Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)
»Hoppla, da würde gut ein ›Dunkin’ Donuts‹ hinpassen.« Wir fressen uns an Fastfood tot, und wenn wir endlich satt sind, schieben wir eine Ladung Junkfood hinterher. Wir denken den ganzen Tag lang nur ans Kaufen, Kaufen, Kaufen. Wir wollen alles, wir wollen immer mehr, und wir können nicht genug kriegen, ob wir es brauchen oder nicht.
Ich hasse diese Klischees. Ich finde sie diskriminierend, kurzsichtig, ignorant und grenzwertig völkerverhetzend. Und das Schlimmste:
Sie sind alle wahr.
Wir Amerikaner machen nur 5 Prozent der Weltbevölkerung aus, aber wir verschlingen 20 Prozent des weltweit produzierten Stroms. Ein Amerikaner konsumiert so viel Energie wie 370 Äthiopier. Unser täglicher Ölverbrauch liegt laut » US Energy Information Administration« höher als der von Südamerika, Europa und Asien – zusammen. Laut dem » US Bureau of Transit Statistics« fahren rund 256 Millionen Autos und 7,7 Millionen Motorräder auf unseren Straßen und geben zusammen 1,5 Milliarden Tonnen CO 2 pro Jahr ab. Während die Hälfte der Weltbevölkerung mit 94 Litern Wasser pro Person täglich auskommt, braucht ein durchschnittlicher Amerikaner 600 Liter. Und derselbe Amerikaner produziert 52 Tonnen Müll, bis er 75 Jahre alt ist.
Wir können einfach nicht aufhören.
Manchmal erschreckt es mich selbst: Ich kehre nach Amerika zurück, nachdem ich ein Jahr oder länger nicht mehr da war, und die ganze Werbung prasselt ungeschützt auf mich ein. Werbung sehe ich ja auch jeden Tag in Deutschland, und zwar genug und auch nicht gerade die allerbeste, aber in den USA ist alles lauter, schriller und aufdringlicher. Und mehr.
Aus dem Fernseher plärrt es unablässig: Dieses Bauch-Weg-Fitnessgerät für fast umsonst wird mein Leben ändern, das sagen wirklich sämtliche Experten. Und da sind sie dann auch, die Experten: Einer nach dem anderen grinst in die Kamera und versichert mir, dass es wirklich wahr ist. Und hätte ich nicht Lust auf ein saftiges Stück Fleisch mit einem riesigen Klumpen Käse obendrauf? Diese goldenen Farben, die züngelnden Flammen unterm Grill, das Brutzeln des Fleisches, da läuft mir schon das Wasser im Mund zusammen. Oder habe ich Rückenschmerzen? Bin ich deprimiert? Leide ich unfairerweise an Übergewicht? Diese Pillen sind ganz neu, ein Durchbruch in der Medizin, und wenn sie nicht funktionieren, gibt’s im nächsten Werbespot einen Anwalt, der die Hersteller gerne für mich anklagt, bitteschön. Ich kann mir keinen Anwalt leisten? Kein Problem! Kenne ich denn noch nicht diese brandneue Platinum-Kreditkarte für wirklich jeden?
Als das zum ersten Mal passierte, bekam ich schon nach wenigen Minuten Kopfweh und dachte: Mein Gott, diese Europäer haben wirklich recht, mein Land ist durch und durch verdorben, es ist hoffnungslos, wir sind zu einem Volk von Konsum-Idioten geworden. Wir tun alles, was uns in der Glotze gesagt wird, wir kaufen uns zu Tode, wir fressen uns zu Tode, wir fahren, schauen, unterhalten uns zu Tode.
Verzweifelt ging ich in der Stadt spazieren, um der Berieselung zu entkommen. Auf einem Werbeplakat las ich dann auf schwarzem Grund den weißen Schriftzug: »Demand More.« – »Verlange mehr.« Ich musste gegen ein unheimliches inneres Verlangen ankämpfen, das mich drängte, hinzugehen und mich zu erkundigen: »Mehr was?«
Doch, doch, wir Amerikaner sind ein gieriges Volk. Wir wollen mehr, und wenn wir es bekommen, wollen wir noch mehr, so lange, bis nichts mehr da ist …
Wenn man von den ausgestorbenen Tierarten Amerikas spricht, geht es immer wieder um den Bison. Der ist aber gar nicht ausgestorben, sondern vermehrt sich inzwischen so munter, dass es sogar wieder politisch korrektes Bisonsteak gibt.
Viel tragischer ist das Schicksal der »passenger pigeon« – der amerikanischen Wandertaube.
Als die Engländer ihre ersten Kolonien an der Ostküste gründeten, waren sie erstaunt, wie viele Vögel es hier gab. Vor allem die Wandertaube war überall – eine etwas größere Taube mit roter Brust, die es nur in Amerika gab und die in riesigen Schwärmen umherzog. Ein Beobachter beschrieb 1866 einen Schwarm, der eine Meile breit war und 300 Meilen lang. Es dauerte 14 Stunden, bis er vorübergeflogen war.
Die Amerikaner sahen dieses unglaubliche Spektakel und dachten sich: »Hm, lecker!« Die kommerzielle Jagd begann im frühen 19. Jahrhundert im großen Stil. Mit Schrotflinten, Netzen oder mit in Alkohol getränktem Getreide holte man die Dinger vom Himmel und
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