Planet am Scheideweg
Gossen, der sie am Ellbogen gefaßt hatte und über eine Treppe aus altersdunklen Bohlen führte. Das Schild der Bar bestand aus poliertem Messing.
»Ich habe den Eindruck, daß diese Mühle ein Geheimnis ist!« meinte Diona leise.
»Keineswegs. Aber reserviert für besondere Gäste. Das wird sich ein halbes Jahr oder so halten, dann wechselt das Publikum. Genießen wir noch ein wenig die Ruhe, Freundin.«
»Einverstanden.«
Sie gingen die Bohlentreppe aufwärts. In den feuchten Atem des Nebels mischten sich verschiedene Gerüche. Ein Geruch entsprach abgeernteten Feldern, denen man noch den heißen Brodem des Sommers anmerkte. Dann roch es nach Gras und feuchtem Moos. Dann nach lebenden Tieren. Der schwache Wind, der die Nebel ganz leicht bewegte, brachte die vielfältigen Gerüche von Essen und Speisen heran. Die Treppe schlängelte sich so durch verschiedene Zonen die Gerüche aufwärts und endete vor einer Tür, die mit poliertem, gepunztem Metall verkleidet war. Gossen betätigte einen Druckknopf.
»Kennwort?« flüsterte ein Lautsprecher.
»Das Getränk des Vergessens!« gab er zurück und zog Diona kurz an sich.
»Treten Sie ein!«
Lautlos schwang die Tür nach innen auf. Sanftes Licht und Wärme schlugen ihnen entgegen. Sie traten ein, während sich die Tür wieder hinter ihnen schloß. Ein kurzes Stück Korridor, ausgestattet mit wertvoller Täfelung und einem weichen Teppich, mit alten Bildern und Vorhängen, breitete sich aus.
»Toll!« sagte Diona.
»Das ist erst der Eingang!« entgegnete Gossen Jurnau.
Sie gingen geradeaus, bis sie zu einer Garderobe kamen. Jurnau nahm ihren Mantel ab und gab auch seinen dem jungen Mädchen, das ihn anlächelte, als sei er ein alter Bekannter. Dann stiegen sie in eine Liftkabine und glitten damit zwanzig Meter aufwärts. Sie verließen den Lift und traten in eine kleine ruhige Bar. An der langen, vielfach abgewinkelten Theke gab es nicht weniger als zwanzig Hocker, von denen etwa ein Drittel besetzt war. Diona hatte einen klaren Blick dafür, und auch die kleinen Gesten der Begrüßung, die mehr Gossen Jurnau galten als ihr, bewiesen es: die Gäste waren meistens Piloten mit ihren Freundinnen oder Frauen. Gossen gab die Grüße zurück und dirigierte Diona auf einen Hocker am kurzen Ende der Bar.
»Abgesehen vom Beifall«, sagte Gossen. »Was darf ich dir bestellen?«
Diona sah sich langsam um, dann bemerkte der Raumfahrer, daß sich ihre Hand um das winzige Abendtäschchen krampfte.
»Einen schnellen Wagen zurück in die Stadt!« sagte sie mit völlig veränderter Stimme. Der intime Zauber des halbdunklen Raumes war für sie zerbrochen.
Ungläubig erkundigte sich Gossen:
»Höre ich recht?«
»Ja.«
»Aus welchem Grund?«
In dem Augenblick, als sich Diona auf den Hocker setzte, hatte sich die Stimmung in dem kleinen, warmen Raum verändert. Es war, als ob alle Anwesenden den Atem anhielten und auf ein besonderes Ereignis warten würden.
»Aus welchem Grund willst du hier fort, Diona?« fragte Gossen und drehte langsam den Kopf in die Richtung, in die Diona blickte. Dann begriff der Raumfahrer.
»Genau aus diesem Grund, Gossen!« sagte sie tonlos.
Gossen und das Mädchen blickten den großen, grauhaarigen Mann an. Er saß keine zehn Meter von ihnen entfernt. Ihm gegenüber an einem kleinen Tisch saß die düstere Gestalt des Rates für »Sonstiges«, Wsanimir Blok.
Ousmane Diack erkannte seine Tochter, zuckte zusammen und sagte leise etwas zu Blok, der überrascht aufblickte. Dann stand Ousmane auf und kam auf Diona und Gossen zu. Zwei Meter vor ihnen blieb er stehen. Langsam wanderten seine Blicke zwischen Gossen und Diona hin und her.
»Es freut mich, dich zu treffen!« sagte er leise und streckte die Hand aus. Diona blieb auf dem Hocker sitzen und erwiderte eiskalt:
»Das kann ich nicht behaupten. Einer von uns ist hier in diesem Raum zuviel. Da Sie, Vater, der Ältere und Ranghöhere sind, werde ich gehen. Gossen, bitte meinen Mantel.«
Ousmane atmete langsam ein und aus. Jetzt wirkte er wie ein Mann, dessen Schultern von einer schweren Last niedergedrückt wurden.
»Ich muß mit dir reden!« sagte er.
»Worüber?« fragte Diona kühl.
»Unter anderem über diesen Verwegenen von Blacklanders Idee.«
Diona fragte kurz:
»Warum?«
»Yebell Le Monte hat vor wenigen Stunden einen Akt offensichtlicher Sabotage begangen. Vor Zeugen. Dein Freund Paik war dabei. Er sabotierte den Start eines Roboterschiffs.«
»Er sabotierte also?« murmelte
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