Platon in Bagdad
Buch
Al-Taisir
widmete. Beide Werke waren als umfassende medizinische Lehrbücher gedacht, und einige lateinische Ausgaben enthalten sie zusammengebunden als ein Buch, das mancherorts Ibn Sinas
Kanon
ersetzte. Bei seinen medizinischen Forschungen entdeckte Ibn Ruschd unter anderem, dass die Netzhaut und nicht die Linse der empfindliche Bestandteil des Auges ist, eine Erkenntnis, die in Vergessenheit geriet, bis sie der Anatom Felix Platter (1536 – 1615) wieder aufnahm.
Als erster Autor überhaupt beklagte Ibn Ruschd die Diskriminierung der Frau, für ihn eines der gravierendsten Probleme der muslimischen Gesellschaft.
In diesen [heutigen] Städten freilich ist die Fähigkeit der Frauen unbekannt, weil sie dort nur zum Gebären benützt werden und deshalb ihren Männern dienen, gebären, aufziehen und säugen müssen. Dies aber hebt ihre anderen Tätigkeiten auf. Weil die Frauen in diesen Städten nicht für die menschlichen Tugenden vorbereitet sind, kommt es oft vor, dass sie in diesen Städten Pflanzen gleich geachtet werden. Dass sie in diesen Städten den Männern zur Last fallen, ist eine der Ursachen der Armut dieser Städte. Frauen gibt es dort doppelt so viele wie Männer; nur dass sie nicht an der Ausführung der notwendigen Arbeiten beteiligt sind …
Die astronomischen Forschungen des Ibn Tufail setzte sein Schüler al-Bitrudschi, lateinisch Alpetragius (tätig um 1190), fort; von ihm ist nur das
Kitab al-Hay
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(Buch der Astronomie) bekannt. Darin bestätigte Al-Bitrudschi zwar, dass die Theorie des Ptolemaios eine exakte mathematische Beschreibung der Planetenbewegung darstellte. Dennoch hielt er das ptolemäische Modell für unbefriedigend, weil seine Exzenter, Epizykel und Äquanten mit Aristoteles’physikalischer Auffassung der homozentrischen Sphären nicht vereinbar waren. Also unternahm er den Versuch, ein Modell aus einem einfachen System konzentrischer Sphären zu formulieren, eine Sphäre für jeden Planeten, und dieses Modell entsprach Ptolemaios’ Theorie.
Das
Kitab al-Hay
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wurde ins Hebräische und Lateinische übersetzt, so dass die Ideen al-Bitrudschis zwischen dem 13. und dem 17. Jahrhundert in weiten Teilen Europas Verbreitung fanden. Seine Planetentheorie sprach diejenigen an, die das aristotelische Modell der homozentrischen Sphären gegenüber den Verfechtern von Ptolemaios’ exzentrischen Epizykeln und Äquanten vertraten. Und so war es vermutlich al-Bitrudschi, den Isaak Israeli (tätig 1310) aus Toledo als einen »Mann, dessen Theorie die Welt erschütterte«, beschrieb. In seiner heliozentrischen Theorie von 1543 bezog sich Kopernikus hinsichtlich der Anordnung der Planeten Merkur und Venus auf al-Bitrudschi.
Als Córdoba 1252 an die Christen gefallen war, wurde die westarabische Wissenschaft in Granada – dem letzten muslimischen Königreich in Al-Andalus – und im Maghreb weiter betrieben, allerdings in wesentlich kleinerem Umfang.
Der Mathematiker Ibn al-Banna al-Marrakuschi (1256 – 1321), gebürtig aus Granada, verbrachte offenbar den größten Teil seines Lebens in Marrakesch, wie sein Name andeutet. Er studierte dort wie auch in Fes, wo er an der Madrasa al-Attarin Mathematik und Astronomie lehrte. Von seinen 82 bekannten Werken ist die
Zusammenfassung der arithmetischen Operationen
das wichtigste, ein Kompendium der verlorenen Schriften des Mathematikers al-Hassar (tätig um 1200).
Al-Qalasadi (um 1412 – um 1506) ist der letzte arabische Mathematiker, von dem man weiß, dass er in Al-Andalus und im Maghreb lebte. Er stammte aus Basta (jetzt Baza) in Spanien, doch als das Heer der Königin Isabella von Kastilien die Stadt im Jahr 1486 einnahm, musste er in den Maghreb fliehen, wo er in Beja in Tunesienstarb. Zu seinen Werken gehört ein Kommentar zu Ibn al-Bannas
Zusammenfassung der arithmetischen Operationen
. Die erste seiner eigenen Schriften war die
Erklärung der Wissenschaft der Arithmetik
, auf die eine vereinfachte Version mit dem Titel
Enthüllung der Wissenschaft der Arithmetik
folgte und dann eine Kurzfassung seines Werks mit dem Titel
Darlegung der Geheimnisse der Verwendung von Staubziffern
(d. h. Hindu-Zahlen). Die letzten beiden Werke wurden noch Generationen nach al-Qalasadi in marokkanischen Schulen verwendet.
Al-Qalasadi starb nur wenige Jahre nach der Eroberung Granadas im Jahr 1492, die das Ende der Geschichte von Al-Andalus bedeutete. Letztendlich ist vom geistigen Leben des muslimischen Granada nur das Casa de la Ciencia
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