Plattenbaugefühle: Jugendroman
immer Leute dabei gewesen, dieses Mal nicht!« ruft er triumphierend aus.
Er macht sich sofort auf den Weg. Ich bin eifersüchtig. Das muss es sein! Das muss dieses Gefühl sein. Nicht Neid! Und kein böser Wunsch! Ich möchte einfach, dass es so bleibt, wie es die letzte Woche war. Dass ich der wichtigste Mensch in seinem Leben bin. Dass er mit mir die ganze Zeit zusammen ist. Ja, das möchte ich. Das ist Eifersucht, die mir so zu schaffen macht. Bisher habe ich nur in Büchern darüber gelesen, in Filmen erstaunt mit angesehen. Aber das ist es! Und es ist kein schönes Gefühl! Es ist verdammt beschissen. Am liebsten hätte ich ihn, als er aufgestanden ist, wieder zurückgezogen, ihn irgendwie an mich gebunden.
Ich kuschele mein liebes - und vor allem treues - Stofftierchen, »gell, Wuffi«, sage ich ihm, »du bist immer für mich da, wenn ich dich brauche!«. Dann fange ich eines der Bücher zu lesen an, die ich morgens aus der Schulbibliothek ausgeliehen hatte. ›Running Man‹ heißt es: Bis in seine Träume hinein wird Joseph vom ›Running Man‹ verfolgt, der durch die Stadt rennt wie ein Getriebener ... So recht kann ich mich aber nicht konzentrieren. Immer spukt Danny in meinem Kopf herum. Kann nicht alles so bleiben, wie es gerade ist? Es soll niemand zwischen uns treten. Ich drehe ganz laut MGMT auf, suche die CD-Hülle und schaue mir das Cover der Band genauer an. Die machen ähnliche Musik wie die Fleet Foxes, sie gehören auch dieser Bewegung der New Hippies an, sind aber ein bisschen verrückter, bunter, jünger und sehr viel elektronischer. Die beiden Bandmitglieder sind weder Karohemden- noch Bartträger, der Sänger läuft oft mit nacktem Oberkörper herum und mit einem Stirnband ... Ich lege mich in mein Bett und döse ein. Ständig habe ich Bilder in meinem Kopf, wie ich in MGMT-Videos mitspiele. In ›Electric Feel‹ tanze ich mit ihnen im Dschungel, habe genauso bunte Klamotten und Ketten an wie die Bandmitglieder, trage ein witziges Stirnband, das meine blonde lange Mähne in Zaum hält. In ›Time to Pretend‹ surfe ich mit dem Sänger auf einem Board. Dann liege ich mit ihm am Strand und er zieht mich an sich ran.
Oh Mann! Ich wache auf. Zu Fabian-Zeiten dachte ich immer: Hm, es ist eben eine Phase, mir reicht mein Freund Fabi, ich brauche keine Freundin. Es interessierten sich zwar Mädchen für uns, Fabi traf sich auch mit welchen, aber es ist nie etwas daraus geworden. Nach ein paar Treffen hatte er das Interesse verloren. An mir nie. Ich traute mich nicht mit Mädchen zu daten. Ich dachte immer: Nein, es ist nicht das Richtige! Es war gut, wie es war. Wir trafen uns mit unseren Freunden. Wir fragten uns nie, ob wir schwul sind, es hat auch keiner danach gefragt. Wir waren einfach beste Freunde. Es gab nie einen Kuss, nie eine intime Berührung oder so was.
Jetzt bin ich in Kranichstein und ständig taucht dieses Thema auf. Und mittlerweile glaube ich selbst schon daran, dass ich schwul bin. Aber bin ich das wirklich? Wenn nur diese Träume nicht wären. Doch sie sind da – und sie verstören mich nicht mehr so sehr wie früher. Zu schön ist das Gefühl dabei. Ich schaue mir wieder das Cover von der MGMT-CD an und muss gestehen, dass ich den Sänger sexy finde. Verdammt, er gefällt mir. Wie mir noch nie ein Mädchen gefallen hat. Das ist die Wahrheit! Nie denke ich an Mädchen. Es stört mich auch nicht weiter. Bisher störte mich auch nie, dass ich mit fast 16 noch nie einen Kuss bekommen habe. Und jetzt? Keine Ahnung! Ich möchte Danny für mich behalten.
»Was macht die Liebe?« höre ich Fabians Stimme am Telefon sagen. Sie trifft mich wie ein Blitz. Glaubt er auch, dass ich schwul bin?
»Was macht sie bei dir?« frage ich - im Versuch von mir abzulenken.
»Hey, ich bin verliebt, zumindest glaube ich das. Ich denke immer an ein Mädchen, an Sabrina, und ich würde gerne mehr mit ihr machen als Knutschen wie bisher.«
Oh nein, das möchte ich nicht hören – er also auch noch!
»Ich habe dich sehr gerne, Fabi!« sage ich vielleicht etwas zu gefühlsduselig.
»Ich dich doch auch, Jonas!« antwortet er sanft und für mich überraschend.
»Du fehlst mir!« Meine Stimmung wird noch rührseliger. Ich muss weinen.
»Wieso weinst du?«
Dann platzt alles aus mir heraus:
»Fabi, ich bin verwirrt. Danny denkt, dass ich schwul bin. Was soll ich tun? Bin ich wirklich schwul? Was sagst du denn?« Ich atme gar nicht mehr aus, kollabiere fast.
»Jonas, ich weiß nicht, ob du
Weitere Kostenlose Bücher