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Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht

Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht

Titel: Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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war. Dahinter erhob sich eine von schaurigen Wasserspeiern flankierte Freitreppe, an deren Ende uns der Eingang zum Schloss erwartete – und Grimalkin.
    Und er war nicht allein. Neben ihm stand eine in eine Robe gehüllte Gestalt und beobachtete, wie wir die Stufen hinaufstiegen.
    »Ihr seid weit gekommen«, verkündete der Wächter und begrüßte uns mit einem leichten Nicken. »Nicht viele haben es bis hierher geschafft, und nur wenigen von ihnen ist es gelungen, am Ende der Welt bei klarem Verstand zu bleiben. Doch deine Reise ist noch nicht beendet, Ritter. Deiner harren die Prüfungen, und sie werden qualvoller sein als alles, was dir bis jetzt widerfahren ist. Was dir nun bevorsteht, hat noch keiner überlebt. Ich gebe dir eine letzte Chance, zu gehen – du kannst umkehren und diesen Ort lebendig und unversehrt verlassen. Doch wisse: Solltest du gehen, wirst du dich nicht daran erinnern können, was dich hierhergeführt hat, und der Weg ans Ende der Welt wird dir auf ewig verschlossen bleiben. Wie lautet deine Entscheidung?«
    »Da ich so weit gekommen bin«, erwiderte ich, ohne zu zögern, »werde ich jetzt keinen Rückzieher machen. Unterziehe mich deinen Prüfungen. Wenn ich diesen Ort verlasse, dann als Mensch mit einer Seele oder gar nicht.«
    Der Wächter nickte. »Wenn dies dein Wunsch ist.« Er streckte den Arm aus, und eine unbekannte Macht ließ mich erstarren. »So sei verkündet, dass Ash, ehemals Prinz des Winterhofes, sich vor diesen Zeugen bereiterklärt hat, die Prüfungen des Wächters zu durchlaufen. Sollte er sie erfolgreich bestehen, sei eine sterbliche Seele seine Belohnung.« Er ließ den Arm sinken und ich konnte mich wieder rühren. »Deine erste Prüfung beginnt, wenn in der Außenwelt die Morgendämmerung einsetzt. Bis dahin gehört das Schloss ganz euch. Ich werde dich aufsuchen, wenn die Zeit gekommen ist.«
    Damit verschwand er.
    Grimalkin gähnte herzhaft und blinzelte dann träge zu mir hoch. »Ich soll euch eure Räumlichkeiten zeigen«, erklärte er so gelangweilt, als würde ihm allein der Gedanke daran zu viel sein. »Also, folgt mir. Und versucht gefälligst, zusammenzubleiben. Es wäre mehr als ärgerlich, wenn ihr euch hier drin verirrt.«
    Das Schloss war leer und düster, trotz einiger Fackeln und Kerzen an den Wänden. Abgesehen vom Flackern der Flammen rührte sich hier nichts: Kein Insekt kroch über die Steinplatten, keine Diener liefen durch die Gänge. Alles wirkte, als wäre die Zeit stehengeblieben, wie ein eingefrorenes Spiegelbild: perfekt aber leblos.
    Und das Schloss schien ebenso unermesslich zu sein wie die Weite vor den Fenstern. Während wir Grimalkin durch zahllose Gänge folgten, gewann ich zunehmend den Eindruck, dass man ewig durch die Flure und Zimmer wandern könnte, ohne je das gesamte Schloss gesehen zu haben.
    Trotzdem waren die Gästezimmer leicht zu finden, einfach weil hier die Türen offen waren und in jedem von ihnen ein Kaminfeuer brannte. Unsere Zimmer waren einigermaßen hell erleuchtet und auch wenn nirgends Bedienstete zu sehen waren, erwarteten uns neben einem frisch bezogenen Bett allerlei Speisen und Getränke. Obwohl jedes Zimmer groß genug für uns alle gewesen wäre und ich kein gutes Gefühl dabei hatte, dass wir uns in diesem riesigen Schloss voneinander trennten, verschwanden Puck und Ariella sofort in ihren eigenen Zimmern. Als Puck den überquellenden Esstisch sah, stieß er einen Freudenschrei aus, verabschiedete sich mit einem hastigen »Bis später, Eisbubi« und schlug mir die Tür vor der Nase zu. Ariella schenkte mir ein erschöpftes Lächeln, lehnte mein Angebot ab, gemeinsam zu Abend zu essen, und zog sich ebenfalls für die Nacht zurück. Grimalkin sparte sich wie immer jede Erklärung, wohin er ging, tappte durch den Gang und verschwand in den Schatten. Also blieb ich allein zurück.
    Wenn ich ehrlich sein soll, war ich erleichtert. In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken, und die anderen hatten wohl gespürt, dass ich etwas Zeit für mich brauchte. Zeit, um das Geschehene zu verarbeiten und um mich auf das vorzubereiten, was noch kommen würde. Oder vielleicht waren sie meiner Gesellschaft auch einfach überdrüssig geworden.
    Ich aß etwas, durchstreifte den Raum und versuchte mir mit einigen der dicken Wälzer aus dem Bücherregal in meinem Zimmer die Zeit zu vertreiben. Die meisten Bände waren in einer seltsamen alten Sprache verfasst, die ich nicht erkannte, in einigen stand seltsamerweise gar nichts,

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