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Plan D

Plan D

Titel: Plan D Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Urban
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Was hat er seit der Wiederbelebung gemacht?«
    »Noch was?«
    »Westkontakte«, sagte Brendel. »Offenbar haben die ja zumindest Unterhosen und BHs für seine Freundin geschickt.«
    »Westkontakte, natürlich«, wiederholte Stein kritzelnd.
    »Und dann: Warum dieses Doppelleben als Emil Fischer in Marzahn?«
    »Das hätte ich fast vergesse n …« Stein kramte in dem Karton mit den Plastiktüten herum und zog einen kleinen Beutel heraus. »Zu dem Punkt haben wir was. Lag unterm Schreibtisch.«
    Brendel nahm den Beutel und hielt ihn unter die Schreibtischlampe. »Ein Ausweis?«
    »Ein Dienstausweis«, sagte Stein und suchte in einer Mappe. »Genauer gesagt, ein Dienstausweis für einen Gärtner. Ausgestellt auf den Namen Emil Fischer, wohnhaft Ludwig-Renn-Straß e 32 in Berlin Marzahn.«
    »Ein Dienstausweis für einen Gärtner«, sagte Kayser. »Dafür haben sie Geld.«
    »Das ist ein Sicherheitsausweis«, sagte Stein. »Eine Zugangsberechtigung zu irgendeinem Sperrbereich. Da steckte die Kopie einer amtlichen Bestätigung der Staatssicherheit dran, dass, einen Momen t …«, Stein fischte ein mehrfach geknicktes Blatt Papier in einer Plastikhülle aus seiner Mappe, »dass der Träger dieses Ausweises, Genosse Emil Fischer, durch die Hauptabteilun g VII der Staatssicherheit (Personen- und Objektschutz) erfolgreich den polizeilichen und geheimdienstlichen Bestimmungsüberprüfungen nach § 123 und § 124 der Kontrollgesetzgebung zwecks Zugangsberechtigung zur nationalen Sonderschutzzone B-W-1 unterzogen wurde. Gültig bis zum , dann kommt ein Datums-Stempe l …« Stein blätterte noch mal um. » Ausgestellt am 17.9.2006, i . A. Stefan Kröcher, Unteroffizier HA VII. «
    »Ganz schön vielseitig, unser Professor«, sagte Kayser. »Eine Bibliothek, eine Model-Freundin und dann noch einen grünen Daumen.«
    »Und ein gebrochenes Genick.« Brendel gab Stein den Ausweis zurück. »Was ist das, die Sonderschutzzone B-W-1?«
    Stein zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Aber es klingt nach einer der wichtigsten Sonderschutzzonen, die wir haben.«

10
    M ajor Hacksteak sieht mit jedem Quartal Rente besser aus, würde ich jetzt denken, dachte Wegener, Major Hacksteak genießt seine freie Zeit offensichtlich nach wie vor meistens draußen, lässt sich von der Herbstsonne bräunen, die auch vor dem Sozialismus nicht haltmacht, und weiß dabei ganz genau, wie unverschämt gut alten Herren so eine Altherrenbräune steht. Vorausgesetzt, sie haben schneeweiße Haare. Noch besser: Sie haben nicht nur schneeweiße Haare, sondern auch grüne Augen. So grün wie die von Major Hacksteak, der jetzt durch den »Schusterjungen« geschlendert käme, nach links und rechts grüßend, von links und rechts zurückgegrüßt werdend, der bei dem fülligen, vollbärtigen Wirt ein großes Bürgerbräu bestellen würde, indem er mit zwei flachen Händen einen bierkruggroßen Abstand andeutete, der dann seinen Beobachter entdeckte, lächelte, näher kam und ihm gegenüber ächzend auf einen der verschrammten Kneipenstühle sackte. Da saß er, da saß er nicht, der gute alte fettsüchtige Josef Früchtl, der jetzt im Geiste eine seiner drei dämlichen Lieblingsbegrüßungsfragen stellte, heute: Wo sind deine Haare hin? In den Westen?
    Sondereinsatz, sagte Wegener.
    Deine Matte in geheimer Mission. Und du musst daheimbleiben.
    Wir müssen ja alle daheimbleiben.
    Reisende soll man nicht aufhalten, sagte Früchtl, während er sich den Mantel auszog, und wenn es die eigene Frisur ist. Wie geht’s dir?
    Gut. Oder zumindest wie immer.
    Gut oder wie immer? Das ist ein Unterschied.
    Für dich nicht, so wie du aussiehst.
    Vielen Dank für die Maiglöckchen.
    Der Wirt schnaufte heran und rammte einen großen, schaumtriefenden Bierkrug auf den Tisch. »Zum Wohle, Herr Hauptmann. Das Hacksteak?«
    »Das Hacksteak«, sagte Wegener. »Mit zwei Spiegeleiern, bitte.«
    »Pommes oder Bratkartoffeln, Herr Hauptmann?«
    »Pommes. Mit doppelt Mayo.«
    Der Wirt hatte offenbar nichts anderes erwartet, ging sich mit dem Hemdsärmel über die feuchte Stirn, walzte in Richtung Küche.
    Essen ist die Erotik des Alters, sagte Früchtl.
    Das hast du vor zwanzig Jahren auch schon behauptet.
    Und Recht gehabt. Vor zwanzig Jahren war ich fünfundfünfzig. Findest du das jung?
    Auf jeden Fall zu jung, um das Thema Frauen ad acta zu legen.
    Früchtl schüttelte traurig den Kopf. Du lernst es nie, Martin, ich habe von Erotik gesprochen, nicht von Sex. Essen ist die Erotik des

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