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Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Titel: Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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Fall noch die 1.000 Dollar, die dem Fraktionsvorsitzenden im dortigen Repräsentantenhaus nach Abstimmung als Kompensation zugesprochen wurden, weil der Arme so viel beim Pferderennen verloren hatte …
    Der so genannte »Prince of Carpetbaggers« war der gebürtige New Yorker General Milton S. Littlefield, der nach dem Krieg nach North Carolina kam und dort die Eisenbahn wieder aufbauen wollte. Als Erstes verteilte er mit Hilfe des »scalawags« George W. Swepson (so nannte man Südstaatler, die bei den »carpetbaggers« mitmachten, also Kollaborateure) 200.000 Dollar an Bestechungsgeldern unter Politikern. Eine gute Investition: Daraufhin machten diese natürlich gern 28 Millionen für den Bau diverser Strecken locker. Die Eisenbahn wurde indes nie gebaut. Auch nicht, nachdem Littlefield mit rund vier Millionen Dollar verschwand. Im Gegenteil, der Skandal zerstörte so viel in der politischen Szene North Carolinas, dass der Wiederaufbau der Eisenbahn sich um ein Jahrzehnt verzögerte, und trug maßgeblich dazu bei, dass North Carolina sich bis heute nicht richtig vom Krieg erholt hat. Littlefield aber ging es blendend. Er tauchte immer wieder in anderen Bundesstaaten des Südens auf, stets neue Pläne für weitere »Eisenbahnprojekte« in der Tasche …
    Klar, dass wenige Schwarze nach der Befreiung Lust hatten, ihre ehemaligen Sklavenhalter ins Amt zu wählen. Das machte es den »carpetbaggers« umso leichter, in ihrer neuen Heimat an die Macht zu kommen. Sie umgarnten die frischgebackenen Wähler mit ganzen Wagenladungen an Schinken, Alkohol und anderen Geschenken und kauften damit wichtige Stimmen. In einem Fall wurde eine Truppe Schwarzer von Wahllokal zu Wahllokal transportiert, sie meldeten sich mit Hilfe von Weißen überall unter einem anderen Namen an und stimmten jeweils für den Kandidaten, auf den der Weiße mit dem Finger zeigte. »Der Kauf von Stimmen ist so allgemein geworden, dass die Schwarzen es geradezu erwarten«, schrieb ein Südstaatler erschrocken, und ein anderer beklagte sich: »Wir sind den Schwarzen völlig ausgeliefert.«
    Das Ganze wurde schließlich so extrem, dass Hiram Revels, der erste schwarze Senator der USA , 1875 einen Hilferuf aus Mississippi an den Präsidenten Ulysses S. Grant sandte:
    »Seit der Rekonstruktion ist die große Masse der Menschen geistig versklavt worden, von Abenteurern ohne jede Moral, denen das Wohl des Landes egal ist und die bereit sind, zu allen Mitteln zu greifen, egal wie infam, um die Macht an sich zu reißen … Meinem Volk wird von diesen offen korrupten und ehrlosen Intriganten gesagt, für wen es stimmen muss … nur damit diese sich in einem Amt selbst verherrlichen können. Die Bitterkeit und der Hass, der durch den Bürgerkrieg erwachsen sind, wären meiner Meinung nach ohne sie bis heute schon zum größten Teil verschwunden.«
    Denke ich an den amerikanischen Süden, kommt mir unwillkürlich Ostdeutschland in den Sinn. Ihnen auch?
    Auch die DDR hatte es lange versäumt, sich der modernen kapitalistischen Welt anzuschließen; auch der Osten war in eine realitätsfremde und überholte Ideologie verliebt; auch er hat mit dem Mauerfall einen Krieg – den kalten – verloren und leidet heute noch darunter. Und natürlich: Da wäre auch noch die Sache mit den »carpetbaggers«, die den Ossis alles Mögliche abschwatzten und sich die eigenen Taschen füllten …
    Wie lange dauert es, bis sich eine ganze Region von einer solchen Niederlage erholt?
    Der Süden hat sich bis heute nicht wieder restlos regeneriert. Fast 150 Jahre nach dem Bürgerkrieg liegt er immer noch weit hinter dem Norden zurück.
    Erst in den letzten Jahrzehnten haben die Bundesstaaten im Süden langsam begonnen aufzuholen. Vor allem im Dienstleistungssektor, aber auch in den Bereichen Industrie, High Tech und Finanzen ist man aktiv geworden. Der Tourismus in Florida wuchs, Autohersteller von Mercedes-Benz bis Toyota kamen nach Alabama, South Carolina, Kentucky und Tennessee. Forschungszentren wurden gegründet, Banken sind hingezogen, ganz zu schweigen von Coca Cola, Home Depot und CNN . Zwar liegen immer noch neun der zehn ärmsten Bundesstaaten der USA im Süden, aber es gibt dort inzwischen auch Gebiete, die die niedrigste Arbeitslosigkeit der USA aufweisen.
    Warum es so lange gedauert hat, ist unklar. Vielleicht hat es etwas mit einer gewissen trotzigen Loser-Mentalität zu tun, die man ab und zu beobachtet:
    In ihrem Bestreben, ihren Stolz mit dem Verlust in Einklang zu

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