Planeten 03 - Venus
den Anschein, als ob er jemanden schlagen wollte. Vielleicht mich.
»Werfen Sie jetzt nicht das Handtuch«, sagte ich. »Bitte übernehmen Sie die Position des Ersten Offiziers.«
Es war ihm anzusehen, dass er vor Wut kochte.
»Ich werde Ihr Gehalt verdoppeln«, sagte ich.
Dann bemerkte ich, dass er grimmig auf die geschlossene Tür starrte.
»Ich lege von meinem Geld noch einen Bonus drauf. Bitte lassen Sie mich nicht im Stich.
Ich brauche Sie.«
Langsam drehte Rodriguez sich zu mir um. »Die Schlampe weiß ganz genau, dass ich mir die Chance nicht entgehen lassen würde, zur Venus zu fliegen. Sie weiß, dass ich mitkommen werde, egal in welchen Rang Sie mich einsetzen. Das war ihr Kalkül.«
»Dann werden Sie mitkommen?«, fragte ich fast atemlos. »Als stellvertretender Kommandant?«
»Ich werde mitkommen«, sagte er bitter. »Sogar mit ihr als Kapitän. Ich muss diese Gelegenheit beim Schopf packen. Eine solche Erfahrung kann man nicht für alles Geld der Welt kaufen.«
Ich sank erleichtert in den Entspannungssessel. »Danke, Tom«, sagte ich. »Danke.«
Er lachte freudlos. »Aber ich bestehe auf dem doppelten Gehalt, Chef. Und dem Bonus.
Ich mache gute Miene zum bösen Spiel und diene als Erster Offizier. Aber ich will das Geld, das Sie mir versprochen haben.«
Ich nickte schwach, und er verließ das Büro.
Eine Erfahrung, die man für kein Geld der Welt kaufen könne. Das hatte Rodriguez gesagt. Aber er würde das Geld trotzdem nehmen. Wieso auch nicht? Geld ist ein Universal-Schmiermittel. Ohne Zaster beißt der Mensch ins Straßenpflaster. Und solang mein Vater diese Expedition mit seinem Geld finanzierte, sagte ich mir, traf er auch alle Entscheidungen.
Zwischenzeitlich versuchte ich Informationen über die Pläne von Lars Fuchs zu bekommen, aber vergebens. Nicht einmal mein Vater hatte diesbezüglich Erfolg. Der Mann schien von der Bildfläche verschwunden zu sein.
»Er heckt etwas aus«, warnte mein Vater mich in jeder seiner Nachrichten.
»Aber was sollte er überhaupt aushecken?«, fragte ich das Bild meines Vaters auf dem Monitor, »wenn er so weit draußen im Gürtel ist?«
»Es würde mich nicht wundern, wenn er den Gürtel längst verlassen hat und schon auf dem Weg zur Venus ist«, sagte mein Vater säuerlich. »Seine Felsenratten-Kumpels decken ihn und halten dicht, egal welcher Druck auf sie ausgeübt wird.«
»Aber er müsste sein Schiff doch bei der Internationalen Astronautenbehörde anmelden, nicht wahr?«, fragte ich.
Vater nickte. »Früher oder später müsste er das tun ... oder sein Kahn wird auf die Liste der illegalen Schiffe gesetzt. Ich werde mein Preisgeld doch keinem Gesetzlosen in den Rachen werfen.«
Der Start des Raumclippers verlief ohne Probleme. In zehn Minuten waren wir in der Umlaufbahn und näherten uns dem Treffpunkt. Mir wurde schlecht in der Schwerelosigkeit; der Magen schien sich umzustülpen, und ich hatte das Gefühl zu fallen – obwohl ich sah, dass ich sicher auf dem Sitz angegurtet war. Wenn ich den Kopf bewegte, wurde mir schwindlig und übel. Also blieb ich still sitzen und kämpfte gegen das Erbrechen an, während der Raumclipper das Andockmanöver durchführte.
Es kam mir wie eine halbe Ewigkeit vor, doch nachdem wir angedockt hatten, kehrte das Gefühl der Schwere zurück, und meine Befindlichkeit besserte sich wieder.
Mein Schiff Hesperos war speziell für die Venusmission konzipiert worden; für den Langstreckenflug von der Erde wäre es zu klein und eng gewesen. Um die Hesperos zur Venus zu transportieren, hatten wir ein altes Fabrikschiff namens Truax vom Asteroidengürtel geleast und es für diese Aufgabe umgerüstet. Die beiden Schiffe waren durch eine Buckminster-Leine miteinander verbunden und drehten sich um den gemeinsamen Schwerpunkt, so dass das Äquivalent der irdischen Schwerkraft an Bord herrschte.
Wir taten das aber nicht nur der Annehmlichkeit wegen. Die Schwerkraft auf der Venus ist nur ein paar Prozent geringer als auf der Erde, und wenn wir im freien Fall zur Venus geflogen wären, hätten wir auf dem zweimonatigen Flug an Muskel- und Knochenschwund gelitten. So versetzte die durch Rotation erzeugte künstliche Schwerkraft uns in die Lage, ins Wolkenmeer der Venus einzutauchen, nachdem wir in einem Orbit um den Planeten geparkt hatten.
Nachdem wir die Freigabe zum Ablegen der Gurte bekommen hatten, wechselte ich vom Raumclipper in die Eignerkabine an Bord der Truax über. Sie hatte als Kapitänskajüte gedient, als
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