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Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition)

Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition)

Titel: Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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es sei umstanden von den ›Schwarzen Mandern‹. Es waren auch schwarze Weiber darunter, große Figuren, die mir Angst machten. Ich bin auf einer der Bänke eingenickt und habe – ich weiß nicht, wie lang – geschlafen. Bis mich ein Mesner vertrieb und ich davonstolperte. Die Nacht verbrachte ich in einem Schuppen in einem Hinterhof. Dort gab es ein paar alte Säcke, die ein wenig wärmten. Mein Herz klopfte so laut, dass ich dachte, die Menschen droben hinter den hell erleuchteten Fenstern würden es hören, mein verräterisches Herz.
    In einer Bäckerei kaufte ich mir am Morgen ein Wecklein. Immer noch war es ein so beängstigendes Gefühl, jemandem Geld zu geben und dafür eine Ware zu erhalten. Ich dachte, alle würden mich anstarren, doch niemand achtete auf mich. Ich lief wieder ziellos durch diese große Stadt, bis ich an einem runden Bau ankam. Der Mann an der Kassa lud mich ein, mir das Gemälde dort drinnen anzusehen. Obwohl er eigentlich gar nicht geöffnet hatte. Er war sehr freundlich zu mir und erklärte mir, dass Zeno Diemer aus Oberammergau stamme und dass er 1894 sechs Monate für dieses Riesengemälde von tausend Quadratmetern gebraucht hätte. So etwas habe ich noch nie gesehen. Rundum tobte eine Schlacht, überall lagen tote Menschen. Ich war beeindruckt und angewidert zugleich. Da stand, dass der Maler die Schlacht am Bergisel vom 13. August 1809 darstellt hatte, in der Andreas Hofer die Tiroler zum Sieg über die Truppen Napoleons und Bayerns führte. Mir wurde klar, dass ich so gar nichts von der Welt da draußen wusste. Ich dankte dem Mann noch recht schön und lief davon.
    Es wurde Abend, und am Ende kam ich immer wieder zur selben Stelle, zum Goldenen Dachl. Wie schön es war! Es funkelte in purem Gold. Und mir war so kalt. Auf einmal wusste ich: Hier unter dem Gold würde ich sterben und mit mir das Kindelein. So war es besser. Ich Schwabenkind hatte in dieser Welt nichts verloren. Ich hätte mein Lechtal nie verlassen dürfen. Was wollte eine Hur wie ich in Innsbruck? Ein paar Menschen mit hochgeschlagenen Krägen eilten vorbei, sie hatten keine Augen für ein Bündel wie mich, das da hockte.
    Da war wieder dieses Gefühl, das schöne. Die Müdigkeit, die Wärme, die sich über mich ergoss. Und wieder zerrte es an meinen Schultern, ich hörte Stimmen und dann nichts mehr.
    Ich erwachte in einem großen Bett. Neben mir saß ein Weib, noch nie habe ich solche Schönheit erblickt. Ihre Haare waren so golden wie das Goldene Dachl. Und diese Frau trug Hosen, man stelle sich das vor. Bald erfuhr ich, dass sie Angelika von Gaden hieß und Dichterin und Malerin zugleich war. Sie sagte, dass sie eine Hausmagd brauche, aber ich war doch so fett wie ein böhmischer Knödel. Ich sagte ihr, dass ich Geld besäße. »Ich weiß, mein liebes Kind, dieses Geld habe ich dir in Goldmünzen umtauschen lassen, es wird Krieg geben, ich glaube nicht an deine Reichsmark. Sie sind sicher verwahrt im Tresor. Bekomme du dein Kind, dann sehen wir weiter.«
    Sie nötigte mich, sie Angelika zu nennen. Jeder nannte sie so. Dabei war sie doch eine ›von‹. In ihren Salon kamen andere Dichter und Maler und Menschen aus der Politik. Wir feierten Weihnachten, es gab einen Lichterbaum und so viel zu essen. Noch nie hatte ich so viel zu essen gesehen. Elvira, die Köchin, und ihr Mann, der Sepp, lachten mich aus. Ich bekam Geschenke, man stelle sich vor: Fremde Menschen schenkten mir Kleidung für das Kindelein.
    Nach viereinhalb Stunden wachte Irmi auf und machte sich erst mal einen Kaffee. Da kam Bernhard hereingeschlurft. »Spät dran heut«, murmelte er. »Dein schwarzer Kater hat mir übrigens auf die Hausschuhe gekotzt. Und auf den Fleckerlteppich.«
    »Katzen sitzen gerne weich, wenn ihnen unwohl ist.« Irmi lachte. »Sie kotzen nie auf Fliesen oder Parkett.«
    Bernhard tippte sich ans Hirn und ging, und Irmi wusste, dass sie den Mageninhalt des Katers würde wegwischen müssen. Bernhard war ein Bär, aber bei Erbrochenem, Spinnen und Schlangen wurde er zum Häschen in der Grube. Sie war wieder daheim mit allem, was dazugehörte. Um neun kam von ihm eine SMS.
    »Er wird gestehen. Wer könnte dir widerstehen? Du hast den Ausdruck vergessen.«
    Sie simste zurück: »Besser, du befragst ihn. Du bist doch der Unwiderstehliche. Lies das Tagebuch ruhig, ich kann mir noch einen Ausdruck besorgen. Liebe dich.«
    »Lda«, kam retour.
    Das Leben war schön.
    Für zehn Uhr war die Befragung anberaumt. Irmi war zwanzig

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