Planeten 03 - Venus
gewesen wäre.
»Ich habe schon einen Kapitän verpflichtet«, sagte ich. »Tomas Rodriguez. Er ist ...«
»Ich kenne Tommy«, unterbrach Duchamp mich. »Er wird mein Erster Offizier sein.«
»Er ist mein Kapitän«, sagte ich nachdrücklich. »Wir haben bereits einen Vertrag unterzeichnet.«
Duchamp ging zur Couch auf der anderen Seite des Raums und setzte sich hin, als ob sie hier zuhause wäre. Für einen langen Moment stand ich nur an der Tür und starrte sie an.
»Schließen Sie die Tür«, sagte sie stirnrunzelnd.
»Schließen«, rief ich. Die Tür schwang zu und fiel mit einem Klicken ins Schloss.
»Schauen Sie, Mr. Humphries«, sagte Duchamp in einem freundlicheren Ton und faltete die Hände. »Mir gefällt das genauso wenig wie Ihnen. Aber Hump hat entschieden, dass ich der Kapitän Ihres Raumschiffs sein soll, und wir beide sind an diese Entscheidung gebunden.«
Sie hatte lange Finger, und die Fingernägel waren feuerrot lackiert. Ich ging zur Couch
hinüber und setzte mich ihr gegenüber auf die Lehne.
»Wieso hat er gerade Sie ausgewählt?«, fragte ich.
Sie runzelte erneut die Stirn. »Um mich loszuwerden, weshalb sonst?«
»Sie loswerden?«
»Das ist seine Art, jemanden wegzuloben. Er ist meiner überdrüssig; er hat sich ein paar neue Leckereien beschafft, hinter denen er her ist.«
»Sie waren seine Mätresse?«
Sie lachte tatsächlich. »Mein Gott, diesen Ausdruck habe ich nicht mehr gehört, seit ich nach dem Zapfenstreich im Erziehungslager Liebesromane unter der Bettdecke gelesen habe.«
Ich schüttelte den Kopf. Mir wurde schwindlig, ein untrügliches Symptom.
»Entschuldigen Sie mich«, sagte ich, stand auf und ging ins Bad.
Ich brauchte weniger als eine Minute, um mir die Spritze zu setzen. Und als ich ins Wohnzimmer zurückkam, stand sie neben dem Schreibtisch am Fenster, und der Wandbildschirm bildete ihren Lebenslauf ab. Sie war auf jeden Fall eine qualifizierte Astronautin, ein Veteran mit elf Flügen zum Asteroidengürtel und drei zum Jupiter. Bei vier Expeditionen war sie Kommandant der Mission gewesen.
»Wie lang kennen Sie meinen Vater schon?«, fragte ich, wobei ich den Blick auf den Bildschirm richtete und nicht auf sie.
»Ich habe ihn ungefähr vor einem Jahr kennengelernt. Wir waren für drei Monate Bettgenossen. Ein echter Rekord für Hump.«
»Er war sechs Jahre mit meiner Mutter verheiratet«, sagte ich, wobei ich noch immer die Daten auf dem Schirm studierte.
»Ja, aber er hat doch ständig mit anderen herumgebumst. Davon hat sie durch ihre Sucht aber gar nichts mitgekriegt...«
Ich wirbelte zornig herum. »Sie wissen überhaupt nichts davon! Sie glauben vielleicht, dass Sie etwas wissen. Er mag ihnen auch viel erzählt haben, aber das sind alles Lügen.
Lügen! Gemeine Lügen, um seine eigenen Schandtaten zu bemänteln!«
Sie sprang auf, als wollte sie sich gegen einen Angriff verteidigen. »He, ich kann nichts dafür.«
»Es ist meine Mutter, von der Sie da sprechen«, sagte ich schroff. »Wenn sie von Drogen abhängig war, dann war es seine Schuld.«
»Okay«, sagte Duchamp beschwichtigend. »Okay.«
Ich holte tief Luft. Und dann sagte ich in aller Ruhe, derer ich fähig war, zu ihr: »Ich will Sie auf meiner Mission nicht dabeihaben. Weder als Kapitän noch in einer anderen Funktion.«
Sie zuckte die Achseln, als ob sie das überhaupt nicht tangierte. »Das werden Sie schon mit Ihrem Vater ausmachen müssen.«
»Das ist nicht seine Entscheidung.«
»Doch, ist es«, konterte Duchamp. »Bedenken Sie die goldene Regel: Wer den Zaster hat, bestimmt die Regeln.«
MALLORCA
Ich schmiss eine Art Abschiedsparty für ein gutes Dutzend meiner besten Freunde. Sie folgten meiner Einladung und flogen aus allen Himmelsrichtungen ein. Alle waren nach der neusten ›In‹-Mode gekleidet: Neovictorianische Dinner-Jacketts für die Männer, und die Frauen waren in züchtig hochgeschlossene Abendkleider gewandet, die mit künstlichen Federn und echten Juwelen verziert waren.
Mode ist ein vergänglich’ Ding. Früher, so habe ich mir sagen lassen, trugen junge Erwachsene wie ich und meine Freunde gebrauchte Militärklamotten und tarnfarbene T-Shirts. Eine Generation später piercte die Jugend sich den Bauchnabel, die Augenbrauen und sogar die Geschlechtsteile und trieben sich metallene Stifte durch die Zunge und die Lippen. Deren Kinder wiederum kleideten sich zum Ausdruck der Rebellion in Plastikjacken, die Samurai-Rüstungen nachempfunden waren und
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