Planeten 03 - Venus
überhaupt nicht. Ich bin kein...«
»Seien Sie still!«, sagte Bahadur.
Aber es gelang mir nicht, den Mund zu halten. Manche Menschen machen sich vor Angst in die Hose. Bei mir löste sie anscheinend die Zunge. Ich redete wie ein Wasserfall. Ich erzählte ihnen in allen Einzelheiten, wie sehr Fuchs meinen Vater und mich hasste und dass er sich auch darüber freuen würde, wenn sie mich umbrachten, dass sie aber nicht damit durchkommen würden, weil die IAA und andere Behörden nach der Rückkehr auf die Erde Wind von der Sache bekommen und Ermittlungen anstellen würden ...
Die Frau schlug mir hart ins Gesicht. Ich schmeckte Blut im Mund.
»Seien Sie still, Mr. Humphries!«, zischte Bahadur. »Wir haben nicht vor, Ihnen etwas anzutun, es sei denn, Sie zwingen uns dazu.«
Ich blinzelte. Die ganze Gesichtshälfte war taub, und ich schluckte salziges warmes Blut. Die Frau starrte mich finster an und murmelte etwas in ihrer Muttersprache. Ich verstand die Botschaft: ›Halt’s Maul, du Narr!‹ Also saß ich schweigend da. Aber ich vermochte nicht stillzuhalten. Die Hände entwickelten ein Eigenleben. Die Finger trommelten auf den Beinen herum. Ich zitterte wie Espenlaub.
Die anderen zogen kleine schwarze Kästen aus den Taschen und scannten die Wände, Decke und den Boden. Sie suchen wohl nach Wanzen, sagte ich mir. Die Frau grunzte und wies auf eine Platte in der Metalldecke.
Während Sanja mit gesenktem Blick neben mir stand, schraubten sie die Platte los und brachten einen winzigen Gegenstand aus Kunststoff zum Vorschein. In meinen Augen sah es aus wie ein simples Staubkorn, doch Bahadur musterte es mit gerunzelter Stirn, warf es auf den Boden und zermalmte es mit dem Absatz des Stiefels.
Ich schaute zu Sanja auf. »Was soll das alles überhaupt bedeuten? Was haben sie vor?«
Er legte den Finger auf die Lippen und brachte mich zum Schweigen.
Also saß ich in stummem Entsetzen für einen Zeitraum da, der mir wie Stunden erschien. Sanja stand unschlüssig neben mir und fühlte sich offensichtlich höchst unwohl, während die anderen sich zu beiden Seiten der Luke des Abteils postierten und gelegentlich in den Gang lugten, der sich durchs Schiff zog.
Schließlich zischte die Frau etwas, das wie eine Warnung klang, und sie pressten sich an die Wand. Sanja schien genauso zu zittern wie ich, aber er flüsterte mir zu:
»Verhalten Sie sich absolut ruhig, Mr. Humphries. Ihr Leben hängt davon ab.«
Wie ich dort auf dem Pumpengehäuse saß, als Gefangener in einer provisorischen Zelle, beugte ich mich leicht nach vorn, um einen Blick in den Gang zu werfen. Fuchs kam auf uns zu, das Gesicht umwölkt wie eine Gewitterwolke und die Hände zu Fäusten geballt.
Bahadur zog ein Messer aus dem Overall, das ich als ein Steakmesser aus der Bordküche identifizierte. Die anderen beiden zückten ähnliche Waffen.
Ich warf einen Blick auf Sanja. Er schien vor Angst wie gelähmt und starrte in den Gang auf den sich nähernden Kapitän. Ich hörte nun Fuchs’ Schritte, die auf dem Metallboden hallten.
Sie wollten ihn töten, wie mir nun bewusst wurde. Ich war nur der Köder. Er sollte in die Falle gehen.
Dann werden sie ihn also töten, sagte ich mir. Und wir verschwinden von der Venus und fliegen nach Hause. Wenn ich den Mund halte, werde ich es überleben. Ich werde ihre Geschichte bestätigen. Ich werde sie davon überzeugen, dass, wenn sie mich auch töten, die Behörden sofort wissen werden, dass sie Mörder sind, aber wenn sie mich am Leben lassen, werde ich alles bestätigen, was sie sich über Fuchs aus den Fingern saugen, und wir alle werden uns aus der Affäre ziehen. So gefährlich, wie die Venus ist, würde man ihnen ohnehin jede Geschichte abkaufen, die sie sich ausdachten.
Wir können das überleben! Ich werde Alex’ sterbliche Überreste zwar nicht bergen, aber ich vermag jederzeit zurückzukommen. Außerdem würde ich die auf dieser Mission gewonnenen Erkenntnisse für den Bau eines besseren und sichereren Schiffs verwenden.
Fuchs war nur noch ein paar Schritte von der Luke weg. Bahadur und die andern zwei standen, unsichtbar für ihn, mit gezückten Messern auf beiden Seiten der Luke.
Wenn die Rollen vertauscht wären, würde Fuchs sie nicht daran hindern, mich zu töten, sagte ich mir. Schließlich hatte er mich überhaupt erst in diese Lage gebracht und der Besatzung suggeriert, dass ich für ihn spionierte.
Ich wurde mir bewusst, dass sie seine Schritte ebenfalls hörten. Sie lagen auf der
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