Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Plan D

Plan D

Titel: Plan D Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Urban
Vom Netzwerk:
Alters. Sex ist der Sex des Alters. Was machen die Weiber?
    Karriere.
    Sonst nichts?
    Gas-Russen treffen und Verträge aushandeln. Das Vaterland retten.
    Deine Ministeriumskonkubine. Immer noch.
    Wegener verzog das Gesicht.
    Sei doch froh, dass Schluss ist.
    Weil?
    Früchtl hob entrüstet die Hände. Weil Beziehungen erfolgreicher Frauen mit erfolglosen Männern in Suizid oder Impotenz enden! In deinem Suizid oder deiner Impotenz!
    Und so was muss man sich von einem Opa sagen lassen, der Hackbraten erotisch findet.
    Nicht nur Hackbraten, raunte Früchtl und spähte in Richtung Küchentür, auch Pommes mit Mayo. Aber sag’s keinem. Frauen orientieren sich himmelwärts, Martin. Frauen wollen immer einen Mann, zu dem sie aufsehen können. Wenn die Frauen auf der Leiter nach oben klettern, müssen die Männer noch höher. Damit der Abstand gewahrt bleibt. Wenn sie nicht mitklettern können, werden sie ersetzt. Oder auf DDR-Deutsch: Frauen wollen nur Männer, die noch ein paar Ärsche mehr von innen gesehen haben als sie selbst.
    Die Ansicht eines pathologischen Machos, der vierzig Jahre Emanzipation verschlafen hat, weil er damit beschäftigt war, Abhängigkeitsverhältnisse seiner Affären zu manifestieren.
    Früchtl grinste. Die Ansicht eines pathologischen Machos, dem auch die stolzesten, erfolgreichsten und intelligenteste n – oder wie du sagen würdest: emanzipierteste n – Weiber in ihren schwachen, also ehrlichen Momenten nie etwas anderes gebeichtet haben.
    Wegener stöhnte.
    Martin, wie soll sich eine Frau denn von einem Kerl beschützt fühlen, der weniger auf dem Konto hat als sie selbst?
    Ich hab einen Waffenschein.
    Einen Waffenschein! Früchtl machte ein Gesicht, als hätte er ein Rudel Hundewelpen entdeckt, das den eigenen Schwänzen hinterherjagt. Was willst du denn mit einem Waffenschein? Ein Staatssekretär im Energieministerium braucht keinen Waffenschein. Der holt sein M7 raus und ruft irgendwen an und dann kriegt er einen Tisch im Séparée vom »Molotow« oder einen Phobos Datscha mit Klimaanlage und Anhängerkupplung oder eine Einladung zu einer Fistingfete nach Rügen, wo sie dir echte Bananen hineinintegrieren, und zwar lateinamerikanische und nicht diese mickrigen Euro-Dinger.
    Wegener trank den letzten Schluck seines Biers aus und drehte das leere Glas in der Hand. Und was rät Major Frauenversteher?
    Es gibt keinen Rat, sagte Früchtl, es gibt nur Zeit, die durch unser schönes halbes Land zieht. Ich hab noch nie von Liebeskummer gehört, der länger als achteinhalb Jahre gedauert hat.
    Dann sind es ja jetzt nur noch siebeneinhalb.
    Früchtl nickte so ernst, dass Wegener das Grinsen verging.
    Eine volle Minute sagte niemand etwas.
    Dann wechselte Früchtl das Thema: Was macht deine Verschluss-Sache?
    Mein lieber Josef, diese Verschluss-Sache hat einen extra dicken Verschluss. Diesmal musste ich nicht nur einen gelben Zettel unterschreiben, sondern auch einen roten.
    Früchtl runzelte die Stirn. Er drehte sich zu beiden Seiten um. An den Nebentischen saß niemand.
    Wusstest du, dass sie auch rote Zettel haben?
    Nein.
    Haben sie aber. Ein hübsches Rot. So wie dein alter Lada.
    Früchtl zog anerkennend die Augenbrauen hoch. Und dann hockst du hier rum und frisst mein Leibgericht, statt zu arbeiten?
    Die Herren Westermittler sitzen im EastSide und machen Telefonkonferenz mit Bonn. Da müssen Hauptmänner draußen bleiben.
    Zerschneidest du eigentlich das Eigelb?
    Ich muss nicht jede Marotte von dir übernehmen, Josef.
    Es gibt auf der ganzen Welt nichts Schöneres, als zerlaufendes, warmes Eigelb. Hat ein bisschen die Konsistenz von Blut.
    Wegener hob sein leeres Glas und wartete auf die Aufmerksamkeit des Wirts.
    Früchtl schwieg.
    Wegener schwieg.
    Der Wirt zapfte mit der einen Hand ein Weizen, in der anderen hielt er die Bedienung für den Fernseher, der über der Toilettentür auf einem Brett thronte. Es rauschte. In das Rauschen sagte jemand konnten der VEB Robotron-Büromaschinenwerk »Ernst Thälmann« und der VEB Robotron-Messelektronik »Otto Schön« mit einem Exportplus von 6 Prozent , Rauschen, auf den gestiegenen Absatz des portablen Kleincomputers Nanotchev Omikron KC 2.0 in West- und Südeuropa zurückgeführt , Rauschen, Fragmente eines Nachrichtensprechers erschienen, aus seinem Kopf flimmerten nach links und rechts längliche Hautbeulen heraus, der ganze Schädel wurde zu einem Ziehharmonika-Blasebalg, jemand drückte das Sprecher-Gesicht durch einen Eierschneider, die

Weitere Kostenlose Bücher