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Plattenbaugefühle: Jugendroman

Plattenbaugefühle: Jugendroman

Titel: Plattenbaugefühle: Jugendroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jannis Plastargias
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Aufmunterung.
    Ich nicke, wenig begeistert.
    »Such du die Schokolade aus« fordert er mich auf, als wir im Supermarkt sind, »ich hole das Eis.« Er verschwindet hinter den Regalen.
    Ich bewege mich durch die fremden Reihen, ich war noch nie hier – meine Mutter kauft immer genug ein – ich suche überall diese verdammte Schokolade – was für eine blöde Idee! Ich irre herum, Einkaufswagen stoßen mich an, ein kleines Kind schreit im nächsten Gang, ich finde keine Schokolade, ich sehe keine Angestellte, ich … ich erblicke sein Gesicht! Oh, mein Gott! Er steht einige Meter vor mir. In der Abteilung mit den Softgetränken. Mein Herz fängt an zu rasen. Er steht dort alleine. Er hat mich nicht bemerkt. Mir ist kalt. Ich muss ihn ansprechen. Ich schleiche mich an ihn heran. Er sucht nach einem Getränk. Ich bleibe kurz vor ihm stehen. Ich halte meinen Atem an. Seine Hand greift nach einer Flasche Coke. Er überlegt. Ich starre ihn von hinten an. Er hat sich entschieden, nimmt sich die Flasche aus dem Regal und dreht sich nach rechts: in meine Arme. Kurz bevor er mich berühren könnte, stoppt er. Erstaunt blickt er mich an.
    »Was machst du hier?«
    »Und du?«
    »Nichts.«
    Er schaut mich an, als wäre alles normal. Ich spüre seine Freude, mich zu sehen. Seine Augen leuchten wie die eines Kindes vor dem Weihnachtsbaum.
    »Afyon!« Ich versuche streng zu wirken.
    »Was?« Klingt seine Stimme verständnisvoll, oder täusche ich mich?
    »Warum meldest du dich nicht?«
    Betretenes Schweigen. Er dreht die Cokeflasche in seinen Händen.
    »Ich habe dich vermisst!«
    Er hebt seinen Blick. Er legt den Zeigefinger auf seine Lippen, sagt lautlos »Psssst!« Er kommt mir näher, flüstert in mein Ohr: »Heute Abend. Um neun. Bei dir!« und schubst mich leicht zur Seite. Lächelnd. Er geht. Ich starre ihm fassungslos hinterher.
    Das soll alles sein? Hatte er nicht mehr zu sagen? Hatte er wenigstens nicht einen einzigen normalen, vollständigen Satz, für mich? Verdammt! Er gibt so wenig von sich preis, so wenig, dass ich ihn nicht fassen kann.
    »Jonas?«
    Danny holt mich aus meiner Starre – wie ein kleines verschrecktes Kaninchen fühle ich mich.
    »Ja, du hast Recht, was zum Trinken wäre nicht schlecht. Cola? Okay.«
    Er schnappt sich eine Coke aus dem Regal und zieht mich am Arm weiter.
    »Wo ist denn die Schokolade?«
    »Ähm …«
    »Jonas, Jonas! Was mache ich nur mit dir?« sagt er und schüttelt den Kopf.
    Er geht voraus, zieht mich mit in die Süßigkeitenabteilung.
    »Pfefferminz« – meine Gedanken sind weit weg – »Vollmilch-Nuss« – was ist nur mit Afyon los? – »und Erdbeer-Joghurt!« – Afyon, er sah so toll aus – »möchtest du noch eine andere Sorte?« – oh mein Gott, er kommt heute zu mir! – »Jonas!«
    »Was …«
    »Ich fragte, ob du noch eine andere Sorte Schokolade möchtest?« Danny schaut mich etwas genervt an.
    »Danke!«
    »Danke ja?«, Danny ist echt sauer, »oder danke nein, Jonas?«
    »Entschuldigung!« Danny versucht schon seit Tagen, mich aufzumuntern, und ich schäme mich für meine Unaufmerksamkeit.
    »Was ist denn los, Jonas? Warum benimmst du dich so?«
    »Immer muss ich mich danach richten, was andere sagen und machen, Danny.«
    »Ja?«
    »Ich sollte das wohl ändern!«
    »Solltest du.«
    Wir laufen Richtung K6 mit Eis, Coke und Schokolade vollgepackt. Danny führt mich an der Lärmschutzmauer entlang, die um das Wohngebiet gebaut ist, auf eine große Wiese zu. Sein Lieblingsplatz ist eine Holzbank. Danny ist ganz aufgeregt, erzählt mir von den Stunden, die er hier verbracht hat unter den großen Platanen, als Stress bei ihm zuhause die Regel war. Er redet so, wie ich es gar nicht von ihm kenne, so ernst, so nachdenklich, ich nehme respektvoll Platz auf ›Dannys Bank‹ und beobachte meinen Freund, wie er zum ersten Mal über persönliche, tiefe Gefühle redet. Wir schlemmen Pistazieneis mit Plastiklöffel, tunken Pffeferminzschokolade hinein und ziehen fürchterliche Grimassen dabei. Er versteht es, mich zum Lachen zu bringen.
    »Ich habe Afyon im Laden gesehen.«
    Dannys Augen sind weit aufgerissen. Jetzt bin ich derjenige, der ernsthaft und nachdenklich ist. Das Eis schmilzt, die Zeit vergeht und meine Augen füllen sich mit Tränen.
    »Komischer Kauz«, sagt Danny, schüttelt den Kopf, fragt tausendmal nach meinem Befinden.
    Ich stopfe mir die Hälfte der Erdbeer-Joghurt-Schokolade in den Mund und er lacht.
    »Scheiß drauf«, sagt er.

    »Ach, Jonas, auch ich kann

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