Ploetzlich blond
… Nur eine Sekunde nachdem er mir durch ein leichtes Ziehen zu verstehen gegeben hatte, dass er sie gerne wiederhaben würde. Es war klar, dass er mich für ziemlich merkwürdig hielt, und es hätte mich nicht gewundert, wenn er sich die Hand an der Jeans trocken gerieben hätte, aber er hielt sich zurück.
»Tja, dann«, murmelte ich und bückte mich nach meiner Marc-Jacobs-Tasche, um meine tödliche Verlegenheit zu über spielen. »Ich geh jetzt in die Cafeteria. Hast du Lust mitzukommen?«
Ich kannte die Antwort, bevor er sie aussprach.
»Nein … Danke. Ich bleib lieber hier.« Christopher sah mich verwundert an. »Viel Spaß und Hände weg vom Thunfischsalat.«
Ich spürte einen kleinen Stich im Herzen. Er hatte nur einen kleinen, harmlosen Witz gemacht, aber daran merkte ich, wie sehr ich seine sarkastischen Bemerkungen vermisste. Fast so sehr, wie ich ihn vermisste.
»Danke«, sagte ich und lächelte noch einmal.
Doch auch diesmal schien mein Lächeln wirkungslos zu verpuffen. Er drehte sich wortlos um und spielte Madden NFL weiter.
Und ich schlich beschämt, verletzt … und vor allem zutiefst verwirrt aus dem Computerraum.
»Da bist du ja endlich!« Frida rannte mir entgegen. »Ich hab die ganze Zeit auf dich gewartet. Wo hast du denn gesteckt?«
»Ich war bei Christopher im Computerraum. Ich hab dir doch gesagt …«
»Ich versteh dich nicht«, brummte Frida. »Was willst du denn von dem Idioten, wenn du mit Gabriel Luna zusammen sein kannst?«
»Gabriel Luna hält mich für drogensüchtig«, sagte ich und wurde rot, als ich mich an meinen peinlichen Auftritt im Cave erinnerte. Sobald Männer in der Nähe waren, hatte ich anscheinend nur peinliche Auftritte.
»Na ja, egal.« Frida packte mich am Arm. »Jetzt komm schon. Ich hab allen gesagt, dass du heute Mittag bei uns sitzt.«
»Und wie willst du denen erklären, wann und wieso wir so dicke Freundinnen geworden sind, dass ich mich zu dir an den Tisch setze?«, fragte ich, während sie mich Richtung Cafeteria zerrte.
»Ich hab mich doch heute Morgen vor der Schule mit dir unterhalten«, sagte Frida. »Schon vergessen? Alle haben uns gesehen.«
»Toll.« Ich verdrehte die Augen. »Frida? Was ist mit Christopher los?«
»Er ist eben komisch«, antwortete Frida und zerrte mich weiter. »So war er immer schon. Das fällt dir bloß auf, weil du jetzt normal bist.«
»Nein, ich meine … Was ist mit ihm passiert? Er ist verändert. Er spielt nicht mal mehr Journeyquest , sondern so ein Football-Computerspiel. Christopher hasst Sport. Und er … Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Es ist, als wäre er … Ich hab ihn gefragt, ob er mir eine Mailadresse einrichten kann, und er hat mich kaum angeschaut.«
Frida schnaubte. »Hast du etwa gedacht, er wäre schon über dich hinweg? Denkst du, er fliegt auf dich, bloß weil du jetzt Nikki Howard bist?«
»Na ja.« Ich druckste etwas herum, weil ich nicht eingebildet wirken wollte. »Irgendwie schon. Ich meine … er ist nun mal ein Mann. Und normalerweise fliegen alle Männer auf Nikki. Außer sie sind schwul. Deswegen frag ich mich, was mit ihm los ist.«
»Was willst du denn hören, Em? Ich meine, Nikki. Ich hab dir gesagt, dass er komisch drauf ist, seit du tot bist. Ich meine, sogar noch komischer als sonst. Wahrscheinlich war er immer in dich verliebt, und hat es erst gemerkt, als du gestorben bist. Und jetzt, wo du tot bist, siecht er dahin. Ist es das, was du hören willst?« Sie warf einen Blick über die Schulter und lachte laut auf, als sie meinen Gesichtsausdruck sah. »Gott, echt! Komm drüber hinweg. Du kannst jetzt jeden Typen haben, den du willst. Wieso versteifst du dich ausgerechnet auf den einzigen Jungen auf der Welt, dem du anscheinend besser gefallen hast, als du noch ein ganz normales Durchschnittsmädchen warst?«
Inzwischen hatten wir die Tür zur Cafeteria erreicht. Frida baute sich vor mir auf, stemmte die Hände in die Hüften und musterte mich mit zusammengekniffenen Augen.
»Oh Gott, Frida«, sagte ich mit zitternder Stimme. »Glaubst du … glaubst du echt, dass es daran liegt?«
»Oh Mann, du liebst ihn wirklich, oder? Hör zu … woher soll ich das wissen? Ich sage bloß, dass es der Grund sein könnte. Aber vielleicht liege ich auch total daneben. Außerdem ist Christopher jetzt echt dein geringstes Problem. Du betrittst jetzt gleich die Cafeteria der Tribeca Highschool. Aber diesmal ist das eine ganz andere Nummer als noch vor einem Monat, okay? Du bist
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