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Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Titel: Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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Kopf und Bärenkrallen um den Hals. Ja, das war eine edle Rasse, roh und natürlich und unverdorben.
    Weniger bekannt sind die früheren Porträts aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Häuptling Major Ridge mit seiner Beethoven-Frisur, im feinen blaugrauen Anzug und mit hochgeschlossenem Vatermörder-Kragen blickt den Betrachter nicht grimmig an, wie ein Major gucken soll, sondern seriös-väterlich (er war ja auch kein Major – das war nur sein Vorname); Häuptling John Ross residiert gutbürgerlich am Schreibtisch, in schickem Gehrock und bestickter Weste wie Goethe. Selbst später gab es Fotos in ähnlicher Art: Mit seiner langen Vokuhila-Frisur, Schnurrbart und lässig gebundener Fliege sieht Oberst E.C. Boudinet aus wie der Dandy-General Custer; und die Dame namens Walini würde mit ihren langen, glatten Haaren und dem hochgeschlossenen schlichten karierten Bauernkleid aussehen wie eine Pionierfrau, wenn ihre Haut nicht so dunkel wäre.
    So kleideten sich die so genannten »zivilisierten« Indianer des Südwestens. Nachdem der Handel mit Fellen das Rotwild in ihrer Region beinahe zum Aussterben gebracht hatte, entschied sich der Stamm der Cherokee, auf die Lebensweise der Weißen umzusteigen. Von der amerikanischen Regierung bekamen sie Schweine und Rinder, Spinnräder und Baumwollsamen gestellt. Sie errichteten Zäune um Grundstücke, Häuser, Straßen und öffentliche Dorfplätze; die Männer ließen die Jagd hinter sich und wurden zu Schmieden, Bäckern und Farmern. Ihre Ansiedlungen wuchsen. Sie luden Missionare ein, um Schulen zu gründen, und bald konnten mehr Cherokee-Indianer als Weiße im Bundesstaat Georgia lesen und schreiben.
    Chief James Vann machte eine Kneipe auf, betrieb eine Fähre und leitete eine Plantage, die sein Sohn dann ausbaute, bis er 150 Sklaven brauchte, um sie am Laufen zu halten. Major Ridge baute sich eine Villa in Rome, Georgia. Chief John Ross betrieb eine Handelsfirma und richtete einen Fährbetrieb ein. Elias Boudinot gab eine zweisprachige Zeitung heraus, die Cherokee Phoenix .
    Nicht alle Cherokee schlossen sich den »Zivilisierten« an, aber es waren genug, um 1825 das Städtchen New Echota als Hauptstadt der Cherokee Nation mitsamt Polizei, Gericht, Parlament und Verfassung zu gründen. Man könnte sagen, sie waren perfekt integriert.
    Doch es brachte ihnen gar nichts.
    Je mehr Einwanderer in den USA eintrafen, desto mehr Raum benötigten sie, und das Land der Indianer lag einfach so brach. Der junge Staatenbund brauchte viele neue Siedler – je mehr, desto besser. Neubürger wählten, sie zahlten Steuern, sie stellten die Angehörigen des Militärs und trieben die Wirtschaft an. Die Indianer nicht. Indianer waren ja keine Bürger der USA – damals nicht. Die einzelnen Stämme verstanden sich jeweils als souveräne Staatengebilde (»Nations«), und wir Amerikaner waren quasi die Parallelgesellschaft, die um sie herum anwuchs und sie zunehmend in die Ecke drängte. Immer wieder siedelten Weiße illegal auf Indianerland, immer wieder versuchten diese, sie zu vertreiben, und immer wieder kam die Kavallerie und nahm die Weißen in Schutz. Im Bundesstaat Georgia, wo viele der »Five Civilized Tribes« ihre Gebiete hatten, herrschte im Grunde dauernd Krieg, und die Tradition des Krieges als Immobiliengeschäft der etwas anderen Art sollte lange Zeit anhalten: In hundert Jahren führte Amerika fast 80 militärische Auseinandersetzungen mit den Indianern. Das Amt für Statistik schätzte 1894, dass in den Kriegen mit den Indianern bis dahin rund 19.000 Männer, Frauen und Kinder auf amerikanischer Seite und 30.000 aufseiten der Indianer ihr Leben verloren hatten.
    Als die Einwanderer-Ströme anschwollen, gingen die Bundesstaaten irgendwann formlos dazu über, Indianerland an Siedler einfach zu verschenken oder zu verkaufen, und in den 1830ern kam es dann zu den »Indian Removals«.
    Der »southern gentleman« Andrew Jackson war gerade ins Präsidentenamt gekommen und wie viele seiner Landsleute der Meinung, es sei besser für alle, wenn die Indianer etwas weiter westwärts in Frieden unter sich leben würden. Der Vorschlag war schon einmal vor den Kongress gekommen und abgelehnt worden, doch jetzt drückte Jackson ihn kurzerhand durch, sodass mit einer sehr knappen Mehrheit ein Gesetz verabschiedet wurde: Die Indianer würden den Mississippi überqueren. Und zwar freiwillig – da ließ man ihnen keine Wahl.
    In die Ecke gedrängt, sagten einige zu: Der »zivilisierte«

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