Planeten 03 - Venus
reparieren.«
»Das ist notwendig. Es gibt keine andere Möglichkeit.«
»Vielleicht«, gestand ich zögernd. »Aber sie sollte sie nicht zu lang draußen lassen.«
»Wie lang ist zu lang?«
»Wie lang waren Rodriguez und ich draußen? Jedenfalls lang genug, dass unsre Anzüge beschädigt wurden.«
Marguerite nickte. »Ich bin sicher, dass sie ihre Daten beobachtet.«
Die Zeituhr des Kühlgeräts klingelte und beendete unser Gespräch. Marguerite entnahm eine Probe der Venusluft, die mit Schwefelsäuretröpfchen und darin lebenden Organismen gesättigt war. Schnell bereitete sie einen Objektträger fürs Mikroskop vor und legte die Abbildung auf den Monitor des Palmtops, den sie ans Elektronenmikroskop angeschlossen hatte.
»Sie erholen sich!«, sagte sie glücklich. »Schau nur, wie lebendig sie umherschwimmen!«
»Aber wo ist das Anzugsmaterial geblieben?«, fragte ich.
Sie richtete den Blick vom Computer auf mich. »Es ist verschwunden. Sie haben das Cermet verdaut. Es ist Nahrung für sie.«
TÖDLICHE ENTSCHEIDUNGEN
Ich rannte den Gang entlang zur Brücke. Duchamp saß wie gewöhnlich auf dem Kommandantensitz. Ich hörte Yeats Stimme, die vor Anstrengung schnaufte:
»... geht viel langsamer, als ich erwartet hatte. Das ist eine richtige Knochenarbeit, kann ich euch sagen.«
»Sie müssen die Leute reinholen!«, sagte ich zu Duchamp. »Sofort! Bevor die Mikroben sie umbringen.«
Rodriguez war nicht auf der Brücke. Riza Kolodny an der Kommunikationskonsole schaute erst mich an, dann den Kapitän und richtete den Blick schließlich entschlossen auf die Bildschirme. Sie wollte sich da raushalten.
»Die Mikroben fressen Cermet«, sagte ich, bevor Duchamp etwas zu erwidern vermochte. »Es ist wie Kaviar für sie, um Himmels willen!«
Sie musterte mich mit finsterem Blick. »Haben Sie einen Beweis dafür?«
»Ihre Tochter hat den Beweis im Labor. Es ist wahr! Und nun holen Sie diese zwei Leute zurück!«
Duchamp schien Mordgelüste zu verspüren, doch drückte sie auf die Kommunikationstaste in der Armlehne und sagte bestimmt: »Yeats, Sakamoto, kommen Sie rein! Sofort! Das ist ein Befehl.«
»Gern«, sagte Yeats mit offensichtlicher Erleichterung. Körperliche Anstrengung war sie anscheinend nicht gewohnt.
»Jawohl, Captain«, sagte Sakamoto so monoton, dass die Worte genauso gut vom Computer hätten stammen können.
Duchamp beorderte Rodriguez wieder auf die Brücke, und Marguerite kam aus ihrem Labor. Sie und ich drängten uns im Gang, während sie die Ergebnisse ihres Experiments auf dem Hauptbildschirm präsentierte. Als nach wenigen Minuten auch noch Dr. Waller, Yeats und Sakamoto auftauchten, war der Gang endgültig blockiert.
Die Leute pressten sich mit ihren verschwitzten Leibern an mich. Ich bekam Herzrasen und verspürte gleichzeitig Übelkeit und Atemnot.
»Ich überprüfe die Luftproben noch auf die Signatur der Cermet-Bestandteile«, sagte Marguerite zu ihrer Mutter, »aber bisher habe ich nichts gefunden. Die Organismen scheinen jedes einzelne Molekül verdaut zu haben.«
Falls diese Information unsren hartleibigen Kapitän erschütterte, so ließ sie sich zumindest nichts anmerken. Sie wandte sich an Rodriguez und fragte: »Was meinen Sie?«
Rodriguez hatte die Stirn bereits sorgenvoll gerunzelt. »Wir haben hier eine Catch-22-Situation. Wenn wir die Hülle nicht reparieren, stürzen wir ab, aber wenn wir rausgehen, werden die Mikroben unsre Anzüge so stark beschädigen, dass wir mit einem Totalausfall der Anzüge rechnen müssen.«
»Sie meinen mit dem Tod«, sagte ich. »Jemand könnte umkommen.«
Er nickte – etwas verlegen, wie mir schien.
»Und in der Zwischenzeit nagen die Organismen die Hülle an«, fügte Marguerite hinzu. »Sie werden sie vielleicht bis zu dem Punkt beschädigen, wo ... wo ...« Sie hielt die Luft an, als ihr bewusst wurde, dass wir in die Tiefen der Atmosphäre stürzen würden, falls die Hülle irreparabel beschädigt wurde.
War das auch mit Alex passiert?, fragte ich mich. Hatten diese nimmersatten Aliens sein Schiff aufgefressen?
Dann wurde mir bewusst, dass die Organismen überhaupt keine ›Aliens‹ waren. Dies war ihr natürlicher Lebensraum. Wir waren die Fremden, die Eindringlinge. Vielleicht bekämpften sie uns instinktiv und versuchten, uns von ihrer Welt zu vertreiben.
Unsinn!, sagte ich mir. Das sind nur Amöben. Mikroben.
Sie können gar nicht denken.
Sie können nicht koordiniert handeln.
Hoffte ich zumindest.
»Wir
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