Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)
Apple das Windows-Interface geklaut: »You’re ripping us off!«, schrie er. »Ich habe dir vertraut, jetzt klaust du von uns!«
Gates blieb ruhig. »Na, Steve«, sagte er. »Ich sehe das so: Wir hatten beide einen reichen Nachbarn namens Xerox, aber als ich in sein Haus einbrach, um seinen Fernseher zu klauen, stellte ich fest, dass du ihn schon geklaut hattest.«
Das Wort »tweak« ist relativ neuen Ursprungs, das Konzept aber alt. Schon im 18. Jahrhundert gab es dafür den passenden Spruch: »Build a better mousetrap and the world will beat a path to your door.« – »Bau eine bessere Mausefalle, und die Welt wird dir die Tür einrennen.«
Die Redewendung wird dem Philosophen Ralph Waldo Emerson, dem Gönner von Henry David Thoreau, zugeschrieben. Was er tatsächlich gesagt hat, war deutlich länger und hatte weniger mit Mäusen denn mit Stühlen, Messern und Kirchenorgeln zu tun. Die »getweakte« Version jedoch ist besser.
Gemeint ist: Man muss nichts Neues erfinden, man muss nur das, was es schon gibt, optimieren. Allerdings ist es nicht immer leicht, eine schon vorhandene Erfindung zu verbessern. Das sieht man schon daran, dass beim amerikanischen Patentamt seit der Zeit von Emerson über 4.400 Patente für neue Mausefallen angemeldet wurden. Damit ist die Mausefalle die meistpatentierte Erfindung der USA . 4.399 Patenthalter haben es aber offenbar nicht geschafft, eine bessere Mausefalle zu bauen, denn noch immer benutzen die meisten Menschen auf dieser Welt die einfache federbetriebene Mausefalle, die William C. Hooker 1894 in Illinois erfand. Man könnte den Spruch also zumindest ergänzen: »Ist aber die bessere Mausefalle schon da, erfinde etwas anderes …«
Auffällig ist: Wir wollen vor allem uns selbst »tweaken«.
Selbsthilfebücher sind ja keine amerikanische Erfindung – sie gab es schon in der Antike und im Mittelalter, damals jedoch nur für Adelige, manchmal auch für Großbürger. Wir Amerikaner jedoch schreiben sie für jedermann.
Schon George Washington trug ein kleines Buch mit 110 Verhaltensregeln bei sich. Seine Rules of Civility lauteten zum Beispiel: Immer jenen kleinen Funken himmlischen Feuers, den man Gewissen nennt, am Leben erhalten! Nicht über andere Personen herablassend sprechen, auch wenn sie selber dazu Anlass geben! Und: Auf gar keinen Fall in Gesellschaft gurgeln!
Zu Zeiten der »Großen Depression«, als der wirtschaftliche Misserfolg eines ganzen Landes verheerende Ausmaße annahm und die meisten Amerikaner zum ersten Mal wirklich schwarzsahen, wurden Selbsthilfebücher fast zu einer Art neuen Religion. Sie machten das Streben nach Erfolg zu einer Lebensauffassung, die alles andere mit einbezog: Freundschaft, Familie und persönliches Lebensglück waren vom Erfolg fortan nicht mehr zu trennen.
Dale Carnegie machte mit seinem Buch Wie man Freunde gewinnt: Die Kunst, beliebt und einflussreich zu werden den Anfang. 1936 kam er zu dem Schluss, dass die Misere der Menschen nicht allein auf ihre wirtschaftlichen Verhältnisse zurückzuführen sei, sondern auch darauf, dass sie nicht mehr an den Erfolg glaubten. Wer sich ärgert, dass er in amerikanischen Geschäften immer grundlos von wildfremden Menschen mit breitem Lächeln und schmierigem »How are you doing today?« begrüßt wird, muss einen bösen Brief an Carnegies Verlag schicken: Denn der ist schuld!
Schon im Jahr darauf erschien Napoleon Hills Denke nach und werde reich , eine Anleitung, die Schritt für Schritt erläutert, wie man den Erfolg durch die Macht der eigenen Gedanken steuert. 1952 legte dann der Prediger Norman Vincent Peale mit seinem womöglich noch einflussreicheren Werk Die Kraft positiven Denkens nach, in dem er Hills Erfolgsmagie auf praktischen Optimismus reduzierte. Ihm verdanken wir solche Sprüche wie: »Wenn es keinen Spaß macht, machst du es falsch« und den heute noch beliebten Kalauer: »Wenn dir das Leben eine Zitrone gibt, mach Limonade daraus«, wobei man wissen muss, dass mit »Zitrone« eine Niete bzw. ein Montagsauto gemeint war.
Auch wenn es cool ist, sich über »positives Denken« lustig zu machen, diese Bücher haben uns geprägt wie die Bibel, ihre Botschaften sind zu einem festen Bestandteil unserer Psyche geworden.
Selbst Erscheinungen wie Scientology hätte es ohne Carnegie & Co. nicht gegeben. Ihr Erfolg beruht auf dem gleichen Versprechen wie die Bücher: Scientology will den eigenen Mitgliedern einerseits praktische Tipps im Umgang mit anderen Menschen geben
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