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Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Titel: Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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Ländern –, dass die Europäer manchmal glauben, Sklaverei sei eine rein amerikanische Erscheinung gewesen. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.
    Von den 11 Millionen Afrikanern, die in den nächsten 300 Jahren laut dem Historiker Hugh Thomas aus Afrika gen Westen exportiert wurden, gelangten etwa eine halbe Million nach Nordamerika. Von den Briten, Portugiesen, Spaniern und Holländern wurden dagegen insgesamt rund zehneinhalb Millionen Menschen versklavt. Diese landeten in Südamerika und der Karibik (was endlich erklärt, warum mehr Brasilianer und Haitianer als Amerikaner schwarz sind und warum sie alle französisch und portugiesisch sprechen). Und während sich der US -Kongress 2008 für den US -amerikanischen Anteil an der Sklaverei öffentlich entschuldigt hat, steht – trotz der Aufforderung der afrikanischen Nationen auf der »World Conference Against Racism« 2001 – die Entschuldigung der Briten, Portugiesen, Spanier und Holländer noch aus.
    Von Anfang an war die Sklaverei nicht unumstritten. Je mehr die Wirtschaft von Sklavenarbeit abhängig wurde, desto erbitterter diskutierte man in den USA über das Thema.
    Sklavenhalter wie Thomas Jefferson waren hin- und hergerissen. Selbst mochte er zwar nicht auf seine Sklaven verzichten, befürchtete jedoch, dass diese Institution eine korrumpierende Wirkung auf die Mentalität der Amerikaner haben würde: »Es hat zweifelsohne einen unglücklichen Einfluss auf die Sitten unseres Volkes, dass die Sklaverei mitten unter uns existiert«, schrieb er, »dieser unerbittliche Despotismus auf der einen Seite und die erniedrigende Unterwerfung auf der anderen. Unsere Kinder lernen, das nachzumachen.«
    Die Lossagung von England bedeutete für die Amerikaner die erste Chance, in ihrem neuen Staat den Menschenhandel zu verbieten. Als Jefferson die Unabhängigkeitserklärung verfasste, hielt er sich denn auch mit leidenschaftlicher Kritik am englischen König nicht zurück und warf ihm unter anderem vor, einer der größten Profiteure des Sklavenhandels überhaupt zu sein. In einer hitzigen Diskussion schafften es die Delegierten mehrerer Südstaaten allerdings, diese spezielle Sünde von King George diskret wieder herauszustreichen. Sie ahnten schon, dass die Unabhängigkeitserklärung im Falle einer erfolgreichen Revolution mehr darstellen würde als nur ein Stück Propaganda: Es würde zum Gründungsdokument eines neuen Staates, und sie mussten unbedingt verhindern, dass irgendetwas gegen Sklaverei darin stünde.
    Auch in der nächsten Phase, als die 13 Kolonien sich nach dem Sieg über England eine gemeinsame Verfassung gaben, konnten sich die Südstaaten durchsetzen. Nach langem Streit wurde ein typischer Kompromiss gefunden in der Art, wie er noch heute bei Nahostverhandlungen beliebt ist: Man vertagte das Thema. Per Verfassung durfte der Kongress erst über zwanzig Jahre später noch einmal versuchen, den Sklavenhandel zu verbieten.
    Der Kompromiss indes war eine tickende Zeitbombe.
    Die Nordstaaten machten einen Alleingang und verboten die Sklaverei, einer nach dem anderen, bis 1804. Als die Schonfrist 1808 vorbei war, verbot der Kongress auch den internationalen Sklavenhandel. Doch das war den Südstaaten inzwischen egal: Der Sklavenhandel innerhalb Amerikas konnte nicht verboten werden, und Nachschub wurde täglich neu geboren. Man schätzt, dass schon bis zu 18 Prozent der Bewohner Nordamerikas Sklaven waren, in einem Südstaat wie South Carolina lag die Quote gar bei 43 Prozent.
    Mit diesen enormen Zahlen hatten, ehrlich gesagt, selbst die Nordstaatler ein Problem, obwohl unter ihnen bereits etwa 200.000 freie Schwarze lebten. Und zwar stellte sich ihnen die Frage: Wohin bloß mit den ganzen Sklaven, falls man sie tatsächlich allesamt befreite? Die meisten Weißen damals konnten sich nicht vorstellen, dass Schwarze als gleichwertige Mitbürger nebenan wohnten (heute ist das natürlich ganz anders). Alexis de Tocqueville schrieb in seinem Werk Democracy in America , die Sklaverei sei zwar ein Übel, aber ein Staat, in dem zwei so ungleiche Rassen nebeneinanderher leben würden, könne nicht lange existieren, also müsse man Sklaverei wohl oder übel tolerieren.
    1816, rund fünfzig Jahre vor Beginn des Bürgerkriegs, fand die von Weißen gegründete »American Colonization Society« dann die perfekte Lösung: Zurück nach Afrika mit den befreiten Sklaven! Zu diesem Zweck gründete sie 1821 die afrikanische Kolonie Liberia und begann,

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