Planet 86 - Abnett, D: Planet 86 - Embedded
nickte.
»Kann ich das mitnehmen?«
»Nein.«
»Eine Kopie?«
»Nein.«
»Aber ich darf darauf vertrauen, dass Sie darauf Acht geben?«
»Ja.«
»Und nichts Dummes damit anstellen?«
»Ja«, sagte sie.
Cleesh hatte geweint.
»Du kommst spät«, sagte sie.
»Das liegt nicht gerade auf meinem Weg«, erwiderte er. Er betrachtete sie und kniff die Augen zusammen.
»Hast du geweint?«
»Meine Augen haben Ärger gemacht«, entgegnete sie. »Ich hab dir neulich davon erzählt. Tränenkanal, irgendwas mit Feuchtigkeit. Ich war zu lange in ’ner Dose. Hab’s dir erzählt.«
Ihm fiel ein, dass sie etwas in dieser Richtung gesagt hatte. Es war nicht das erste Mal, dass er sie mit rosafarbenen verquollenen Augen zu Gesicht bekommen hatte. Ihm ging allmählich auf, dass er sie, als Person, so gut wie gar nicht kannte. Er wusste nicht, ob sie unter Allergien litt, ob sie zum Tränenfluss neigte, ob rosafarbene verquollene Augen bei ihr normal waren.
Die sieben Fuß hohen Aluminiumbuchstaben, die auf dem Betonvorplatz aufgestellt worden waren, ergaben die Worte PIONEER USEUM , weil das erste M in »Museum« auf mysteriöse Weise durch unbekannte Hand abhanden gekommen war. Der Platz befand sich knapp außerhalb von Equestrian in einem Gebiet, das von den Stadtplanern für Parks und Denkmäler bestimmt war. Irgendwann vor drei oder mehr Jahrzehnten hatte jemand auf Teufel komm raus ein beträchtliches Kapital in ein Museum investieren wollen, das die Besiedlung von Sechsundachtzig feiern sollte. Allerdings hatten damals nach wie vor noch viele andere Aspekte der Infrastruktur von Sechsundachtzig Mittel nötig gehabt, daher war das Projekt auf Eis gelegt worden. Es war nicht die erste Welt, die Falk besucht hatte, auf der ein großartiger Plan zum Gedenken an eine Sache eingemottet worden war.
Unkraut war zwischen den Platten in der Halle, dem farbigen Kies in den Beeten und den Wegen emporgeschossen. Keinerlei Zierpflanzen waren je gesetzt worden, also hatte das Unkraut auch dort die Lücken gefüllt und den Rasen ersetzt, wo das Gras nicht wild durcheinander wucherte. Das Museum war als weite Halle angelegt, wie eine Schiffswerft oder ein klotziger Hangar. Die Bauarbeiten waren eine oder zwei Wochen, bevor das Dach wasserdicht geschlossen worden war, zum Stillstand gekommen; Regenrinnen waren in sich zusammengesackt. Bunte Oberlichter in dem weit gespannten Dach waren herabgefallen. Dürre Blätter des vergangenen Winters und Samenhülsen waren durch die halb offenen Haupttore hereingeweht und bildeten riesige, körnige Haufen. Schwirrer hatten sich in den Dachbalken eingenistet. Hier und da summten sie wie verrückt, fast wütend, um ihre Nistplätze, als hätte ein Wirbelsturm einen Teil der dürren Blätter hochgesaugt.
Falk folgte Cleesh ins Innere. Das Museum wäre großartig, luftig, hell gewesen. Selbst aus dem halb vollendeten und vernachlässigten Anschein ließ sich erkennen, dass der Architekt etwas von seinem Handwerk verstanden hatte.
Es war ein Museum der Abwesenheit und leeren Räume, eine Erinnerung an Abgründe. Sockel und Vitrinen waren nie gefüllt, Plaketten mit Erläuterungen nie gedruckt oder angebracht worden. Weiße Steinblöcke und elegante Metallgerüste stützten nichts, das die Öffentlichkeit hätte betrachten können.
Die einzigen berührbaren Ausstellungsstücke waren die drei großen, für den Transport von Menschen geeigneten bulligen Landefahrzeuge, die den größten Teil des Gebäudes einnahmen. Jedes ruhte in seiner gegossenen Steinwiege. Ihre erodierten Hüllen aus martensitausgehärtetem Stahl waren fleckig und farblos geworden, geschwärzt und versengt von zahllosen Eintritten in die Atmosphäre, aber es war nach wie vor möglich, das schwarz-weiße Farbmuster sowie das Blattsilber der Klopfer und Verbindungsstücke zu erkennen, das klobige Rot der United Status sowie die Identifikationsnummer des SOE. Diese riesenhaften Metalltrommeln hatten die ersten Siedler heruntergebracht. Fred Shaver war an Bord gewesen, vermutlich auch seine Frau Ginger.
»Warum hier?«, fragte Falk.
Sie ging weiter. Manchmal vergaß er, wie massig sie war und welche Anstrengung es für sie bedeutete, zu Fuß zu gehen.
»Niemand kommt hierher«, erwiderte sie.
»Hätte ich einen Trenchcoat mit hochgeschlagenem Kragen anziehen sollen?«, wollte er wissen.
Sie lachte nicht.
»Komm einfach mit! Hier besteht ein gewisser Grad an Abgeschiedenheit. Dieses ganze Parkgebiet ist nicht verlinkt.«
Er
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