Planeten 05 - Saturn
trug eins ihrer bunten Gewänder und so viel Schmuck, dass fast das ganze Habitat Schlagseite bekam, sagte Eberly sich.
Sie schert sich einen feuchten Kehricht um die Kleiderordnung, stellte er fest. Sie geht mit ihrer Unabhängigkeit hausieren und lässt mich wie einen Trottel dastehen. Aber er unterdrückte den Ausdruck des Ärgers, während er Jaansen beobachtete.
Der Mann sieht überhaupt nicht wie ein Ingenieur aus, sagte Eberly sich. Jaansen war einer dieser blassen, blonden Norweger; selbst die Wimpern waren so hell, dass sie fast unsichtbar waren. Er machte mit seinen rosigen Wangen einen gesunden und gepflegten Eindruck, und anstelle des Ingenieur-Overalls, den Eberly erwartet hatte, trug Jaansen ein gestärktes altmodisches Hemd mit einem offenen Kragen und eine schokoladenbraune Hose mit scharfen Bügelfalten. Die einzige Konzession an seinen Berufsstand, die Eberly sah, war das rechteckige, schwarze, handtellergroße Datenverarbeitungsgerät, das er riskant kippelig auf dem Bein liegen hatte. Jaansen berührte es hin und wieder mit dem Finger der linken Hand, als wolle er sich vergewissern, dass es immer noch da war.
»Nanotechnik ist ein zweischneidiges Schwert«, sagte er irgendwie großspurig ‒ jedenfalls kam es Eberly so vor. »Sie ist überaus vielseitig, birgt andererseits auch große Risiken.«
»Das Problem des grauen Breis«, murmelte Morgenthau.
Jaansen nickte. Er hatte ein kantiges stoisches Gesicht. Eberly mutmaßte, dass der Mann nur sehr wenig Phantasie hatte; er war ein wandelndes Fachbuch, doch jenseits seiner technischen Expertise hat er keinerlei Interessen, keinerlei Kenntnisse und keinerlei Ambitionen. Gut!, sagte Eberly sich.
»Der graue Brei ist eine Sache«, erwiderte Jaansen.
»Nanoroboter sind auch schon darauf programmiert worden, Proteine zu zerstören. Sie Molekül für Molekül auseinander zu nehmen.«
»Davon habe ich schon gehört«, sagte Eberly.
»Wir bestehen aus Eiweißen. Und Nanoroboter können als Killer programmiert werden. Dies ist eine reale Gefahr in einer geschlossenen Ökologie, wie es dieses Habitat darstellt. Sie könnten es in weniger als einem Tag vollständig vernichten.«
»Nein! In weniger als einem Tag?«, stieß Morgenthau ungläubig hervor.
Jaansen hob die schmalen Schultern. »In sie umgebendem Material vermögen sie sich binnen Sekunden zu reproduzieren und vermehren sich schneller als Krankheitserreger. Deshalb sind sie normalerweise auch darauf programmiert, durch Nah-UV defunktioniert zu werden.«
»Defunktioniert?«, fragte Eberly.
»Nah-UV?«, hakte Morgenthau nach.
»Defunktioniert, deaktiviert, zerstört, gekillt, gestoppt. Nah-ultraviolettes Licht ist weicher ‒ äh, nicht so energiereich ‒ wie ultraviolettes Licht mit kürzerer Wellenlänge. Deshalb vermag man mit Nah-UV Nanobots zu stoppen, ohne Menschen zu schaden. Sie bekommen höchstens eine leichte Sonnenbräune«, sagte er mit einem Grinsen.
Eberly legte die Finger aufeinander. »Dann ist es also möglich, Nanomaschinen zu kontrollieren.«
»Wenn man seeehr vorsichtig ist«, erwiderte Jaansen.
»Aber die Risiken sind trotzdem beängstigend«, sagte Morgenthau.
Jaansen zuckte erneut die Achseln. »Vielleicht. Aber betrachten sie die EVA, die wir vor ein paar Tagen an den Sonnenspiegeln durchführen mussten. Nanomaschinen hätten wir einfach in die Spiegelmotoren einzuschleusen vermocht, und sie hätten sie repariert, ohne dass jemand nach draußen hätte gehen müssen.«
»Dann könnten sie wirklich sehr hilfreich sein«, sagte Eberly.
»Ja, sicher. Sie wären für alle Wartungsaufgaben äußerst hilfreich«, erwiderte Jaansen. »Sie würden mir die Arbeit sehr erleichtern. Wenn sie streng kontrolliert werden«, fügte er hinzu, bevor einer der beiden anderen Bedenken zu äußern zu vermochte. »Das ist das eigentliche Problem: Sie unter Kontrolle zu halten.«
»Wäre es auch möglich, sie so gut zu kontrollieren, dass sie nur das tun, worauf sie programmiert sind ‒ ohne dass sie Amok laufen?«, fragte Morgenthau.
»Ja, klar. Aber man muss seeehr vorsichtig sein bei der Programmierung. Es ist wie eins dieser alten Märchen, wo man drei Wünsche frei hat und die Wünsche unangenehme Nebenwirkungen haben.«
»Wir werden Dr. Kristin Cardenas mit der Leitung der Nanotech-Gruppe beauftragen«, sagte Eberly.
Jaansens hellblonde Brauen hoben sich respektvoll um ein paar Zentimeter. »Cardenas? Sie ist hier?«
»Sie wird hier sein, in ein paar Monaten.«
»Das
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