, alles anzuziehen. Als ich auf meinen spitzen, hohen Absätzen zur Tür hinausbalancierte, griff ich zärtlich nach seinem Arm.
»Du bist wunderschön, Babe«, lachte er und schob mich in den Lift.
Wir gingen in ein Steakhouse in Bethnal Green, und ich aß Fisch. Es war ein Lokal von der Sorte, in die die East-End-Luden mit ihren Mädels gingen. Alle Männer trugen Armani-Anzüge oder wenigstens weiche Cashmere-Rollkragen und Lederjacken. Die Frauen neigten eher zu engen Röcken und Bardot-Tops, die sonnenbankgebräunte Schultern freiließen, in die sich Myriaden gelverklebter Stacheln aus gesträhntem Haar pieksten. Wenn hier eine Bombe hochgegangen wäre, hätte sich das auf die Goldkurse ausgewirkt. Die Atmosphäre war schwer vom Geruch teuren Parfüms und dem wehenden Rauch von Kingsize-Zigaretten und T-Bone-Steaks vom Holzkohlengrill. Im Hintergrund klimperten unablässig die leeren Klänge einer Buszuki. Es war eine merkwürdige Wahl für Warren, nicht zuletzt weil der Typ von East-Endern, die uns hier umgaben, selbst in diesen aufgeklärten Zeiten ausnahmslos konservative Ansichten über auffällig gemischtrassige Paarungen vertraten. »Wieso sind wir hierher gegangen?« flüsterte ich, als Adonis, der knabenhafte, lockige griechische Kellner uns an einen Tisch geführt hatte.
»Man kriegt halbwegs anständige Portionen«, flüsterte er zurück . »Man hat reichlich Platz für die Ellbogen, und niemand von deinen Bekannten wird hier auftauchen.«
Das hatte was für sich, dachte ich. Während wir auf den ersten Gang warteten, lehnte er sich, einen Arm auf seine Stuhllehne gelegt, zurück. Jetzt erst bemerkte ich, daß er sein dunkelbraunes Korkenzieherhaar kürzer geschnitten hatte. Es sah glänzend und scharf konturiert aus, wie es im Kerzenlicht schimmerte. Seine weißen Zähne blinkten, als er breit zu mir herübergrinste. So war er mir vertrauter, dachte ich. Meine Kopfschmerzen waren vergangen, und ich war froh, daß ich den Abend mit ihm verbringen konnte.
Warren zwang mich, eine Menge zu essen, und dabei durfte ich nur mäßig trinken. Ich versuchte über das Wochenende zu reden, aber er unterbrach mich jedesmal und wies mich auf irgend etwas anderes auf der Speisekarte hin oder schenkte mir nach, allerdings jedesmal nur eine lächerliche Menge. Er wollte nichts von Julian wissen, nichts von Lifestyle oder Charlie oder Max oder von dem, was heute bei Technology Week passiert war. Während Adonis uns diskret bediente, erinnerten wir uns an Orte und an Parties, die wir zusammen besucht hatten, und wir versprachen uns gegenseitig, demnächst einen ordentlichen Zug durch die Nightclubs zu unternehmen. Als die Pubs in der Nachbarschaft schlossen, wurde es voller im Restaurant; Teams von jungen Brokern aus der City, die ihren Schmerz ertränkten - kaum unterscheidbar von den schweren Jungs aus der Gegend, von den fehlenden Frauen abgesehen. Trotzdem blieben Warren und ich ungestört und allein auf unserer privaten Insel stiller Kameradschaft.
Endlich lehnten wir uns
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