Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)
dem Hund spazieren gehen und Sie beide denselben Baum an der Ecke benutzen;
– wenn »Fastfood« für Sie bedeutet, dass Sie mit 120 Sachen ein Wildschwein überfahren haben;
– wenn Ihr Stammbaum sich nicht verzweigt!
Ja, es stimmt, wir machen uns gern lustig über Rednecks. Wir nennen sie so, weil sie auf dem Feld arbeiten und dabei einen Sonnenbrand bekommen. Wir haben aber noch mehr nette Bezeichnungen für sie: »white trash« – weißer Müll –, wenn sie arm sind, aber nicht schwarz; Hillbillies, wenn sie aus den entlegenen Bergen – »hills« – stammen und kaum richtig Englisch können; »country bumpkins«, »yokels« und »hicks«, weil sie Landeier sind; die Allerärmsten unter ihnen nennen wir »clay-eaters« – »Erdfresser« –, weil sie Erde essen, wenn sie Hunger haben und keine andere Möglichkeit finden, ihren Bauch zu füllen.
Sie leben in den Bergen von Kentucky, in den Sümpfen von Florida, in der Prärie von Kansas und Oklahoma, in den Maisfeldern von Iowa und Indiana, kurz, im ganzen »flyover country« zwischen New York und Los Angeles. Sie fahren Pick-ups – und eine Schrotflinte im Kofferraum spazieren. Sie haben die High School nicht geschafft und wissen nicht, wo Europa liegt; oder sie gehen auf eine Uni, die von einem TV -Prediger betrieben wird – und wissen immer noch nicht, wo Europa liegt. Sie hören Country, Heavy Metal und Tom Petty. Selbst in den Simpsons macht man sich über sie lustig – dort sind sie noch dümmer als Homer. Sie heiraten ihre Kusine, hoffentlich erst nach ihrem 13. Geburtstag.
Wenn sie einen Schnapsladen überfallen, kennen sie den Eigentümer und auch den Polizisten, der sie Minuten später abholt. Sie lieben Catchen und Monster-Trucks, sie haben NASCAR zu einem der größten Autorennen der Welt gemacht. Auf ihrer Liste der besten Filmen aller Zeiten steht Saw IV ; sie gucken ihren Gottesdienst im Fernsehen. Sie haben Verständnis für den Ku-Klux-Klan und die alte Flagge der Südstaaten aus dem Bürgerkrieg im Wohnzimmer hängen, weil sie nicht vergessen mögen, dass sie damals verloren haben. Ihr leidenschaftlichstes politisches Engagement zeigen sie, wenn es um die Todesstrafe und das Recht auf Waffenbesitz geht.
Ach ja: Und es gibt so viele von ihnen, dass sie es sind – und nicht die linken Intellektuellen in New York und Hollywood –, die den Präsidenten bestimmen.
Wir behaupten zwar gern, unsere Vorfahren seien tapfere Rebellen gewesen, die nur religiöse Freiheit suchten, oder gelehrte Autodidakten und Philosophen wie Thomas Jefferson, George Washington und Benjamin Franklin, voller Witz, Weitblick und Mut. Stimmt nicht. Von ihnen stammen die allerwenigsten ab. Die meisten von uns stammen von Leuten ab wie den Hatfields und den McCoys.
Die berüchtigte, wohl aus England stammende Familie Hatfield betrieb ein großes, lukratives Sägewerk auf der Virginia-Seite des Tug Fork River. Auf der Kentucky-Seite des Flusses lebten die aus Schottland eingewanderten McCoys, die finanziell weniger erfolgreich waren, dafür aber sehr kinderreich. Beide Familien waren stolz darauf, im Bürgerkrieg gekämpft zu haben – die mächtigen Hatfields auf der Verliererseite, die McCoys, die teilweise für die Hatfields gearbeitet haben, dagegen für den siegreichen Norden.
1865 wurde ein McCoy bei der Heimkehr aus dem Krieg erschossen. Der Mord wurde zuerst dem reichen und mächtigen Patriarchen des Hatfield-Clans mit dem bezeichnenden Spitznamen »Devil Anse« (Teufel Anderson) angelastet, aber der hatte zu der Zeit krank zu Hause gelegen, und der Verdacht fiel deshalb schnell auf seinen Onkel (Historiker vermuten, zu Recht). Trotzdem hielten sich die McCoys vorbildlich zurück: Einige von ihnen äußerten sogar nicht ohne eine gewisse Selbstkritik, dass jeder, der in dieser Gegend gegen den Süden gekämpft habe, wusste, was er tat.
Dreizehn Jahre später wurde ein weiterer McCoy ermordet. Diesmal ging es um etwas Handfestes: ein Schwein. Da war die Geduld der McCoys zu Ende.
Die Hatfield-McCoy-Fehde dauerte schließlich 25 Jahre und hatte alles, was eine richtig blutige Familienfehde so braucht: 13 Mordopfer, rund dreimal so viele Mörder (sie mordeten gern in Gruppen: Mehrere Brüder lockten einen Einzelnen in einen Hinterhalt und durchsiebten ihn mit Kugeln), sogar eine Romeo-und-Julia-Romanze zwischen Roseanna McCoy und Devils Sohn Johnson Hatfield, die natürlich böse ausging, Verhaftungen, Streitigkeiten vor Gericht, bei dem einer der
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