Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson

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sie uns so ein Ding vor die Zehen schmeißen könnten. Gegen diese Taktik wäre dann jedes Flugzeug machtlos, oder?«
    »Das wäre doch Wahnsinn«, widersprach Newcombe. »Das hier ist amerikanischer Grund und Boden.«
    »Nein. Das war amerikanischer Grund und Boden.«
    »Sie werden bei konventionellen Waffen bleiben«, beharrte Newcombe. »Überlegt doch! Ein Wagnis ist es ohnehin. Deshalb sollten wir zusehen, dass wir die Rebellen und die Kanadier auf unsere Seite bringen.«
    Ruth ballte die Hand des gebrochenen Arms zur Faust. Sie fragte sich, wie stark Newcombes Denken von seiner Ausbildung beeinflusst war. Von seinem Bedürfnis nach Strukturen und Hierarchien. Newcombe war ein echter Gewinn, ein großartiger Soldat, der in jeder Situation improvisieren konnte – aber eben doch ein Soldat, der seinen festen Platz in einem größeren Befehlsschema brauchte.
    Er konnte sich zu einem Problem entwickeln.
    »Wollen Sie allein hier unten zurückbleiben?«, fragte er und deutete auf ihre Armmanschette. Hatte er gesehen, dass sie eine Faust machte?
    Die Infektionen gestern Nacht haben ihm einen Schrecken eingejagt, dachte sie. Mir auch. Aber sie wusste zumindest, wie selten es war, auf eine derart starke Konzentration von Nanobots zu stoßen, insbesondere später, wenn sie das Delta verlassen hätten.
    »Sie haben bewiesen, dass sie bereit sind, eine Menge Menschenleben aufs Spiel zu setzen«, sagte Newcombe. »Flugzeuge. Treibstoff. Es war von Anfang an geplant, Sie in den Norden zu bringen, in ein Labor, wo Sie den Impf-Nano verbessern und dann überall auf dem Planeten verteilen sollten.«
    »Das können wir immer noch tun«, sagte Ruth mit Bedacht. »Das können wir tun, nachdem wir ein paar Leute hier draußen geimpft haben.«
    Cam überraschte sie. »Wir könnten uns trennen«, schlug er vor.
    Sie hatte richtig erkannt, dass er unsicher war, aber sie hatte nicht geahnt, welches Problem ihn am meisten beschäftigte. Sie hatte geglaubt, er sei halbwegs entschlossen, sich dem Plan von Newcombe zu beugen und eine Maschine nach Kanada zu besteigen. Stattdessen hatte er einen anderen Weg aus der Zwickmühle gefunden. Er war gewillt, sie im Stich zu lassen – und das regte sie mehr auf, als sie gedacht hätte. Es machte sie wütend.
    »Warum trennen wir uns nicht einfach?«, sagte Cam. »Ich kann versuchen, die Berge zu erreichen, während ihr beide euch zu diesem vereinbarten Treffpunkt begebt.«
    Sie empfand seine Worte wie einen Verrat.


4
    Sie waren auf dem Wasser, noch bevor sich die Sonne über die Berge erhob. Inzwischen besaßen sie Übung und durchstöberten das Haus in fünf Minuten. In der Küche entdeckten sie einen Kasten Mineralwasser und in den Bädern jede Menge Desinfektionsmittel, Mullbinden, Heftpflaster und Parfüm. Dann rannten sie zum Pick-up. Newcombe startete ihn mühelos, während Cam und Ruth in das Boot hinter ihm kletterten. Alles lief nach Plan. Aber Cam fiel auf, dass sie schweigsamer waren als sonst, und er wusste gleich, dass er Ruth erschreckt hatte. Gut. Sie musste begreifen, dass er nicht ihr Hund war, der immer brav gehorchte. Dennoch ertappte er sich dabei, dass er immer wieder ihren Blick suchte.
    Sie beachtete ihn nicht. Abgeschirmt von ihrer Brille und Gesichtsmaske, saß sie steif auf ihrem Platz, wegen der Armmanschette halb zur Seite gedreht.
    Das Boot war ein knapp sieben Meter langer Champion, schnittig wie ein Pfeil und fast ebenso schmal. Mit einer Tiefe von weniger als einem Meter und lediglich zwei Sitzen auf dem glatten Deck hatte es wohl vor allem dazu gedient, Barsch-Angler von einem guten Fangplatz zum nächsten zu befördern. Es passte sehr gut. Cam schätzte, dass selbst die Antriebswelle nur einen halben Meter unter dem Kiel lag, was zwischen den Ruinen von entscheidender Bedeutung sein konnte.
    Newcombe fuhr langsamer ans Ufer, als Cam erwartet hatte. Sie mussten wieder in den Nano-Herd eingetaucht sein, sobald sie das Haus verlassen hatten, aber die Straße besaß kaum ein Gefälle, und die Wasserlinie hatte sich mehrmals vorgeschoben und wieder zurückgezogen, sodass ein dreißig Meter breiter Streifen aus Schlammdünen und Unrat entstanden war.
    »Festhalten!«, rief Newcombe nach hinten. Der Pick-up samt Anhänger knirschte durch Styropor, einen Lampenschirm, leere Limodosen, stinkende nasse Kleidungsstücke und durchweichtes Papier. Endlose Lagen Papier. Im seichten Wasser des Uferbereichs dümpelte vor ihnen Müll, eingezwängt zwischen die Häuser zu