Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht
mit dem Messer nach meinem Gesicht.
Ich wich nach hinten aus, ließ die Klinge an meiner Wange vorbeizischen, trat dann einen Schritt vor und verpasste dem Anführer einen so harten Schlag auf die Nase, dass ich spürte, wie der Knochen brach. Kreischend taumelte er rückwärts, und sofort wandte ich mich dem zweiten Kerl zu, der mich von der Seite angriff.
Der Rest lief wie in Zeitlupe. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Puck hinter den beiden verbliebenen Männern auftauchte und ihre Köpfe gegeneinanderschlug. Während sie benommen herumtorkelten, ließ er seine magische Tarnung fallen und lachte so laut, dass es sogar das Geheul und Geschimpfe seiner Gegner übertönte. Ich wich dem Messer meines zweiten Kontrahenten aus und trat ihm hart gegen das Knie. Wieder brach ein Knochen und der Mann ging zu Boden.
Der Anführer krümmte sich noch immer und hielt sich die Nase. Plötzlich drehte er sich, ließ sein Messer fallen und griff nach etwas hinter seinem Rücken. Genau in dem Moment, als er die Pistole zog, stürzte ich mich auf ihn und packte sein Handgelenk, doch mit einem ohrenbetäubenden Knall löste sich der Schuss. Der Gangster schrie auf, als ich ihm mit einer Drehung das Handgelenk brach, und die tödliche Waffe landete klappernd auf dem Pflaster. Dann rammte ich den Mann gegen eine Mauer, presste meinen Unterarm gegen seine Kehle und drückte zu. Er riss die Augen auf und schnappte hektisch nach Luft. Ich war auf hundertachtzig, der Schuss dröhnte noch in meinen Ohren und angesichts der Tatsache, dass ich gerade ganz knapp dem Tod entronnen war, schrie alles in mir nach Vergeltung. Dieser Mensch hatte versucht, mich zu töten. Nun hatte er dasselbe Schicksal verdient. Ich erhöhte den Druck auf seinen Hals, um ihm die Luftröhre zu zerquetschen und sah zu, wie er blau anlief und die Augen verdrehte.
Doch dann hielt ich inne.
Ich war nicht länger eine Fee. Ich war nicht mehr Ash, der skrupellose Prinz des Dunklen Hofes, der keine Gnade kannte. Wenn ich diesen Menschen tötete, wäre das nur ein weiterer Mord auf der langen Liste meiner Verfehlungen. Und diesmal hatte ich eine Seele, die durch sinnloses Töten und Blutvergießen befleckt wurde.
Ich lockerte meinen Griff, trat zurück und ließ den Mann zu Boden gleiten, wo er hastig nach Luft schnappte. Ein schneller Blick zu Puck zeigte mir eine rothaarige Fee zwischen zwei stöhnenden Menschen, die sich den Kopf hielten. Und dieser Anblick schien ihm zu gefallen. Beruhigt wandte ich mich wieder dem Anführer zu. »Verschwindet von hier«, befahl ich ihm leise. »Geht nach Hause. Falls ihr mir noch einmal über den Weg lauft, seid ihr geliefert.«
Der Schläger umklammerte sein gebrochenes Handgelenk und rannte los. Seine drei Freunde humpelten hinterher. Ich sah ihnen nach, bis sie um die nächste Ecke bogen, dann drehte ich mich zu Puck um.
Der rieb sich grinsend die Fingerknöchel. »Na, das war doch lustig. Es gibt doch keinen besseren Weg, die Pumpe in Gang zu bringen, als eine gute, alte Schlägerei. Obwohl ich eigentlich gedacht hätte, du bringst den Kerl um, immerhin hat er auf dich geschossen. Ist mit dir alles in Ordnung, Eisbubi?«
»Alles bestens.« Ich starrte auf meine Hände. Noch immer konnte ich fühlen, wie sein Puls an meiner Haut gerast war. Ja, ich hätte seinem Leben ein Ende machen können. Ich grinste. »Ging mir nie besser.«
»Wollt ihr hier mitten auf der Straße noch mehr unmotivierte Schlägereien anfangen?«, fragte Grimalkin vorwurfsvoll von einer Motorhaube herunter. »Oder könnten wir vielleicht mal weitergehen?«
Er führte uns durch eine lange Gasse bis zu einer Ziegelmauer mit einer roten Tür. Das schmutzige Fenster daneben war mit Brettern vernagelt, doch das Schild darüber war noch lesbar: Rudys Pfandhaus. Waffen, Gold und anderes . Wir öffneten die Tür und traten ein, begleitet von Glockengebimmel. Der winzige Laden war bis unter die Decke mit Gerümpel zugestellt: Auf staubigen Regalbrettern reihten sich Stereoanlagen, Fernseher, Autoradios und Lautsprecher aneinander. Eine ganze Wand wurde von niedrigen Schränken eingenommen, in denen ausschließlich Waffen lagerten, die durch eine blinkende Überwachungskamera geschützt waren. Auf einem Ständer in der Mitte des Raumes türmten sich Videospiele, und in der Nähe des Eingangs stand ein langer Glastresen, dessen Auslagefächer ein funkelndes Vermögen in Form von Halsketten, Ringen und Gürtelschnallen präsentierten.
Dahinter stand eine
Weitere Kostenlose Bücher