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Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
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sich getäuscht? Nein. Sein Blick verriet Verlegenheit, als er sich abwandte.
    Hernandez war nicht kräftig genug, sie zu stützen. Die Verbrennungen. Seine graue Gesichtsfarbe. Er hatte eine Strahlungsvergiftung erlitten. Er überspielte den Moment der Befangenheit, indem er sich rasch Cam und Deborah zuwandte.
    Er schien die Ärztin nicht zu erkennen – sie hatten kaum miteinander zu tun gehabt. Aber Deborah trat mit einer Beschützergeste neben Ruth, während Cam weiter hinten im Truck kauerte und den linken Arm gegen die Rippen presste. Einer der Marines half ihm beim Aussteigen, und Hernandez sagte: »Hey, hermano!«
    Bruder. Die gemeinsamen Latinowurzeln verbanden die beiden Männer in einer ganz besonderen Weise, denn die meisten Überlebenden waren Weiße.
    »Mucho gusto en verte«, sagte Cam.
    Ruth wusste nicht, was das bedeutete. Sie hörte ohnehin kaum zu, weil sie mit ihren Gedanken anderswo war. Sie hatte ihre Zurückhaltung falsch eingeordnet, als sie Hernandez ganz sacht berührte – obwohl offensichtlich war, wie es um ihn stand, sobald sie erkannt hatte, wie ihn die Uniform umschlotterte.
    »Ich freue mich, dass Sie okay sind«, sagte sie.
    Er hatte nicht mehr lange zu leben.
    »Ja. Das gilt auch umgekehrt.« Hernandez sah, dass sie weinte, und warf ihr einen prüfenden Blick zu, ehe er wieder lächelte. »Wir versorgen jetzt Ihre Wunde und warten, bis Sie ausgeruht sind. Danach reden wir weiter.«
    »Ich benötige Blutproben von allen Anwesenden«, sagte Ruth.
    »Später, okay?«
    »Leiten Sie schon mal alles in die Wege, während wir behandelt werden, Sir«, warf Deborah ein. »Die Zeit drängt.«
    Hernandez sah sie an. »Sie sind die Astronautin. Reece.«
    »Ja, Sir.«
    Er rieb sich die Augen, unter denen tiefe Schatten lagen, und schüttelte den Kopf. »Grand Lake hat uns nicht verraten, wen wir aufnehmen sollten. Eine Spezialistin mit Eskorte. Wäre ich im Bild gewesen, ich hätte versucht, mehr Leute zur Abwehr der Chinesen zusammenzuziehen. Aber sie sind fast überall zahlenmäßig im Vorteil.« Er machte eine Pause. »Das mit Ihren Begleitern tut mir leid.«
    Ruth nickte. Während sie in Sicherheit waren, verblutete Somerset dort draußen auf dem Berghang. Aber Grand Lake hatte nichts über ihre Mission verraten, weil zu viele elektronische Überwachungsgeräte auf die Rocky Mountains gerichtet waren. Ein einziges falsches Wort hätte genügt. Ein Hinweis. Falls die Russen oder die Chinesen erfuhren, dass sie unterwegs war, setzten sie vermutlich ihre gesamte Streitmacht darauf an, sie zu töten oder gefangen zu nehmen.
    »Die Leute, die wir zurücklassen mussten – können Sie die holen?«
    »Ich habe vor Stunden einen weiteren Track losgeschickt. Falls er nicht durchkommt, wird die Besatzung versuchen, Ihre Gefährten zu Fuß zu erreichen.«
    »Danke.«
    »Ich werde ein paar Teams für die Blutentnahme abstellen. Können Sie mir sagen, wonach genau Sie suchen?«
    »Nanos. Ich …«
    »Das ist mir schon klar. Andernfalls wären Sie ja nicht hier.« Hernandez gab den Blick auf den Krieger hinter dem Gentleman frei, als er sie herausfordernd musterte. »Aber den Impfstoff haben wir bereits, und Sie waren bestimmt nicht mit einem Jeep unterwegs, weil Sie keinen Helikopter auftreiben konnten …«
    Ruth unterbrach ihn ebenfalls. »Ich brauche nicht mehr als einen Tropfen von jedem Ihrer Leute. Ein kurzer Piks mit der Nadel reicht. Wichtig ist, dass jede Probe genau mit folgenden Daten beschriftet wird: Name und Einheit der Person sowie ihr Aufenthalt nach und vor der Bombardierung von Leadville.«
    »Vor der Bombardierung?«, wiederholte Hernandez.
    »Ja.« Ruth räusperte sich. Sie wollte ihn nicht noch mehr verletzen, aber sie fand, dass er es verdiente, die Wahrheit zu erfahren. »Leadville hat die neue Technologie am eigenen Volk getestet«, sagte sie.
    Sie wurden zu einem überfüllten Zelt gebracht, und ihr Déjà-vu-Gefühl wollte nicht weichen. Am liebsten hätte sie losgelacht, doch das wäre gewiss nicht gut angekommen. Zu oft hatte sie sich von Sanitätern und Medizinern umringt gesehen, wie ein beschädigter Rennwagen, den die Mechaniker unbedingt wieder auf die Strecke bringen mussten. Sie hoffte, dass sie diese Art von hektischer Betreuung nicht mehr so oft benötigen würde, und doch sah sie auf ihrem künftigen Weg immer wieder Blut und nochmals Blut. Töten oder getötet werden. Wie sonst konnte man diesen Krieg beenden? Durch Kapitulation? Möglicherweise ließ der Feind

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