Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
Vom Netzwerk:
wurde.
    Ruth fragte sich, was Cam und Allison wohl miteinander getrieben hatten. Hatten sie sich auf Oralsex oder manuelle Praktiken beschränkt, oder waren sie richtig zur Sache gegangen? Ruth wollte besser sein. Sie wollte, dass er sich mehr nach ihr sehnte als nach der Jüngeren, und sie dachte an Ari und die herrlichen kleinen Perversitäten, die sie sich geleistet hatten, die Küsse, die Finger- und Zungenspiele. Die Erinnerung daran machte ihr bewusst, dass Deborah sie im Schlaf berührte, und sie presste die Schenkel so eng zusammen, wie es die Stiche an der Hüfte zuließen, um die aufsteigende Wärme in Schach zu halten.
    Sie glaubte, dass sie darum bei Cam länger gezögert hatte als bei irgendjemandem sonst, weil er sie in ihrem schlimmsten Zustand gesehen hatte. Aber da war auch immer noch etwas anderes gewesen, das sie zurückhielt. Es wäre frivol gewesen. Es wäre einfach nicht richtig gewesen. Sie fand, dass sie die Erleichterung nicht verdiente, geschweige denn das Vergnügen. Schließlich hatten ihre Fehler zu diesem Krieg geführt, bei dem so viele Menschen überall auf dem Planeten umgekommen waren.
    Ruth biss sich auf die Unterlippe und beobachtete den Mann auf der Pritsche nebenan, einen Army-Angehörigen mit tiefen Schnitten am Kinn und an der Nase. Einige Zeit zuvor hatte eine Schwester seine Decken zurückgeschlagen und ihm einen Verband am Schlüsselbein gewechselt. Seine Haut wirkte fahlgelb, aber sein Atem ging regelmäßig, und Ruth wünschte, sie könnte ihm so viel von ihrer eigenen Kraft übermitteln, wie er brauchte, um gesund zu werden.
    Hernandez kam langsam durch das Halbdunkel und blieb ein paar Bettenreihen von ihr entfernt stehen, um einige Worte mit einem Verwundeten zu wechseln. Noch einmal hielt er an, ehe er ihre Pritsche erreichte und sie und ihre Gefährten musterte.
    »Ich bin wach«, sagte Ruth.
    Hernandez nickte. Er hatte eine Plastik-Feldflasche bei sich, die er ihr entgegenstreckte. Ruth spürte die Wärme des Behälters, noch bevor sie ihn berührte. »Suppe«, sagte er.
    »Danke, General.«
    Er reagierte nicht auf den Titel, den sie als Kompliment gedacht hatte. Seine Blicke wanderten über Cam, der immer noch schlief, und dann zu dem Soldaten auf der Pritsche nebenan. Er wirkte so ehrfürchtig, als befände er sich in einer Kirche. Das hieß aber nicht, dass er persönlich beeindruckt war. Hernandez hatte in erster Linie den Wunsch, ihre Ruhe nicht zu stören, und Ruth spürte sehr wohl die Last der Verantwortung, die ihn bei allem, was er tat, niederdrückte.
    Sergeant Estey hatte sie eine Stunde zuvor ebenfalls besucht. Ruth war ihm dankbar für seinen Bericht über den Stand der Dinge, obwohl Estey extrem kühl und sachlich blieb. Er und Ruth hatten sich nie mit Small Talk abgegeben, und Ruth wusste, dass diese Einstellung eine ausgezeichnete Möglichkeit zur Bewältigung war. Dennoch hatte sie versucht, ihn ein wenig zu lockern. Sie wollte nicht nur ein Job für ihn sein. Also hatte sie ihn gebeten, Grüße an Haie und Goodrich auszurichten, doch er war nach einem kurzen Nicken wieder zur Tagesordnung übergegangen.
    Frank Hernandez war jetzt Ein-Sterne-General. Man hatte ihn zum dritthöchsten Befehlshaber der zentralen Streitkräfte von Colorado gemacht, teils deshalb, weil sonst niemand mehr da war, vor allem aber, weil er in einer schwierigen Situation das Richtige getan hatte. Hernandez war maßgeblich daran beteiligt gewesen, die Bodentruppen in dem Gebiet neu zu organisieren und so aufzustellen, dass sie dem Feind rechtzeitig Widerstand bieten konnten. Viele der Garde- und Reserveoffiziere, die im Prinzip einen höheren Rang besaßen als er, hatten ihm den Vortritt gelassen.
    Seine Entscheidungen erwiesen sich bei vielen Gefechten entlang des Highway 50 und 133 als ausschlaggebend für den Sieg. Ob eine Infanteriekompanie dort war, wo sie gerade gebraucht wurde, oder eine Artillerieeinheit über das nötige Werkzeug zur Wartung ihrer Kanonen verfügte – Hernandez bot die Lösung zu jeder noch so komplexen Gleichung. Sein Talent, das Gelände schon im Voraus richtig einzuschätzen, sowie die Tüchtigkeit seiner Leute ersparten dem Land Hunderttausende von Gefallenen.
    Er war untrennbar mit dem Nano-Krieg verbunden. Ruth glaubte, dass ihn in Wahrheit sein ausgeprägtes Pflichtbewusstsein an die vorderste Front gebracht hatte. Hernandez sollte eigentlich nicht hier sein. Die Gefechte in der Gegend des Sylvan Mountain hatten stark zugenommen, seit die

Weitere Kostenlose Bücher