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Plan D

Plan D

Titel: Plan D Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Urban
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Dörnen schüttelte den Kopf. »Er war natürlich im ganzen Quartier im Einsatz. Aber zum Rosenschneiden, nicht zum Reden.«
    »Zu irgendjemandem muss er Kontakt gesucht haben«, sagte Wegener. »Er hat es geschafft, mit einer falschen Identität hier reinzukommen. Er hat hier jahrelang als Gärtner gearbeitet, und das bestimmt nicht nur aus Liebe zu Rosen.«
    »Wie war sein richtiger Name?«, fragte Meffert.
    »Den behalten wir vorerst für uns«, sagte Brendel. »Um noch mal auf die Frage von Kollege Wegener zurückzukomme n – was kann Fischer hier gewollt haben?«
    Meffert aschte auf den Rasen. »Sie dürfen sich das nicht so vorstellen, dass hier einer als Gärtner oder als Koch oder als was-weiß-ich-was angestellt ist, und dann spaziert der nach Lust und Laune herum, schaut bei irgendeinem Minister rein, und wenn zufällig die Terrassentür offen steht, durchsucht er den Schreibtisch.«
    »Sondern?«
    »Es gibt Dienstpläne mit konkreten Einsatzbereichen und Zeitvorgaben. Wenn einer vormittags auf dem Golfplatz drei Stunden das Semi-Rough schneiden soll, und mäht stattdessen bei Staatssekretär Kant den Rasen, fliegt er raus.«
    »Aber sie haben doch nicht jeden Einzelnen andauernd im Blick.«
    »Alle Arbeiter auf dem Gelände tragen einen GLONASS-Sender mit personalisiertem Signal bei sich. Wir wissen immer, wo unsere Leute gerade sind.«
    »Das hat in der DDR ja Tradition«, sagte Kayser. »Demnach können wir uns in Ihren Dienstplänen anschauen, was Emil Fischer die letzten sechs Monate alles geschafft hat.«
    »Sie können sich anschauen, was er in den letzten zehn Jahren geschafft hat«, sagte Dörnen. »Welche Einsatzabschnitte, welche Zeiten. Wir löschen nichts. Das hier ist eine nationale Sonderschutzzone.«
    »Gibt es Bewohner im Regierungsquartier, die so was wie Stammkunden waren?«, fragte Wegener. »Die ihre Rosen nur von Fischer gegossen haben wollten und von niemandem sonst?«
    »Die meisten lernen den, der sich um ihren Garten kümmert, gar nicht kennen. Die sind morgens um sieben weg und abends spät wieder da.«
    »Aber die Ehefrauen bleiben meistens zu Hause, oder?«
    »Dr . Wanser«, sagte Dörnen. »Emil war häufig bei Dr . Wanser. Und der hat keine Ehefrau.«
    »Das tut uns natürlich leid«, sagte Kayser. »Was hatte Dr . Wanser denn Schönes für unseren Emil?«
    » Confetti , Fair Play und Helmut Schmidt «, sagte Dörnen.
    »Ich tippe auf Rosen«, sagte Brendel. »Andernfalls müsste ich Sie fragen, ob Sie getrunken haben.«
    »Und natürlich die Süße Mielke und Honeckers Hochgenuss . Fischers eigene Zuchtlinien.«
    »Wer ist dieser Wanser?«
    »Dr . Gert Wanser«, sagte Meffert. »Die Rechte Hand von Dath.«
    »Kulturminister«, erklärte Wegener.
    »Aha.« Kayser sah enttäuscht aus. »Und ist der zu sprechen, dieser Dr . Wanser?«
    Meffert warf das Zigarillo in Richtung Waldrand und blies den letzten Rauch durch seine gelblichen Zähne. »Seit zwei Tagen mit Dath in Bulgarien. Irgendeine Literaturrundreise.«
    »Aber wir können Kontakt aufnehmen?«, fragte Brendel.
    »Über das Ministerium«, sagte Meffert. »Telefon müssten sie mittlerweile haben, die Bulgaren. Was glaubt denn die Polizei, worum es Fischer ging? Anschlagpläne?«
    »Nein.« Brendel lehnte sich an den Buggy. »Dafür hätte er keine zehn Jahre in der Erde wühlen müssen. Und ich nehme an, Bomben oder Waffen hätte selbst Fischer hier nicht reinbekommen, oder?«
    Meffert lächelte. »Das nehme ich auch an. Was dann? Spionage?«
    »Wir wissen es nicht«, sagte Wegener. »Vielleicht auch nur Informationsbeschaffung für den Eigengebrauch. Oder er hatte ein brennendes Interesse an bulgarischen Literaturreisen.«
    »Warum denken Sie eigentlich sofort an einen Anschlag?«, fragte Kayser.
    Meffert sah prüfend in die Runde. »Na, wegen dem Knall natürlich.«
    Kayser machte ein Kindergesicht. »Da ist doch nur eine Gasleitung hoch gegangen.«
    Meffert sah ihn an. »Genau. Und die sechs Volvos eben, das war der Kundendienst von Gazprom.«

13
    I ch war Nazi, hatte Früchtl mit schwerer Goldkronezunge gesagt, tief in seinen grünen Sessel versunken, dann war ich Kommunist, ich war jung, was hätte ich damals anderes sein sollen, als Nazi, Kommunist, Faschistensozialist. Und heute bin ich Bürger. Ein festgesetzter, alter Bürger hinter Mauern zwar, aber ein Bürger. Wenn diese Nazi-Kommunist-Bürger-Erfahrung in irgendeiner Form lokalisierbar wäre, extrahierbar, aus dem Stammhirn abzusaugen, in ein Serum

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