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Plan D

Plan D

Titel: Plan D Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Urban
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Kreis, nächster Versuch, Viereck oder Raute, aber ich schaff es noch, dachte Wegener, ich schlag mich durch, komm irgendwie voran, bleib nicht stecken wie der Mercedes in der Schlachthofgasse, noch geht was, in ein paar Jahren ist das auch vorbei. Im Boden ein Fenster, darunter Barräume, samtige Sessel, Nierentischchen, orangenes Licht, Trinkende und Rauchende, die ihn nicht sahen, Wegener stand über ihren Köpfen, beobachtete, erkannte niemanden, ging weiter und bog rechts ab, hinter dickem Glas die Rückseite eines Tresens, auf der Scheibe geschwungene Schrift: Bar Wjatscheslaw Michailowitsch, der schlanke Rücken einer dunkelhaarigen Bedienung, Magdalena, dachte Wegener, die Bedienung drehte sich zur Seite, stand im Halbprofil und war natürlich nicht Magdalena, aber genau so umwerfend russenhübsch, sah ihn jetzt an, lächelte gutmütig-frivol, zeigte auf das leere Glas, hob eine Augenbraue. Wegener nickte. Das Mädchen griff hinter sich, öffnete eine BIONIER-Brause Sanddorn, holte Wodka aus dem irgendwo verborgenen Kühlschrank, goss weit über den Eichstrich und zwinkerte, stellte den Drink in die Drehscheibe, schon kam er durch die Wand und war beim Hauptmann, der das leere Glas in die Luke stellte, den Zahlchip dazu legte, die Russenhübsche kurbelte, nahm auf ihrer Seite alles heraus, zog den Chip durch einen Scanner, schickte ihn zurück, drehte sich um. Wackelte ein bisschen mit ihrem kleinen Arsch. Noch ein Blick über die schmale Schulter, ein letztes Lächeln. Der Nächste, pashalussta!
    Die Magdalena-Momente kamen jetzt peu à peu zurück, erschienen beim Trinken, beim Weiterschlendern, krochen aus einer Hirnecke, in der sie gut aufgehoben gewesen waren, nun lösten sie sich heraus, kein bisschen verblasst, keine Risse, keine blinden Flecken, Magdalena nach Dienstschluss vorm »Molotow«, rauchend, wartend, im Röckchen, das Bild einer Film-Nutte, dachte Wegener, das ich so dermaßen scharf finden konnte, weil sie keine Film-Nutte war und eine echte sowieso nicht, trotzdem sah sie wie eine aus, also durfte man sich einbilden, man traue sich auf den Stringstrich, schließe ein schmutziges Geschäft ab, fische sich diese dreiste Jungrussin von der Straße auf die Rückbank, wie die abgebrühten Typen bei der Sitte es machten und dann los, auf einsame Parkplätze, der viel zu kleine Wartburg, von wegen Aktivist , hatte Magdalena gemault, immer anders verrenkt, verdreht, um ihm das anzubieten, wofür er lebte, wofür er den ganzen Abend Proteine gefressen hatte, um ihm zwischen Heckscheibe und Armaturenbrett eine Chance zu geben, aber wie soll das funktionieren, einer vorn, eine hinten, dazwischen Sitze, so lang ist er auch wieder nicht, also, mojo ssolnyschka, Sitze raus!, hatte Magdalena befohlen und Wegener: Gut, dass ich damals den Aktivist Omega erstanden habe, Transportversion, alles mit drei Handgriffen zu entfernen, gut, so schnell ging es dann doch nicht, aber irgendwann hatte man’s, zwei Hebelchen, ein Knopf, ein kräftiger Ruck und der Beifahrersessel plumpste aus der Tür, doppelte Decke auf die Schienen am Wagenboden, trotzdem Gemotze, immer noch verdammt eng hier! Selber eng, mojo sslatkaja, rief Wegener, also beschwer dich nicht! moja !, maulte es von unten, moja sslatkaja!, nicht mojo sslatkaja!, dann schlagartig Friede im Magdalena-Gesicht, heillose Seligkeit, von irgendeiner Straßenlaterne abgetastet, gelbgetunkt, chinesisch gemacht, die Augen geschlossen, der Mund halb geöffnet, eine Schlafschönheit, eine stille Gönnerin, keine, die schrie, kratzte, forderte, sondern eine Lethargische, eine Abgeschlaffte, Müdegelaufene, eine, die acht Stunden geschleppt, gehoben, geräumt hatte, dauerlächelnd, dauerfrech, eine führende Luderdarstellerin, die das Ludersein jetzt leid war, aus ihrer Rolle und ihrem Rock schlüpfte, alles abstreifte, bis der blasse Körper nackt dalag, die nach acht Stunden Bedienen selbst bedient werden wollte, die immer das Gleiche bestellte: langsam und liebevoll, still und heimlich, einmal glücklich machen, hieß das bei Magdalena, mach mich glücklich, mach dich an mir glücklich, mach uns glücklich, um mehr geht es doch nicht, bei niemandem, also keine Sauereien, keine Spielchen, nur rein und raus wie eine Pumpe, die Magdalena mit Zärtlichkeit aufbläst, die sie mit neuer Kraft füllt, mit neuem Frechsein, Fröhlichsein, mit frischer Seligkeit, bis an den Rand, das Gelbgesicht wie in Trance, wie abgestellt und Stecker in der Dose, während des

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