Planeten-Flieger
Untätigkeit- verdammt. An Schlaf war nicht zu denken in dem wild schwankenden Schiff. So versammelten sich alle in der Halle und erwarteten voll Spannung, daß der Orkan das Flugschiff umwerfen würde. Aber der zähe Schlamm hielt den Schiffsboden fest. Je tiefer das Fahrzeug darin versank, desto ruhiger wurde seine Lage. Und als der braune Morast über die Fenster der Halle gestiegen war, lag das Flugschiff still wie in Abrahams Schoß. Leise surrten die Ventilatoren, welche die frische, künstliche Luft durch die Räume trieben. Freundlich leuchteten die elektrischen Glühlampen. Der Proviantmeister tischte ein vorzügliches Essen auf. Aber auch der Schein des schönsten Friedens konnte den Expeditionsleuten nicht über das schreckliche Bewußtsein hinweghelfen, daß ihr Flugschiff jetzt in dem Moraste eines fremden Planeten hilflos versank. Tröstlich klangen zwar hin und wieder die Hammerschläge von der Ausbesserungsarbeit zu ihnen hin. Aber selbst wenn es gelang, die Rohre wieder in Ordnung zu bringen, war es höchst zweifelhaft, ob man das Schiff mit den Explosionen aus dem Moraste würde herausheben können.
„Kommt her, Jungs", sagte Onkel Karl, „jetzt wollen wir uns den Venussumpf mal aus nächster Nähe begucken. Es wäre doch gelacht, wenn wir nicht etwas entdeckten, womit ihr euch interessant machen könnt, wenn wir erst wieder zu Hause sind." Bei diesen Worten sah er so vergnügt aus, als ob es gar nichts Hübscheres und Spannenderes für ihn geben könnte, als mal in einem Moraste unterzugehen. „Natürlich" rief Doktor Ackermann und schaute die Jungen ganz unternehmungslustig an. „Ich komme mit Ihnen."
Sie holten sich einen Scheinwerfer und stiegen hinauf in die Messe, deren Fenster gerade noch über der unmerklich steigenden Oberfläche des Sumpfes lagen. Sie leuchteten hinaus und selten sich bereit, um zu beobachten, was draußen vorging. Aber es war nichts zu sehen als die eintönige, öde, regungslose Fläche eines feuchten Sumpfes ohne Vegetation. Doktor Ackermann blickte den Ingenieur mit verzweifeltem Lächeln an. „Das ist allerdings nicht gerade eine sehr erheiternde Abwechslung."
„Jungs, geht wieder runter zu den anderen", sagte Onkel Karl.
,,'ne Blase, 'ne Blase", rief Otto aufgeregt und zeigte hinaus.
„Du hast die Blase wohl im Gehirn", fragte Rudi seinen Freund. „Ich sehe nüscht." „Schauen Sie, Doktor, da! Otto hat es ganz richtig erkannt", sagte Ingenieur, Beck. Eine große Luftblase hob sich aus dem Schlamme und blieb eine Weile stehen, ehe sie platte und in sich zusammensank. „Sollte es auf diesem dreckigsten aller Planeten Lebewesen geben?" murmelte der Arzt. Die vier starrten auf den vom Scheinwerfer beleuchteten Morast hinaus. Die letzte Spur der Luftblase zerging. Nichts regte sich mehr; nur der Sturm heulte an den Fenstererkern vorbei. Ganz langsam stieg der Sumpf. Aber nach einer geraumen Weile tauchte etwas aus dem Schlamm heraus, der schmutzig-helle Kopf eines großen Tieres, das halb einem Flußpferd, halb einem Krokodil zu gleichen schien. Aus den Winkeln des weit geöffneten Rachens floß Schlamm. Fauchend atmete das Tier und versank wieder im Moraste. „Komisch das Vieh hatte ja gar keine Augen", rief Otto.
„Augen braucht ein Tier auf der Venus nicht", belehrte ihn der Arzt. „Hier in der ewigen Finsternis könnte es ja doch nichts sehen. Ohne Zweck schafft die Natur kein Organ." „Es empfindet unseren Scheinwerfer nicht", meinte der Ingenieur, „sonst würde es rasch die Flucht ergriffen haben. - Seht, da ist es wieder!"
„Nein, das ist ein anderes Tier", stieß Rudi hervor.
In der Tat, jetzt war ein viel größerer Kopf aufgetaucht. Dicht neben ihm hob sich der Schlamm, und der kleinere Sumpfbewohner kam an die Oberfläche, um Atem zu schöpfen. Die Bewegungen beider Tiere waren unendlich träge und langsam. Daher erkannten die Zuschauer nicht sogleich, daß sich da vor ihren Augen ein Kampf auf Leben und Tod abspielte. Erst als das größere Tier das kleinere beim Kopfe packte und in dem Sumpfe versank, während der ganze weißliche Körper seines Opfers aus dem Moraste gehoben wurde, schrien die Jungen: „Er frißt ihn, er frißt ihn!" Der Sumpf schien voll von diesen langsamen Bestien zu sein. Immer wieder tauchten die fauchenden Rachen im Scheinwerferlichte auf. Schließlich aber stieg der Morast über die Fenster der Messe. Die Jungen und die beiden Männer wandten sich, um höher ins Schiff hinaufzuklettern.
„Schade, daß wir
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