Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition)
Klapp.«
Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Er meint einen Laptop.«
Ein Klapp! Ein Laptop! Wie blöd und verbohrt musste man sein, um nicht darauf zu kommen. Irmi entfuhr ein Stöhnen. Unter Helga Bartholomäs Protesten begann Kathi zu suchen. Sie riss Töpfe aus den Schränken und stürmte die Speis, doch kein Klapp kam zum Vorschein.
»Ich muss jetzt kochen. Sie sehen doch, dass es hier nur Teller und Töpfe gibt!« Helga Bartholomä hieb mit einem Messer wütend in eine große Kartoffel.
Genervt stieß Kathi aus: »Dann machen S’ Ihre Erdäpfel halt drüben im Seminarhaus in der Küche …« Sie brach ab und sah Irmi an.
»Komm!«, rief Irmi, und die beiden stürmten hinaus. Hinüber in die Küche des Seminarhauses. Auch dort durchforsteten sie alle Schränke.
Veit Bartholomä kam dazu. »Was tun Sie da?«, fragte er entgeistert.
Die beiden Frauen blieben ihm die Antwort schuldig. Sie wühlten und wühlten. In einem großen Karton mit Papierservietten wurden sie fündig. Ein Netbook. Ein Klapp. Ein kleines, verstecktes Klapp.
Bartholomä war ganz fahl im Gesicht. »Das können Sie doch nicht einfach so mitnehmen!«, rief er. »Lassen Sie das da!«
»Doch, das können wir, Herr Bartholomä!«, schimpfte Kathi. »Vielleicht geben uns diese Daten neuen Aufschluss. Es geht hier um Mord. Ist doch komisch, dass sie das Netbook so gut versteckt hat. Wussten Sie davon?«
»Nein, Regina hatte doch den Computer im Büro. Sie saß ständig da. Sie … ach …« Bartholomä drehte sich um und eilte davon.
»Der ist ja völlig durch den Wind.« Kathi schüttelte den Kopf. »Los, lass uns lesen, was da drinsteht. Vielleicht kommen da ja die wirklich fiesen Geschichten von Marc von Brennerstein. Vielleicht war er ein Mädchenhändler oder Drogenbaron.«
»Ach, Kathi!«
»Oder da steht der Name des Wilderers. Sie war ihm auf der Spur, und er ist ihr zuvorgekommen. So war das!«
Irmi wollte Kathis Euphorie nicht schmälern und sagte dazu erst mal nichts. Sie spürte eine ungute Unruhe, ihr Magen krampfte sich zusammen. Was stand in diesem Klapp?
Es war inzwischen stockdunkel geworden. Irmi fuhr mit Kathi in Höchstgeschwindigkeit ins Büro, wo sie das Klapp anschaltete. Ein Passwort wurde gefordert. Irmi gab mit zitternden Fingern Platzhirsch ein. Verschrieb sich zu Platthirsch. Versuchte es erneut. Ein sattes Geräusch, da war die Oberfläche. Mehrere Bildverzeichnisse und Textdateien. Sie atmete tief durch, doch auf einmal zögerte sie. Als wollte sie gar nicht so genau wissen, was in dem Klapp stand. Sie sah auf die Uhr. Es war schon halb sieben.
»Ich nehme den Laptop mit und lese mich da heute Abend mal rein, wenn’s dir recht ist.« Irmi wusste, dass Kathi das recht war, denn heute hatte das Soferl Langlauftraining unter Flutlicht. Kathi hatte sich vorgenommen, Sophia hinzubringen und ein wenig zuzusehen. Sonst hatte sie ja immer so wenig Zeit für ihre Tochter und wollte ihr natürlich zeigen, dass sie sich für ihren neu entdeckten Sport interessierte.
5
August 1936
Der Herr Student redet nur noch vom Lichtspielhaus, von der Wochenschau und einem Tscharli Tschäplin und von einem Film, der Modern Teims heißen soll. Bei einem Film laufen Bilder auf einer großen weißen Wand entlang. So etwas habe ich noch nie gesehen. Der Herr Student will jetzt erst recht nach Amerika.
In Berlin sind Olympische Spiele, und viele der Herren, die das Gut besuchen, sitzen nun nächtelang mit ihren Zigarren da und diskutieren. Einige finden, dass der Herr Hitler schon recht hat, wenige sind der Meinung des Herrn, dass dieser Herr Hitler nur Elend und Verdruss über die Welt bringe. Vom Krieg ist die Rede.
Der Herr Student hat glänzende Augen. Ein Tschessi Owens hat vier Goldmedaillen gewonnen. Er rennt schneller als ein Pferd und springt höher als eine Gämse. Der Herr Student hat uns Bilder gezeigt, er will mich wohl das Fürchten lehren. Dieser Tschessi ist nämlich ganz schwarz, ein schwarzer Teufel. Ich weiß nicht, ob ich das dem Herrn Pfarrer erzählen darf. Hier ist die Welt so groß, und sie macht mir Angst.
Nach Mariä Himmelfahrt war der Herr Student fort. Er hat ein Schiff nach Amerika genommen, erzählen die Knechte, und die Köchin, was eine rechte Bissgura ist, hat Johanna ausgelacht. Johanna hat viel geweint. Ich versuche sie zu trösten. Wie konnte sie denn nur glauben, dass ein Herr Student eine kleine Tagelöhnerin aus dem Lechtal mit nach Amerika nehmen würde? Die Johanna musste sich
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