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Platon in Bagdad

Platon in Bagdad

Titel: Platon in Bagdad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Freely
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Universität von Konstantinopel in Gebrauch waren. Ein weiterer Schüler des Blemmydes, der ebenfalls an der Universität unterrichtete, war Georgios Pachymeres (1242 – 1310); er war vor allem als Historiker tätig, beschäftigte sich aber auch mit Mathematik und Musiktheorie.
    Mehrere Gelehrte aus Byzanz gingen in diplomatischer Mission ins Abendland oder um an europäischen Universitäten zu lehren. Unter den ersten gelehrten Diplomaten war der Mönch Maximos Planudes (1260 – 1310), der 1296 von Andronikos II. (reg. 1282 – 1328) nach Venedig entsandt wurde. Nach seiner Rückkehr nach Konstantinopel übersetzte Planudes einige Bücher, die er in Italien erworben hatte, vom Lateinischen ins Griechische, darunterWerke von Cicero, Ovid, Augustinus und Boëthius. Die erstaunliche Menge erhaltener Handschriftenkopien seiner Übersetzungen belegt, dass sie an italienischen Universitäten häufig für die Lehre des Griechischen verwendet wurden, das mit dem italienischen Humanismus und seinem Interesse an der klassischen Gelehrsamkeit aufkam. Er verfasste auch zwei Werke zur Mathematik, eines davon ein Kommentar zu Diophants
Arithmetica
und das andere eine Abhandlung zur Verwendung der »Hindu«-Zahlen in der arabischen Mathematik, die erste Erwähnung dieses Zahlensystems bei einem byzantinischen Gelehrten.
    Der italienische Humanismus orientierte sich zunächst vor allem an der lateinischen Gelehrsamkeit, bis Petrarca (1304 – 1374) und sein Schüler Boccaccio (1313 – 1375) sich aufmachten, Griechisch zu lernen, um Homer, Platon und andere griechische Autoren im Original lesen zu können. Petrarca lernte die Sprache zunächst in Avignon bei Barlaam von Kalabrien (gest. 1348), der als Gesandter des Kaisers Andronikos III. (reg. 1328 – 1341) am päpstlichen Hof weilte. Doch kurz darauf starb Barlaam, und Petrarca sollte nie richtig Griechisch lernen.
    Der berühmte byzantinische Humanist Manuel Chrysoloras (um 1350 – 1417) wurde 1390 in diplomatischer Mission von Konstantinopel nach Venedig gesandt. Während seines Aufenthalts in der Lagunenstadt, der im folgenden Jahr endete, erhielt er das Angebot, in Florenz Griechisch zu unterrichten, und er lehrte dort von 1396 bis 1400. Zu den führenden Florentiner Staatsbeamten und Humanisten, die in seine Vorlesungen strömten, gehörte der Kanzler Leonardo Bruni. Er soll geäußert haben, dass er dank Chrysoloras’ Anregung eine Sprache lerne, die seit 700 Jahren kein Italiener verstanden habe.
    Das Lehrbuch, das Chrysoloras für seine Kurse verfasste, die
Erotemata
(Fragen), übersetzte Guarino von Verona (1374 – 1460) ins Lateinische, der zwischen 1403 und 1408 bei Chrysoloras in Konstantinopel Griechisch lernte. Anschließend lehrte Guarino Griechischin Venedig, Florenz und Ferrara, wo er die letzten 30 Jahre seines Lebens verbrachte und Studenten aus so weit entfernten Gegenden wie England um sich scharte. Er war auch für seine Übersetzungen bekannt, darunter Homer, Herodot, Plutarch und Strabon, dessen
Erdbeschreibung
er in späteren Jahren übersetzte.
    Chrysoloras war ein Zeitgenosse des Florentiner Humanisten Poggio Bracciolini, der 1417 den vollständigen Text von Lukrez’ Lehrgedicht
De rerum natura
entdeckte; die Naturphilosophie in diesem Werk beruht auf Demokrits Atomtheorie. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erschien es zum ersten Mal im Druck, es folgten zahlreiche Nachdrucke. Damit lebte das Interesse an der Atomtheorie wieder auf, die seit der Antike in Vergessenheit geraten war.
    Am Beginn des 14. Jahrhunderts erlebte Byzanz eine letzte Blütezeit, auch als das Reich bereits von immer neuen Wellen osmanischer Türken verschlungen wurde. Ihre erste Hauptstadt errichteten die Osmanen 1326 in Bursa, im nordwestlichen Kleinasien, 20 Jahre später drangen sie nach Europa vor, wo sie die Stadt Kallipolis (Gallipoli, heute Gelibolu) an den Dardanellen eroberten. Der byzantinische Gelehrte Demetrios Kydones hielt die türkische Eroberung von Kallipolis in seinen Aufzeichnungen fest; bekannt ist er für seine Übersetzungen aus dem Lateinischen ins Griechische, vor allem der
Summa theologica
des Thomas von Aquin. Laut Kydones setzte mit der Eroberung von Kallipolis der Exodus der byzantinischen Griechen ein: nach Italien, Spanien und sogar weiter »zum Meer jenseits der Säulen des Herakles [durch die Straße von Gibraltar]«.
    Das Ausmaß dieser kulturellen Renaissance zur Zeit der Palaiologen lässt sich an den prächtigen Mosaiken und

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