Planeten 03 - Venus
ich.
»Kümmer dich um deinen eigenen Kram, Van. Ich kann schon selbst auf mich aufpassen.«
Sprach’s und machte auf dem Absatz kehrt. Sie ging in ihre Kabine und machte die Tür zu. Schlug sie zwar nicht zu, schloss sie aber nachdrücklich.
»Hatte ich Ihnen denn nicht gesagt, Sie sollen in Ihre Unterkunft gehen?«
Ich wirbelte herum und sah Fuchs vor der Luke zur Brücke stehen, keine zehn Meter entfernt. Ich hatte keine Ahnung, wie lang er schon dort gestanden hatte.
»Wegtreten!«, blaffte er.
In diesem Moment wäre ich ihm am liebsten an die Kehle gegangen und hätte ihn erwürgt. Stattdessen trollte ich mich brav zur Besatzungsunterkunft – wie der schwächliche Kümmerling, der ich eben war.
Selbst im tranceartigen Zustand, in dem ich mich befand, spürte ich die Spannung in der Besatzungsunterkunft. Keiner der stämmigen Asiaten nahm auch nur die geringste Notiz von mir, als ich in die Koje kroch und die Shoji-Trennwand zuschob. Sie hatten sich alle um den langen Tisch in der Mitte der Abteilung versammelt, steckten die Köpfe zusammen und unterhielten sich murmelnd in dieser asiatischen Sprache.
Ich hörte ihre Stimmen durch die dünne Wand: Schwer, düster, unheilschwanger. Das klang ganz anders als das Geplapper, das ich früher gehört hatte. Ich versuchte mir einzureden, dass das nichts als Einbildung war, und doch wurde ich das Gefühl nicht los, dass die Besatzung höchst unzufrieden war. Etwas bedrückte sie, und sie machten ihrem Unmut deutlich Luft.
Während ich dalag und einzuschlafen versuchte, flaute das Schlingern und Stampfen des Schiffs schließlich ab. Wir müssen auf der Nachtseite sein, sagte ich mir, oder schon so tief in der Atmosphäre, dass die subsolare Welle ausgelaufen ist.
Dann schlief ich ein, gleichsam in den Schlaf gelullt vom gutturalen Gemurmel der Besatzung.
Ich träumte, aber die Erinnerung daran ist verschwommen. Irgendwie handelte der Traum davon, dass ich schwach und krank war und diesen Zustand schließlich überwand. Ich glaube, ich saß auf einem Podest, wie mein Vater auf der Geburtstagsparty. Marguerite kam in dem Traum auch vor, da bin ich mir ziemlich sicher, obwohl sie jemand anders war – vielleicht ihre Mutter.
Was auch immer. Nachdem ich aufgewacht war, trottete ich in die Kombüse und stellte mir aus dem Kühlschrankinhalt ein Mahl zusammen. Dann duschte ich und holte mir einen frischen Overall aus einer der Schubladen unter der Koje. Seltsamerweise waren meine alten Bootsschuhe wieder da. Und zwar in der Schublade mit der Unterwäsche.
Die Privatsphäre in der Besatzungsunterkunft war auf ein Minimum reduziert. Ich schob zum Umziehen die Trennwand zu, mit der Konsequenz, dass ich mich auf dem engen Raum zwischen der Koje und der Shoji-Wand verrenkte wie ein Akrobat.
Ich glaubte, dass mir bis zum Dienstantritt noch ein paar Stunden blieben, doch wurde ich durch die Interkom-Lautsprecher eines besseren belehrt.
›MR. HUMPHRIES, MELDEN SIE SICH SOFORT IM QUARTIER DES KAPITÄNS.‹
Das war Fuchs’ Stimme. Er sagte es nur einmal; er erwartete, dass ich die Anweisung vernahm und ihr augenblicklich Folge leistete. Was ich auch tat.
Marguerite war auch da. Sie saß auf einem der Stühle vor dem Schreibtisch. Fuchs hatte die Hände hinterm Rücken verschränkt und stiefelte langsam in der Kabine auf und ab, wobei er auf etwas herumkaute – diese Pillen, sagte ich mir.
»Nehmen Sie Platz«, sagte er zu mir.
Ich nahm den Stuhl neben Marguerite.
»Wir haben fast einen ganzen Tag verloren wegen dieser subsolaren Welle«, sagte er ohne Umschweife. »Ich gedenke das aufzuholen, indem wir durch die letzte Wolkendecke stoßen und mit Höchstgeschwindigkeit zur Aphrodite-Region zurückfliegen.«
Ich warf einen Blick auf Marguerite. Sie wirkte entrückt und weit weg, als ob das alles sie nicht tangierte. Fuchs’ Bett war noch immer ordentlich gemacht, wie ich sah – oder schon wieder.
»Die Besatzung scheint mit meiner Entscheidung nicht zufrieden zu sein«, sagte er.
Ich war nicht überrascht, dass er die Spannung unter der Besatzung gespürt hatte.
»Haben Sie denn das ganze Schiff verwanzt?«, fragte ich.
Er wirbelte herum und ballte die Fäuste. »Captain«, beeilte ich mich zu sagen.
Fuchs entspannte sich, aber nicht wesentlich. Er ging zum Schreibtisch und drückte eine Taste auf der Interkom-Konsole. Ich sah die Besatzungsunterkunft aus der ›Vogelperspektive‹. Ein paar Besatzungsmitglieder saßen noch immer am Tisch und unterhielten
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