Planeten 03 - Venus
sicher?«, fragte ich.
Sie wandte den Blick von mir ab. »Inzwischen kenne ich ihn besser. Er ist nicht das Ungeheuer, für das du ihn hältst.«
»Du kennst ihn besser?«, sagte ich.
»Ja, tue ich«, sagte sie trotzig.
»Du schläfst mit ihm, nicht wahr?«, fragte ich.
Marguerite sagte nichts.
»Stimmt’s?«
»Das geht dich nichts an, Van.«
»Nein? Wenn du mit ihm ins Bett gehst, um mir das Leben zu retten? Wenn du das meinetwegen ...«
Sie schien perplex.
»Deinetwegen? Du glaubst noch immer, dass ich deinetwegen mit ihm in die Kiste springen würde?«
»Ist das denn nicht...? Ich meine ...«
Marguerites dunkle Augen hatten mich im Griff wie ein Schraubstock. »Van, begreifst du denn nicht, dass das, was ich tue, das, was er tut, n u d auch das, was du tust, nur zu
unserem jeweiligen Vorteil ist? Wir alle versuchen hier zu überleben, versuchen das beste aus der Lage zu machen, in der wir uns befinden.«
Nun verstand ich überhaupt nichts mehr. »Aber ... du und Fuchs«, stammelte ich. »Ich dachte ...«
»Was auch immer du gedacht hast, es ist falsch«, sagte Marguerite bestimmt. »An deiner Stelle würde ich mich auf das eigentliche Problem konzentrieren:
Wie du genügend Bluttransfusionen vom Kapitän bekommst, um dich am Leben zu erhalten, ohne ihn umzubringen.«
Ich schaute sie grimmig an. In mir tobte ein Zorn so heiß wie der rotglühende Boden unter uns.
»Du brauchst dir keine Sorgen um ihn zu machen«, knurrte ich. »Er wird den Hals nicht für mich riskieren, zumal er auch weiß, dass du ihn nicht wegen Mordes anzeigen kannst, wenn er durch weitere Blutspenden selbst in Lebensgefahr geriete.«
Bevor sie zu antworten vermochte, schob ich mich an ihr vorbei, verließ die Krankenstation und wollte den Gang entlang zum Beobachtungszentrum in der Nase des Schiffs gehen.
Ich sollte nie dort ankommen.
Als ich an der offenen Luke der Besatzungsunterkunft vorbeikam, rief Sanja mich an:
»Mr. Humphries, kommen Sie bitte herein.«
Er war das einzige Besatzungsmitglied, das mir nicht nur mit Misstrauen und Feindseligkeit begegnet war – der Mann, der für die Pumpensysteme des Schiffs verantwortlich war, war mein direkter Vorgesetzter.
Ich trat durch die Luke und sah, dass Bahadur und zwei weitere – darunter eine Frau – sich zu beiden Seiten der Luke an der Wand postiert hatten.
Sanja schien sich unwohl zu fühlen. Er hatte eine schmale Figur, fast vogelartig und eine dunklere Haut als die anderen.
Die anderen drei beäugten mich stumm und mit grimmigem Blick. Insbesondere von Bahadur ging eine Bedrohung aus.
»Mr. Humphries, wir müssen zur sekundären Pumpstation gehen«, sagte Sanja zu mir.
»Jetzt?«, fragte ich und ließ den Blick über die anderen schweifen. Sie kamen mir wie eine Todesschwadron vor.
»Ja. Jetzt«, sagte Sanja gepresst. Das Blut rauschte mir in den Ohren, während wir den Gang entlang gingen, vorbei an der Brücke und weiter in Richtung des Schiffshecks. Ich sah, dass Fuchs nicht im Kommandantensessel saß, als wir an der Brücke vorbeikamen; Amarjagal hatte das Kommando. Die Türen der Kapitänskabine und von Marguerites Unterkunft waren geschlossen, als wir daran vorbeigingen.
Toll, sagte ich mir. Sie sind zusammen im Bett, während die Besatzung mich abmurkst.
Bahadur hatte den Zeitpunkt optimal gewählt.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Mir zitterten die Knie, als wir uns der Sekundärpumpstation näherten. Meine Hände schwitzten. Weder Bahadur noch einer der andern hatte ein Wort mit mir gesprochen. Kurioserweise erinnerte ich mich an die alten Westernvideos, die ich als Kind immer gesehen hatte: Ich hatte es hier mit einem Lynchmob zu tun.
Mit jedem Schritt, den wir machten, schien Bahadur zu wachsen. Er war ohnehin schon ein großer Mann, größer als alle anderen an Bord, und mit dem kahl geschorenen Kopf und dem zottigen Bart erweckte er den Anschein eines Wilden. Baidansanja wirkte klein und schwach neben ihm, ein harmloser Mitläufer, der von Bahadur mitgezogen wurde. Der andere Mann und die Frau waren beide kräftig gebaut, etwas größer als ich und viel muskulöser.
Die Sekundärpumpstation befand sich zwei Decks tiefer am hinteren Ende des Gangs.
Es handelte sich dabei nur um einen keilförmigen Bereich mit zwei Reservepumpen unter je einer kuppelförmigen Abdeckung.
»Hinsetzen!«, sagte Bahadur und deutete auf eine der Halbkugeln.
»Ich weiß, dass ihr mich für einen Spion des Kapitäns haltet«, hob ich an, »aber das stimmt
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