Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht
Ariella sich so entschieden. Ich kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie es irgendwie geschafft hätte. Außerdem drückte mich die lähmende Trauer nieder wie eine schwere Decke und ließ keinen Raum für Wut. Ariella war nicht mehr. Sie war nicht mehr. Ich hatte sie gehen lassen. Schon wieder.
Jemand trat neben mich, doch es war nicht der Wächter. »Es war nicht deine Schuld, Ash«, sagte Puck leise. »Das war es nie. Sie hat ihre Wahl schon vor langer Zeit getroffen.«
Ich nickte, wagte aber noch nicht, etwas zu sagen. Seufzend ging Puck neben mir in die Hocke und ließ den Blick über den Turm wandern. »Ich weiß ja nicht, wie es dir geht«, fuhr er ernst fort, »aber ich will langsam mal wieder nach Hause. Lass uns den Fellball holen, nachsehen, ob der Wolf noch lebt, und dann von hier verschwinden.«
»Ja«, murmelte ich, ohne mich von der Stelle zu rühren. »Gib mir nur noch ein paar Minuten.«
»Geht klar.« Anstatt mich wie erwartet allein zu lassen, ließ sich Puck neben mir im Schneidersitz nieder. Gemeinsam starrten wir auf die Stelle, wo Ariella mich angelächelt und dann in einer strahlenden Lichtexplosion verschwunden war. Ein passenderes Ende hätte ich mir für sie nicht vorstellen können. Nach einem Moment des Zögerns legte mir Puck die Hand auf die Schulter.
Diesmal schob ich sie nicht weg.
Die Rückkehr
Schweigend und ganz in Gedanken versunken wanderten Puck und ich durch die leeren, dunklen Flure des Schlosses. Einmal blickte ich kurz zu ihm hinüber und sah, wie er sich hastig die Augen wischte. Die Korridore auf unserem Weg schienen noch verlassener zu sein, die Schatten dunkler – wir waren einer weniger als zu Beginn der Reise.
Ariella war nicht mehr. Ich wusste nicht, warum sie das getan hatte: uns zu begleiten, uns zu helfen, von vornherein wissend, dass sie nicht mit uns zurückkehren würde. Nun hatte ich sie zweimal verloren, hatte zweimal mit ansehen müssen, wie sie starb. Doch zumindest hatte sie ihren Weg diesmal selbst gewählt. Sie hatte diese Entscheidung vor langer Zeit getroffen, und wenn das Feenreich sie zurückgebracht hatte, würde es sicherlich nicht zulassen, dass sie spurlos verschwand, als hätte sie niemals existiert. Ein so strahlendes Leben wie ihres musste irgendwo erhalten bleiben; Ariella Tularyn war zu sehr geliebt und geschätzt worden, um einfach zu vergehen und vergessen zu werden. Das war nur ein kleiner Trost, aber ich klammerte mich mit meiner gesamten verbliebenen Kraft daran und hoffte dabei, dass sie – wo auch immer sie jetzt sein mochte, welche Form sie auch angenommen haben mochte – glücklich war.
Draußen an der Brücke wartete die riesenhafte Gestalt des Wächters, in seinem Rücken glänzten die Sterne und die dunkle, verschwommene Silhouette der Hecke.
»Nun trennen sich unsere Wege«, verkündete er, als wir bei ihm waren. »Dein Ziel ist erreicht, Ritter, deine Reise beendet. Weder mich noch das Ende der Welt wirst du jemals wiedersehen, du wirst dich nicht einmal an den Weg erinnern, der dich hierhergeführt hat. Doch da du der Erste bist, der überlebt und sich eine Seele verdient hat, überreiche ich dir hiermit ein letztes Geschenk, das euch auf der Heimreise nützlich sein dürfte.«
Er ließ einen funkelnden Gegenstand in meine ausgestreckte Hand fallen. Es war eine dunkle Kristallkugel von der Größe einer Orange, die sich warm und zerbrechlich anfühlte.
»Wenn ihr so weit seid, zerbrecht die Kugel, dann werdet ihr aus dem Feenreich in die Welt der Menschen befördert. Von dort aus könnt ihr dann weiterreisen.«
»Die Menschenwelt?« Puck spähte mir über die Schulter. »Das liegt aber eigentlich nicht auf dem Weg. Kannst du uns nicht etwas geben, das uns in den Wilden Wald oder nach Arkadia bringt?«
»Das wird nicht funktionieren, Robin Goodfellow«, gab der Wächter zurück und sprach Puck zum ersten Mal direkt an. »Ihr könnt auf dem Weg in den Wilden Wald zurückkehren, auf dem ihr gekommen seid, doch die Reise entlang des Flusses ist lang, und diesmal wäret ihr ohne den Schutz der Fähre.«
»Ist schon gut«, wandte ich mich an Puck, bevor der noch einen Streit mit dem Wächter vom Zaun brach. »Ich kann auch von der Welt der Sterblichen aus ins Eiserne Reich gelangen. Das heißt … falls du mir einen Steig öffnest.«
Verständnisvoll sah Puck mich an und nickte. »Na klar doch, Eisbubi. Kein Thema.«
»Aber um eine Sache müssen wir uns noch kümmern, bevor wir gehen«, erklärte ich dem
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