Plötzlich blond - Superbeauty in Gefahr - Plötzlich blond; 3
gleichen Gedanken hatte ich eben gehabt.
Ich war ein wenig überrascht, dass Frida ebenfalls draufgekommen war. Meine kleine Schwester zeigte sich in letzter Zeit echt überraschend erwachsen und reif für jemanden, der noch vor wenigen Monaten Schlange gestanden hatte, um ein Autogramm von einem Typen, von dem ich noch nie was gehört hatte, zu kriegen.
Plötzlich fiel mir auf, dass Nikkis Schluchzer inzwischen eine Lautstärke erreicht hatten, die eher nach einer Totenklage klang. Ich hatte zwar noch nie eine Totenklage gehört, aber in Büchern darüber gelesen. Es hörte sich wie ein Jammern an, nur viel höher. Nikki hielt sich selbst umschlungen und wiegte sich auf den Knien vor und zurück, wie ein kleines Kind, dem man sein liebstes Spielzeug weggenommen hat.
»Nein, nein, nein, nein«, jaulte sie, wobei die Neins nach und nach immer lauter wurden. »Ich geh nicht von hier weg! Nicht ohne Brandon!«
Wie ich feststellen musste, hatte Lulu noch weniger Mitleid mit Nikkis theatralischem Gehabe als die restlichen Anwesenden. Da ich noch nie mitgekriegt hatte, dass Lulu irgendwie anders als total lieb mit jemandem umgegangen wäre, war ich total überrascht, als sie nun zu Nikki bissig sagte: »Du scheinst Brandon ja auf einmal richtig gern zu haben, Nikki. Ganz so ergeben warst du damals nicht, als du hinter seinem – und meinem – Rücken heimlich mit meinem Freund Justin rumgemacht hast, nicht wahr?«
Mit einem Schlag brach Nikkis Wehklagen ab, wie eine Sirene, die man plötzlich abstellt. Und zwar genau in dem Moment, als wir aus der Ferne das sirenenartige Jaulen eines Martinshorns vernahmen.
Die Polizei war also schon auf dem Weg.
Erstaunt sah Brandon zu Nikki hinüber – fast so, als würde er sie zum ersten Mal richtig wahrnehmen.
»Du?« Seine dunklen Augenbrauen zogen sich zusammen. »Und Justin?«
Nikki klappte die Kinnlade runter und sie blickte von Brandon zu Lulu und wieder zurück. Dabei schien sie um Atem zu ringen, fast wie einer der Fische aus Brandons Aquarium … wenn der aus Versehen mit einem Sprung die Sicherheit des blauen Wassers hinter sich gelassen hätte.
»Du – du bist dahintergekommen?«, fragte sie und klang ein bisschen verblüfft.
»Er wollte bei Em quasi Mund-zu-Mund-Beatmung machen «, erklärte Lulu und deutete auf mich. »Nur dass sie gar kein Problem hatte mit dem Atmen, wenn du verstehst, was ich meine.«
Ich winselte. Ich hatte mich immer gefragt, ob Lulu an jenem Tag, als Justin mir draußen vor dem Loft auflauerte, zufällig aus dem Fenster gesehen hatte.
Jetzt bekam ich die Antwort. Arme Lulu.
Und arme Nikki. Sie blinzelte, als hätte jemand sie geohrfeigt. Ihr Mund bewegte sich noch immer lautlos auf und zu, so als mühte sie sich vergebens, etwas zu sagen.
Nur dass sie keinen Ton rausbrachte.
»So gern ich auch noch länger herumstehen und mit dieser Sondersendung von America’s Next Top Teen Supermodel weitermachen würde«, schaltete sich Christopher ein, »aber wir müssen los, bevor …«
Da klingelte es an der Haustür.
»Das ist wohl ein Zeichen«, meinte Steven.
Mrs Howard erschien wieder in der Tür zur Küche und hielt dieselbe Tasche in der Hand, mit der ich sie vor fast einer Woche Dr. Fongs Haus hatte verlassen sehen.
»Ich nehme an«, sagte sie, »ich mach jetzt besser nicht auf.«
»Nein«, entgegnete Christopher. »Das tun Sie lieber nicht.«
Nikki sprang auf die Füße und warf sich ihrer Mutter an den Hals.
»Mom«, heulte sie. »Sie wollen uns zwingen, mitzukommen! Wir sollen ohne Brandon verschwinden!«
Ich warf Christopher einen Blick zu. Mir war klar, dass er mich hassen musste. Und vielleicht hatte er dazu auch allen Grund.
Aber er musste trotzdem auf mich hören. Denn ich war hier schließlich auch auf der Flucht.
»Wir müssen ihn mitnehmen«, erklärte ich.
Christopher schaute mich an, als hätte er mich noch nie in seinem Leben gesehen. Es war fast so wie in den guten alten Zeiten in Mr Greers Rhetorikkurs, als Christopher noch nicht gewusst hatte, dass ich es war, Em, die ihn aus Nikki Howards saphirblauen Augen anschaute.
»Ganz bestimmt nicht«, sagte er nachdrücklich. »Das war nicht Teil des Plans.«
Ich baute mich vor ihm auf, bis mein Gesicht nur wenige Zentimeter von seinem entfernt war.
»Dann müssen wir den Plan eben ändern«, fauchte ich. »Denn sonst werden wir von ein paar Beamten von der Bundespolizei umzingelt sein, sobald das Flugzeug gelandet ist. Brandon ruft die Bullen. Das garantiere
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