Plantage der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
noch, aber sie meinte, die schwache Erhebung von Bergen zu sehen. Sie fing an zu schluchzen. Es war zu weit, sie hatte keine Kraft mehr. Warm rannen die Tränen über ihre starren Wangen. Doch sie biss die Zähne zusammen und schwamm weiter.
Léon Dupont kniete im Gras, neben sich ein Häufchen bunt schillernder Glasmurmeln, und versuchte, die Kugeln in ein Erdloch zu rollen, welches er mit Hilfe eines Suppenlöffels ausgehöhlt hatte. Doch so sehr er sich auch bemühte, die Murmeln blieben allesamt zwischen den Grashalmen hängen. Keine einzige kam auch nur in die Nähe der Vertiefung. Frustriert hob der Junge den Kopf. Wenn nur endlich der Vater gekommen wäre, um sein Versprechen einzulösen. Sie hatten doch den Drachen fertigbauen wollen, um ihn dann am Strand auszuprobieren.
„Léon?“, rief ein helles Stimmchen vom Haupthaus herüber. „Léon, wo bist du?“ Er duckte sich und hoffte, Fabienne würde ihn auf die Entfernung nicht sehen. Er schielte hinüber. Die kleine Schwester stand auf der obersten Stufe der hohen Treppe, die zu beiden Seiten von je einer ausladenden Palme gesäumt wurde. Trotz der Entfernung war er sicher, dass sie ihre Puppe unter dem Arm trug. Léon legte sich auf den Bauch. Wenn sie ihn entdeckte, musste er wieder Vater, Mutter, Kind mit ihr spielen. Oder seine Murmeln mit ihr teilen. Eines war so schlimm wie das andere. Er stopfte seinen schillernden Schatz in die Hosentasche und robbte rückwärts zu dem feuerrot blühenden Flamboyant-Baum, wo er sich unter den tief hängenden Ästen versteckte.
Fabienne hüpfte die Stufen hinunter und hopste über die sorgfältig geschnittene Rasenfläche direkt auf ihn zu. Léon kroch um den Stamm des Flammenbaumes und lugte dahinter hervor. Wenn er ihr schon nicht entkommen konnte, wollte er sie wenigstens ordentlich erschrecken.
„Au!“, brüllte Fabienne.
Er sah, wie sie ins Gras fiel und hörte erste Schluchzer, die plötzlich abbrachen. Sie hob etwas auf, und Léon ballte die Faust. Er hatte eine seiner Murmeln übersehen. Die kleine Schwester schniefte, rappelte sich hoch und lief eilig zum Haus zurück. Wütend hieb der Junge gegen das Holz. Fabienne hatte seine Murmel, er aber noch immer keinen Drachen. Und der Vater war ebenfalls nirgends zu sehen. Er stapfte aus seinem Versteck hervor. Er konnte auch allein zum Strand gehen und vielleicht ein paar Muscheln sammeln. Wenn eine besonders Schöne dabei war, konnte er sie Fabienne anbieten, um seine Murmel wiederzubekommen. Freiwillig würde die Schwester sie bestimmt nicht hergeben.
Nach einem letzten schnellen Blick, ob er auch nicht beobachtet wurde, lief er los, quer durch den Park des väterlichen Anwesens. Er schlüpfte durch die Reihe der Pimentbäume, die als Grundstücksbegrenzung dienten, und nahm den sandigen Pfad, der sich sanft abwärts wand. Die Nachmittagssonne schien warm durch die Blätter der hohen schlanken Palmen, die den Weg säumten. Nun, da er außer Sichtweite war, verlangsamte Léon seine Schritte. Er hatte es nicht mehr eilig. Sollte sich der Vater ruhig Sorgen machen, wenn er endlich im Garten erschien, wo er auf ihn gewartet hatte. Immer nur Geschäfte und Besprechungen und Reisen, die Tage andauerten. Wütend kickte der Junge einen Stein zur Seite.
Der Weg wurde breiter und flacher, links und rechts erhoben sich die ersten felsigen Hügel. Léon hörte das sanfte Rauschen des Meeres. Der Weg knickte ab, und unmittelbar nach der Biegung erstreckte sich der Strand. Der Junge stopfte die Fäuste in die Hosentaschen. Er hatte keine Lust mehr, Muscheln zu sammeln. Einsam war es auch hier, fast ein bisschen unheimlich. Der Sand war gelb und der Himmel am Horizont düster, obwohl die Sonne schien. Und diese brannte heiß. Oben im Garten, unter den Bäumen, die Schatten spendeten, war ihm gar nicht aufgefallen, wie heiß sie heute schien.
Er bekam Durst, und er wollte wieder nach Hause. Gerade wollte er sich abwenden, um zurückzulaufen, als er am Ufer des Meeres eine Bewegung wahrnahm. Er blieb stehen und kniff die Augen zusammen. Was er sah, war dunkel und bewegte sich behäbig flach am Boden. Eine Schildkröte? Sie musste sehr groß sein. Léon schwankte zwischen Neugier und Furcht. Ob er es wagen konnte, näher ranzugehen? Ob sie ihn beißen würde? Vielleicht war sie krank oder hatte sich verlaufen. Zögernd setzte er einen Fuß vor den anderen. Die Schildkröte lag schwer im Sand und rührte sich nicht mehr. Bestimmt war sie eingeschlafen. Wenn er sich
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