Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)
Running Gag geworden ist:
Als Steve Martin in der Kinokomödie L. A. Story 1991 seine Freundin besuchen will, geht er aus dem Haus, über den Rasen zum Auto, das am Straßenrand geparkt ist, steigt ein, fährt das Auto drei Meter vorwärts, parkt vor dem Nachbargrundstück, steigt aus, geht über den Rasen und klingelt … Und eine unserer erfolgreichsten Fernsehsendungen ist nicht zuletzt deswegen so beliebt, weil sie uns kontinuierlich und penetrant unsere liebsten Sünden wie Umweltverschmutzung, Konsumwahn und Fastfood-Sucht unter die Nase reibt. Ich rede natürlich von The Simpsons .
Das Problem mit dem Thema Umwelt ist heutzutage: Wir Amerikaner haben einen echt kurzen Geduldsfaden, wenn es um Moralapostel geht (außer in der Kirche natürlich). Anfangs lauschen wir ihnen gebannt, begeistern uns für sie und folgen ihnen ein Weilchen, dann reicht es uns plötzlich, und wir können sie nicht mehr ausstehen. Und es gibt eben keine schlimmeren Moralapostel in unserer Zeit als die Umweltschützer.
In den 1970ern waren die Aktivisten Noam Chomsky und Ralph Nader große, respektierte Namen. Heute sind sie eher Witzfiguren – aber nicht, das muss mal klargestellt werden, weil sie die Umwelt lieben, sondern weil sie es ohne jeden Humor tun. Und auch der arme Al Gore – zwar glauben viele, er wäre ein besserer Präsident als George W. Bush gewesen; aber obwohl er für sein Engagement bzw. für seinen Film Eine unangenehme Wahrheit den Friedensnobelpreis und (noch besser) den Oscar bekam, ist er in Amerika vor allem dafür bekannt, langweilig zu sein. Selbst als er nach 40 Jahren Ehe die Trennung von seiner Frau bekannt gab, wurde allerorten gewitzelt: »Niemand kennt den Grund«, überlegte etwa der Fernsehkomiker Bill Maher, »aber es geht das Gerücht um, dass er letzte Woche früher nach Hause kam und den ökologischen Fußabdruck eines anderen Mannes fand.« Und er setzte hinzu: »Allerdings hat man schon länger gemerkt, dass er einsam war – immer wenn er einen Baum umarmte, hielt er ihn ein bisschen länger fest als angebracht!«
Das brisanteste Diskussionsthema unter amerikanischen Umweltschützern ist heute nicht mehr, wie man die Menschen auf die bedrohte Natur aufmerksam machen kann, sondern wie es bloß dazu kommen konnte, dass Umweltschutz so uncool wurde. Engagierte Naturfreunde suchen nach immer extremeren Möglichkeiten, um auf sich aufmerksam zu machen. Zum Beispiel der »No Impact Man«:
Ein Jahr lang hat Colin Beavan mit Frau und Kind in seinem kleinen New Yorker Apartment versucht, mit »zero impact« zu leben. Zero impact – das bedeutet: null negativer Einfluss auf die Umwelt, quasi ein schwebender ökologischer Fußabdruck, echt Öko-Engel-mäßig.
Beavan produzierte keinen Müll, verbrauchte keinen Strom und brachte auch andere nicht dazu, für ihn Ressourcen zu verschwenden. Dazu musste die Familie nur eine Handvoll simpler Regeln befolgen: Keinen Müll außer Kompost produzieren; keine Nahrungsmittel kaufen, die nicht innerhalb eines Radius von 250 Meilen gewachsen sind; keinen Brennstoff verbrauchen, weder zum Heizen noch für den Transport (den eigenen Körper inklusive), und Papier war tabu. Darunter fiel übrigens auch »Toilettenpapier«.
Wie muss man sich das vorstellen? Seine Wohnung roch nach Kompost. Der Kühlschrank war nicht eingestöpselt. Olivenöl war verboten, der Essig aus Obstresten selbstgemacht. Keine Kaffeemaschine. Natron statt Zahnpasta. Und was Toilettenpapier angeht: Es gab auch keinen Ersatz. Einfach nichts. Im Bad stand ein Eimer Wasser. Den Rest können Sie sich denken.
Was ist das Schlimmste für ihn gewesen? Die Kleidung mit der Hand zu waschen, sagte er später. Der Zeitaufwand sei enorm, es habe den ganzen Tag durcheinandergebracht. Das Beste? Ohne Fernseher konnte er viel mehr Zeit mit seiner Tochter verbringen – sie sind ständig mit dem Rad durch New York gegondelt und haben die Stadt entdeckt.
Und wie kam seine Frau damit klar? Nun, es wurde irgendwann bekannt, dass sie sich auffallend häufig in den Cafés der Gegend herumgetrieben hat … vor allem in denen mit Klopapier. Gut möglich, dass sie dort sogar die eine oder andere Tasse Kaffee zu sich nahm.
Heute weiß jeder, der einen Fastfood-Hamburger isst, dass er damit nicht nur seine Gesundheit ruiniert, sondern auch eine riesige reiche Firma noch reicher macht und mit dem ganzen Müll, dem Energie- und Wasserverbrauch im Zusammenhang mit der Produktion des Hamburgers die Umwelt schädigt.
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