Plan D
Freiheit, niemand wird zur Rechenschaft gezogen, alle bleiben unbehelligt, egal, was sie auf dem Kerbholz haben. Denn wenn es anders wäre, wenn es Zugriff gäbe auf den Hauptschuldigen, der das schlimmste aller möglichen Verbrechen begangen hat, schlimmer als Mord und Totschlag und Betrug, nämlich Freundesverrat, dann stellte sich das, was ich mit dir unerhörtem Gas-Nuttenbock machen würde, wie folgt dar: An deinem dünnen Penis aufhängen, unter der Decke eines weißen Raums oder an einer Palme auf Gondwana, würde ich dich, Josef, Bindfaden um den Eichelball, auf dass die Rute sich sehnig dehne, immer länger, noch viel dünner werde, wie die Zimt-Kaugummis vom VEB Süße Grüße Jena , sich unter dem Früchtlgewicht unvorstellbar strecke, schließlich schäle, zerlege, abplatze, ein fröhlicher Blutspringbrunnen, der uns tiefrote Freude bringt, die redlich verdiente Selbstamputation schnalzt als pompöser Peitschenknall durch den Geheimdienstkeller und schallt ab jetzt von Wand zu Wand zu Wand, eine akustische Dauerausstellung zum Thema historische Niedertrachten, Schwanz ab, Josef, ist das Letzte, was mir noch einfällt zu so viel Einfallslosigkeit, die einzige Frau Ostberlins zu beschlafen, die für dich tabu war, also die einzige Frau Ostberlins zu beschlafen, die für dich reizvoll war, so viel ist klar, auch dieses Prinzip ein unverzichtbares Bauteil des Menschheitsmotors, das seh ich ein, aber das darf nicht sein, denn einmal kommt eben jeder von uns an seinen Privatabgrund, an dem er tragischer Grieche ist, an dem er entscheiden muss, indem er Richtig und Falsch richtig oder falsch bestimmt, in diesem Augenblick ist man Nurichselbst, unverfälscht und pur, dann blickt man ins schiere, hausgemachte Eingemachte, das persönliche Herzseelensoufflé geht vor den eigenen Augen auf und kann schön bräunen oder hässlich zusammenfallen, je nachdem, was man in diesem Moment darstellt, zu wem man wurde: Freund oder Feind des eitlen Egoismus, der lässig und mietfrei in uns allen logiert, zuversichtlich, zum nächsten Ersten wieder pünktlich versorgt zu werden mit Lasterladungen voller frischer Fehler, aber wenn es ums Ganze geht, ist alles ganz anders, dann entscheidet sich ein Leben, Josef, dann entscheidet sich ein Menschsein. Du hast angesichts roter Haare, brauner Augen und eines bizarrbegehrenswerten, leicht angegrauten Schamlippenlächelns die schönste Schuld gewählt, die Frau der Frauen, das Prunkstück der Gattung, eine echte Trophäe, die Kühlerfigur ihrer Art, sie wird dich verzaubert haben, wie sie mich verzauberte, und ich weiß, ihr Mirakel hält ewig, übersteht selbst größte Zeiträume schadlos, wird durch Distanz nur noch grandioser, man liebt sich an ihr zugrunde, man zimmert aus der Erinnerung ein strafendes Standbild, vor dem man sich täglich lustvoll erniedrigt, vor dem man sich in viskosem Selbstmitleid suhlt, man gewährt Karolina sogar Gewalt über die eigenen Träume, ab jetzt plünderte sie sich durch deine Nächte, macht bis heute Beute, nimmt, was sie kriegen kann, ein Alp jagt den nächsten, die Zuckersüßeste entwickelt sich zum bedrohlichen Brandschatz, der nie damit fertig wird, dich fertig zu machen, Fazit: sie hat dich bis zum letzten Herzschlag an den Eiern.
Aber auch du kommst natürlich ohne Konsequenz davon, Josef, keine Angst, wenn ich nicht an meinem eigenen Zorn ersticken will, bleibt mir vorerst nur gnädigste Vergebung um einer aufgeschobenen Revanche willen, von der ich nicht weiß, ob sie jemals stattfinden wird, weil gute Geschichten so offen sind wie Karolinas rosa Rosette auf den Stasifotos, dieser ins Ungewisse vertagten Vendetta zuliebe verzeih ich dir also hier und jetzt und überlebe aus reinem Trieb auch noch das, was ich eigentlich gar nicht überleben will, weil ich nicht weiß, was ein Überlebensleben bringen soll, in dem der letzte Hoffnungsfunke gerade aufs Krasseste zerdrückt worden ist, in dem der Egobankrott zu höchster Vollendung geführt wurde, aber auch das gehört wohl dazu: zum Vorhandensein verdammt zu sein, wenn man sich verdammt noch mal entschieden zu feige findet, zum Strick zu greifen. Und jetzt noch Platz für famous last words , mehr Licht, da gibt es nichts zu weinen, setzt mich wieder auf mein Fahrrad, ich hätte nicht von Scotch zu Martini wechseln sollen, Schatz, ich gehe jetzt ins Badezimmer und lese dort, Verrat! Verrat! Das ist Treue.
Die Früchtlstimme schwieg in seinem Kopf.
Wegener nahm die schusssichere Weste mit
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