Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Plötzlich Fee Bd. 3 Herbstnacht

Plötzlich Fee Bd. 3 Herbstnacht

Titel: Plötzlich Fee Bd. 3 Herbstnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
Vom Netzwerk:
wie der Stift Punkte auf die fünf einfachen Linien kritzelte. Für mich sah das nicht aus wie Musik, aber Dad hielt immer wieder inne, schloss die Augen und bewegte den Stift im Takt einer unhörbaren Melodie, bevor er anschließend weitere Punkte auf die Linien malte.
    Für einen Moment verschwamm alles vor meinen Augen und die Punkte auf dem Blatt schienen sich zu bewegen. Eine Sekunde lang war das gesamte Lied in leuchtenden Schein gehüllt. Die strengen, geraden Linien schimmerten wie Metalldrähte, während die unterschiedlichen Noten, die gerade noch schwarz und unscheinbar gewesen waren, wie Wassertropfen im Licht funkelten. Ich blinzelte überrascht und das Gekrakel wurde wieder normal.
    »Komisch«, murmelte ich.
    »Was ist komisch?«, fragte Paul und schaute hoch.
    »Äh.« Hektisch suchte ich nach einem unverfänglichen Thema. Dad hatte nicht viel für Schein übrig, er sah darin nicht mehr als Feentricks und Täuschung. Nach allem, was er durchgemacht hatte, konnte ich ihm daraus keinen Vorwurf machen. »Äh«, stammelte ich erneut. »Ich habe mich nur gefragt … wozu diese ganzen Punkte und Linien da sind. Ich meine, für mich sieht das nicht aus wie Musik.«
    Paul lächelte voll Freude, da er nun über sein Lieblingsthema sprechen durfte, und nahm ein vollgeschriebenes Blatt von einem der Stapel. »Das sind Maßangaben«, erklärte er, als er das Blatt zwischen uns legte. »Siehst du die Linien? Jede Linie steht für eine bestimmte Tonhöhe. Jede Note einer Tonleiter wird durch ihre Position auf der Linie oder in den Zwischenräumen dargestellt. Je höher die Note auf den Linien, desto höher die Tonlage. Kannst du mir so weit folgen?«
    »Ääähhhh …«
    »Und jetzt sieh dir die unterschiedlichen Punkte beziehungsweise Noten an«, fuhr Dad fort, als hätte ich irgendetwas von dem begriffen, was er gerade gesagt hatte. »Eine leere Note wird länger gespielt als eine volle Note. Die kleinen Hälse und Fähnchen, die du hier sehen kannst, halbieren oder vierteln die Spieldauer. Das Aussehen der Noten verrät dem Spieler also, welchen Ton er spielen und wie lange er ihn halten soll. Alles wird durch Länge und Position bemessen und in perfekter Harmonie gehalten. Eine Note oder ein Takt an der falschen Stelle wirft das gesamte Lied aus der Bahn.«
    »Klingt ziemlich kompliziert«, meinte ich hilflos und versuchte, mit seinen Erklärungen Schritt zu halten.
    »Es kann kompliziert sein. Musik und Mathematik waren schon immer eng miteinander verknüpft. Es geht immer um Formeln, Bruchteile und solche Sachen.« Paul stand mit dem Notenblatt in der Hand abrupt auf und ging zum Klavier. Ich folgte ihm und hockte mich auf das Sofa. »Aber wenn man dann alles zusammenfügt, klingt es so .«
    Und dann spielte er ein Lied, das so wunderschön war, dass es mir direkt unter die Haut ging und mich dazu brachte, gleichzeitig lächeln, lachen und weinen zu wollen. Ich hatte seine Musik schon oft gehört, aber diese hier war anders, so als hätte er sein gesamtes Herzblut und seine Seele hineingelegt und das Lied hätte ein Eigenleben entwickelt. Um ihn herum flammte wirbelnd der Schein auf, ein Strudel der umwerfendsten Farben, die ich je gesehen hatte. Kein Wunder, dass die Feen sich zu talentierten Sterblichen hingezogen fühlten. Jetzt war klar, warum Leanansidhe ihn nur widerstrebend hatte gehen lassen.
    Es war ein kurzes Stück, das sehr abrupt endete, als wären Paul einfach die Noten ausgegangen. »Na ja, es ist noch nicht fertig«, murmelte er, als er die Hände sinken ließ. »Aber zumindest hast du jetzt eine Vorstellung davon.«
    »Wie heißt es?«, flüsterte ich, während das Lied noch in mir nachhallte.
    Paul lächelte. »Erinnerungen an Meghan.«
    Bevor ich etwas erwidern konnte, wurde die Tür aufgerissen und Ash stürmte herein, dicht gefolgt von Puck. Ich zuckte zusammen, als Ash mit ernstem, verschlossenem Gesicht auf mich zukam, während Puck mit verschränkten Armen an der Tür stehen blieb und aus dem Fenster starrte.
    »Was ist denn?«, fragte ich Ash, als er näher kam.
    Er sah so aus, als wolle er mich in seine Arme reißen und davonstürmen. Schnell warf ich einen Blick zu meinem Dad, um zu sehen, wie er auf das Ganze reagierte, und stellte erleichtert fest, dass er zwar argwöhnisch und alarmiert wirkte, aber nicht verrückt. Ash packte meinen Arm und zog mich mit sich.
    »Der Lichte und der Dunkle Hof«, murmelte er dann so leise, dass mein Vater ihn nicht hören konnte. »Sie sind hier

Weitere Kostenlose Bücher