Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht
der Wolf auf den Wächterlöwen stürzte und nach dem dicken Hals der Statue schnappte. Seine Zähne rutschten an der Steinhaut ab, was ihm ein eher wütendes als schmerzerfülltes Fiepen entlockte. Der Wächterlöwe erkor ihn zu seinem neuen Ziel und griff an.
So ging das nicht. Und wir hatten keine Zeit, um mit zwei mörderischen Steinstatuen Fangen zu spielen. »Rückzug!«, schrie ich und duckte mich hinter eine kopflose Statue, um nicht von dem ersten Wächter niedergetrampelt zu werden, der grunzend abdrehte, bevor er irgendwo dagegen rannte. »Zum Portal, Puck, wir haben keine Zeit für Spielchen!«
»Klar doch, Prinz! Bei dir klingt das ja ganz simpel!«
Der Wächterlöwe, der mich zum Gegner auserkoren hatte, nahm mich knurrend ins Visier und stapfte entschlossen auf mich zu. Offenbar hatte er es aufgegeben, blindlings loszustürmen und darauf zu hoffen, dass er mich so zu Brei verarbeiten könnte. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Ariella die Bogensehne spannte. Ich winkte ab, ohne dabei den Löwen aus den Augen zu lassen.
»Kümmer dich nicht um mich, Ari. Geh einfach.«
»Bist du sicher?«
»Ja! Geh zum Portal – ich komme gleich nach.«
Ariella schlüpfte hinter einem Mauerstück hindurch und verschwand. Der Wächterlöwe drehte knurrend den Kopf in ihre Richtung, doch ich schleuderte ihm einen Eisdolch an den Kopf, der genau zwischen seinen Augen zerplatzte und dafür sorgte, dass er sich wieder mir zuwandte.
Mit gefletschten Zähnen stürmte er los. Seine Krallen hinterließen tiefe Furchen in den Steinplatten. Als er sprang, katapultierte ich mich ebenfalls in die Luft, stieß mich an seiner Schnauze ab und landete so auf seinen breiten Schultern. Für den Bruchteil einer Sekunde sah ich etwas Goldenes an seinem leuchtend roten Halsband aufblitzen, dann wurde ich von seinem Rücken geschleudert und rannte auf das Portal zu, wo Puck und Ariella auf mich warteten.
Der Wolf hielt weiterhin den anderen Wächterlöwen in Schach, er tänzelte um ihn herum und schnappte nach seinen Hinterbeinen, sodass dieser sich ständig im Kreis drehte. Als ich die Stufen zum Portal hinaufrannte, drehte sich das Biest knurrend zu mir um, doch der Wolf stürmte in einem Ablenkungsmanöver vor und rammte ihn mit der Schulter. Als ich zu Puck und Ariella stieß, sahen sie mich mit ernsten Mienen an.
»Das war umsonst.« Frustriert schlug Puck gegen den steinernen Türflügel und verursachte ein dumpfes Dröhnen. »Die verdammten Mistdinger rühren sich einfach nicht. Schätze mal, es gibt einen Schlüssel oder sonst irgendetwas, um sie aufzukriegen. Hier, seht ihr das?«
Er zeigte auf die beiden Torflügel und zwei halbkreisförmige Vertiefungen darin, die nebeneinanderlagen und genau am Türspalt einen Kreis bildeten. Ein Schlüssel also, der sicherlich irgendwo auf diesem Hof versteckt oder platziert war. Hier im Reich der Wächterlöwen. Ich seufzte gereizt.
»Die Halsbänder, ihr Einfaltspinsel.« Grimalkin erschien auf einem der Sockel, auf dem zuvor ein Wächterlöwe stand. Er hatte die Ohren angelegt und zuckte nervös mit dem Schwanz. »Seht euch ihre Halsbänder an. Muss ich hier denn wirklich alles selbst machen?« Damit verschwand er wieder, gerade noch rechtzeitig, denn einer der Wächterlöwen stürmte gerade die Stufen hinauf.
Wir sprangen zur Seite, sodass der Löwe frontal gegen das Portal knallte. Das dumpfe Dröhnen der Torflügel ließ den Boden vibrieren. Als der steinerne Wächter benommen den Kopf schüttelte und ein paar Schritte zurücktaumelte, sah ich erneut das goldene Funkeln an seinem Hals. Ein Anhänger? Oder die Hälfte einer Kugel …
Hastig wandte ich mich an Puck: »Du den einen, ich den anderen?«
»Geht klar, Eisbubi.«
Wir liefen in entgegengesetzte Ecken des Hofes – Ariella folgte mir, während Puck dem Wolf zu Hilfe eilte. Wie ich gehofft hatte, folgte uns der Wächterlöwe unermüdlich durch das verwitterte Labyrinth und sprengte bei seiner Jagd immer wieder Säulen oder Mauerreste.
»Wie lautet der Plan?«, flüsterte Ariella, als wir uns vorsichtig um eine Ecke schoben und mit dem Rücken an ein Mauerstück stellten. Direkt neben uns schlich knurrend der Wächterlöwe vorbei; er kam uns so nah, dass ich nur um die Ecke hätte greifen müssen, um ihn zu berühren. Einige Gänge weiter, anscheinend mitten im Labyrinth, knallte es und eine Staubwolke stieg auf. Der zweite Wächter war ebenfalls in der Nähe.
»Bleib hier«, befahl ich Ariella. »Versteck dich. Ich
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