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Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Titel: Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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ihre Heimat, wirtschaftlich am Boden, endlich die Industrialisierung auch für sich entdeckte, und dann nochmals ein großer Schwung nach dem Scheitern der Revolution von 1848/49. Einige wollten in Amerika gleich einen eigenen deutschen Staat gründen, die meisten aber wollten nur weg von zu Hause – natürlich aber ohne ihre geliebte Kultur zurücklassen zu müssen.
    Das merkt man noch heute an Städtenamen wie Muenster, Fulda, Rhineland, New Baden, Westphalia, Weimar, Deutschburg, New Braunfels oder Fashing. Von rund einem Dutzend Berlins ganz zu schweigen, einschließlich East Berlin in Pennsylvania. In Texas nennt man heute noch die Gegend von Houston bis Fredericksburg den »German Belt« – den deutschen Gürtel.
    Als Mormone habe ich nie Bier getrunken, bis ich die Kirche verlassen habe – da lebte ich jedoch schon in Deutschland und hatte deutsches Bier, vor allem Weißbier, bereits kennen- und schätzen gelernt. Als ich dann nach Hause zurückkehrte, wollte ich die deutschen Gerüchte über das wässrige amerikanische Bier prüfen. Also ging ich zum Bier-Spezialisten. Er meinte: Am besten sind die guten Biere aus den vielen amerikanischen Mikrobrauereien, die von Liebhabern zum Teil nach deutscher Technik gebraut werden. Besonders freute ich mich zu hören: Der neueste Schrei sei amerikanisches Weißbier. Also kaufte ich gleich ein Sixpack.
    Es war ungenießbar!
    Seitdem trinke ich in Amerika nur importiertes Bier, und das Bier der großen amerikanischen Marken – Anheuser-Busch, Coors, Miller, Pabst und Schlitz – habe ich aus Angst gar nie probiert. Diese Brauereien wurden übrigens alle von deutschen Einwanderern gegründet. Aber das ist nichts, worauf die Deutschen stolz sein sollten.
    Die ersten Deutschen blieben gerne unter sich: in meist ländlichen Enklaven, wo selbst die Straßenschilder in Deutsch gehalten waren. Sie unterhielten sogar ihre eigenen deutschsprachigen Schulen und druckten deutschsprachige Zeitungen. Vor allem jedoch hatten sie ein ganz eigenes Religionsverständnis mitgebracht, das ihre Nachbarn irritierte: denn sowohl der deutsche Protestantismus (den wir »lutheranism« nannten, um ihn von anderen protestantischen Strömungen zu unterscheiden) als auch der deutsche Katholizismus waren uns entschieden zu locker. Diese Deutschen misstrauten Moralisten und religiösen Extremisten und praktizierten einen lässigen Hedonismus, der ihren korrekten Nachbarn sauer aufstieß. Sie tranken gern mal einen über den Durst und fanden die Prohibition aus naheliegenden Gründen doof.
    Hinzu kam, dass diese Dickköpfe kein Problem damit hatten, sich auch in die Politik ihrer neuen Heimat einzumischen. Sklaverei zum Beispiel lehnten sie rundweg ab. Zahlreiche Deutsche kämpften auf der Seite des Nordens im Bürgerkrieg, als es darum ging, die Sklaven zu befreien. Und andere gingen noch weiter.
    Es geschah, als der Gouverneur von Missouri sich auf die Seite der Südstaaten schlagen wollte und dem Süden per Geheimbrief die Loyalität seines Bundesstaats zusagte. Viele der Deutschen in Missouri hatten 1848, nur wenige Jahre zuvor, für die demokratische Revolution in Deutschland gekämpft. Als sie sahen, dass ihr Bundesstaat sich möglicherweise dem Süden anschließen würde, formierten sie eine 10.000-Mann starke Miliz, die fast nur aus Deutschen bestand, und verjagten den Gouverneur und seine Mannen. Die Folge: Missouri zog später an der Seite des Nordens in den Krieg. Heute glauben nicht wenige Historiker, dass der Norden ohne die Unterstützung Missouris den Bürgerkrieg vielleicht verloren hätte.
    Auch ihre Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit versuchten die Deutschen dem Rest von Amerika aufzudrücken.
    Mit dem Siegeszug der Industrialisierung mehrten sich bald solche Luxusforderungen wie die nach einer Fünf-Tage-Arbeitswoche oder gar einem Acht-Stunden-Arbeitstag. In Chicago hatten sich bereits Gewerkschaften gebildet, aber auch andere, weit ungeduldigere Gruppierungen meldeten sich zu Wort, nämlich Anarchisten. Am 3. Mai 1886 traten die Arbeiter der McCormick Harvesting Machine Co. in den Streik. Als Polizisten die Streikenden angriffen und vier von ihnen töteten, brach Empörung unter den Arbeitern aus. Flugs tauchten Anarchisten auf, die Flugblätter verteilten, auf denen die Behauptung zu lesen war, die Tötungen seien Absicht gewesen und im Auftrag der Arbeitgeber erfolgt. Die Stimmung kochte über, und am nächsten Tag kam es erneut zu Protesten, diesmal im Einkaufsviertel

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